VerkehrSchifffahrt

1. Januar 1995

Seenotrettungskreuzer ›Alfried Krupp‹ verunglückt schwer

Rundschau für Kultur+Technik • 1.1.2020

In der Neujahrsnacht 1995 ist der Seenotrettungskreuzer ›Alfried Krupp‹ der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) auf der Rückfahrt von einem Einsatz schwer verunglückt. Vormann und Maschinist kamen dabei ums Leben. 2020 wird die ›Alfried Krupp‹ außer Dienst gestellt und durch die neue ›Hamburg‹ ersetzt.

Für die Seenotretter an Bord der ›Alfried Krupp‹ ist der 25. Jahrestag des Unglücks ein Tag, an dem sie innehalten. Doch auch an diesem Tag steht der Such- und Rettungsdienst an erster Stelle: Wie stets sind vier Besatzungsmitglieder auf ihrem Posten, wenn das »Mayday«, der Notruf, reinkommt, um dann genauso selbstverständlich und knapp wie alle Jahre »Wir kommen…« zu antworten – bei jedem Wetter, rund um die Uhr.

Das Unglück der ›Alfried Krupp‹ war eines der schwersten in der fast 155-jährigen Geschichte der DGzRS. In der sehr stürmischen Nacht vom 1. auf den 2. Januar 1995 waren die Borkumer Seenotretter ausgelaufen, um sich an der Suche nach einem Kollegen der DGzRS-Schwestergesellschaft Koninklijke Nederlandse Redding Maatschappij (KNRM) zu beteiligen. Er war bei einem Einsatz für einen manövrierunfähigen türkischen Frachter über Bord des Seenotrettungsbootes der KNRM-Station Lauwersoog gegangen.

Auf dem Rückweg von diesem Einsatz geriet die ›Alfried Krupp‹ westlich von Borkum gegen 22:14 Uhr in eine schwere Grundsee. Wie konstruktionsbedingt vorgesehen, richtete sich der Seenotrettungskreuzer anschließend von selbst wieder auf. Maschinist Theo Fischer (51) aus Ditzum war allerdings nicht mehr an Bord. Vormann Bernhard Gruben (53) aus Neuharlingersiel hatte das Manöver im oberen Fahrstand schwer verletzt überstanden. Die Rettungsmänner Diederich Vehn und Bernhard Runde waren ebenfalls verletzt.

Die ›Alfried Krupp‹ war manövrierunfähig und setzte selbst einen Notruf ab. Ihre Maschinen hatten sich aus Sicherheitsgründen automatisch abgeschaltet. Der Mast war von der Gewalt des Wassers abgeknickt, die Scheiben eingedrückt, Wasser ins Deckshaus eingedrungen.

Ein Such- und Rettungshubschrauber der Marine versuchte, die Seenotretter vom Vorschiff der ›Alfried Krupp‹ abzubergen. Doch es gelang ihnen nicht, das rettende Seil mit der Schlinge zu greifen. Vormann Gruben schickte seine Männer zurück ins sichere Deckshaus. Ihn selbst riss eine weitere Sturzsee von Bord, die plötzlich über dem Seenotrettungskreuzer zusammenbrach.

Dem Norderneyer Seenotrettungskreuzer ›Otto Schülke‹ gelang es unter extremen Bedingungen, die ›Alfried Krupp‹ auf den Haken zu nehmen und nach Eemshaven zu schleppen. Drei Tage lang suchten mehrere DGzRS-Einheiten und andere Schiffe nach den beiden vermissten Seenotrettern – vergeblich. Bernhard Grubens Leiche wurde Ende Februar am Strand von Juist, die des Maschinisten Theo Fischer Mitte August nördlich von Borkum geborgen.

Seit Gründung der DGzRS 1865 sind insgesamt 45 Seenotretter in Ausübung ihres Dienstes ums Leben gekommen. Das Unglück der ›Alfried Krupp‹ hat eindrucksvoll gezeigt, dass der Mensch auch trotz modernster Technik zuweilen schwächer ist als die Naturgewalten. Der Seenotrettungskreuzer wurde repariert und wieder in Fahrt gesetzt. Seitdem hat er ungezählte weitere erfolgreiche Einsätze gefahren.

2020 wird die ›Alfried Krupp‹ nach 32 Einsatzjahren außer Dienst gestellt. Die DGzRS ruft alle Freunde und Förderer auf, sich an der Finanzierung des Nachfolgers ›Hamburg‹ zu beteiligen:  spendemanöver.de. Der Neubau wird am 19. April 2020 an der Elbphilharmonie getauft.

Quelle:  Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger

• Auf epilog.de am 2. Januar 2020 veröffentlicht

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