Handel & IndustrieDruck & Papier

Rotationspresse für Mehrfarbendruck

Prometheus • 7.3.1894

Voraussichtliche Lesezeit rund 6 Minuten.

In einem  früheren Aufsatz suchten wir unseren Lesern Wesen und Betrieb der Rotations-Druckmaschinen verständlich zu machen. Wir wiesen hierbei darauf hin, wie diese Maschine, in Folge ihrer größeren Leistungsfähigkeit, den Druck eines erheblichen Teils der Zeitungen an sich gerissen habe und allmählich auch auf anderen Gebieten die sogenannte Schnellpresse zu verdrängen beginne.

Dieses Umsichgreifen verdankt sie zunächst dem Umstand, dass man, wie hervorgehoben, Mittel und Wege gefunden hat, die Rotationspresse den verschiedensten Formaten, wie sie in den Druckereien am meisten vorkommen, anzupassen. Eine weitere bedeutsame Errungenschaft, die wir vornehmlich der Maschinenfabrik Augsburg verdanken, war die Heranziehung dieser Presse in den Dienst des Illustrationsdrucks, namentlich des Drucks der illustrierten Zeitungen. Die Lösung dieser Aufgabe bot erhebliche Schwierigkeiten. Wie unseren Lesern erinnerlich sein dürfte, ist die Form bei den Rotationsmaschinen an einem Zylinder befestigt, also gebogen. Dies schließt natürlich den Druck von einem Satz aus beweglichen Typen aus und macht das Stereotypieren dieses Satzes unbedingt erforderlich. Nun besteht aber bei den illustrierten Zeitschriften die Form nicht bloß aus Satz, sondern auch aus in den Satz hineingelegten Holzstöcken oder galvanischen Niederschlägen nach den Originalstöcken. Eine Stereo­typ­platte aber gibt naturgemäß das Original nicht ganz getreu wieder, und es gehen beim Abklatschen die Feinheiten des Originals zum Teil verloren. Auch gewinnt eine Illustration durch das Biegen der Platte schwerlich, indem die Striche dadurch, wenn auch nicht erheblich, voneinander gerückt werden.

Ein noch größerer Übelstand war das Abfärben des Schöndrucks auf den Wider­druck-Zylinder. Wie wir gezeigt, bedruckt die Rotationsmaschine das Papier gleich beiderseitig, indem die Papierbahn nach Empfang des Schöndrucks gleich durch das zweite Zylinderpaar läuft, wo sie den Wider­druck empfängt. Bei dem Schriftsatz ist das eben erwähnte Abfärben nicht zu befürchten, zumal die Zeitungen stets stark löschendes Papier verwenden. Anders bei den illustrierten Zeitschriften, die auf besseres Papier gedruckt werden, wozu kommt, dass Illustrationen häufiger tiefschwarze Stellen aufweisen, die viel Farbe beanspruchen und nicht so rasch trocknen.

Wie ist nun die genannte Fabrik diesem Übelstand begegnet? In einer ziemlich einfachen Weise. Es wird ein sogenannter Leerlaufbogen von einer zweiten Rolle, die, wie aus der Abbildung ersichtlich, unter der Maschine angeordnet ist, zwischen das erste Zylinderpaar eingeführt, wo das Papier den Schöndruck empfängt; er läuft dann mit diesem Papier weiter nach dem oberen Zylinderpaar, wo der Wider­druck erfolgt. Der Leerlaufbogen nimmt dabei alle sich ablösenden Farbteile des Schöndrucks mit und vermeidet dadurch das Abschmutzen des Schöndrucks auf den Wider­druck-Zylinder und von diesem wieder auf die Schöndruckseite selbst. Der Leerlaufbogen läuft, sobald er seine Schuldigkeit getan, nach einer zweiten Rolle zurück, wo er sich wieder aufwickelt. Man kann ihn mehrere Male verwenden, und zwar ist dies unbedingt erforderlich, sonst wird der Druck zu teuer.

Der Zug der Zeit geht aber nicht bloß auf Illustrationen, sondern auch auf farbige Darstellungen, wie überhaupt auf eine umfassendere Verwendung von Farben. Kein Wunder daher, wenn das Verlangen nach einer Rotationspresse bald laut wurde, welche, in gleicher Weise wie die Schnellpresse, diesem Zug der Zeit entgegenkommt. Die auf die Verwendung von Farben gerichteten Bestrebungen bewegten sich hauptsächlich in zwei Richtungen. Einmal galt es, einzelne Stellen aus einer Zeitung zu Reklamezwecken beispielsweise durch roten Druck hervorzuheben; sodann wollte man für die große Menge berechnete Wochenblätter, Zeitungsbeilagen, Prospekte und dergleichen in bedeutenden Auflagen wohlfeil und rasch herstellen, was nur durch die Rotationspresse ermöglicht wird.

Verhältnismäßig leicht zu lösen war die erste Aufgabe. Die durch Farbendruck hervorzuhebende Stelle wird in der schwarzen Stereo­typ­platte ausgespart, und es gerät der Papierstrang, nachdem er auf beiden Seiten mit dem Schwarzdruck versehen worden, zwischen ein drittes Walzenpaar, bei welchem der Plattenzylinder an der passenden Stelle nur die Farben­druck-Clichés trägt. Von dieser Einrichtung wird bereits in Amerika, dem Lande der Reklame, ausgiebiger Gebrauch gemacht. Unseres Wissens hat aber noch keine deutsche Zeitung durch das einfache Mittel die Aufmerksamkeit der Leser auf einzelne Stellen zu lenken gesucht.

Sehr schwer war dagegen die Lösung der zweiten Aufgabe, weil es hier galt, eine Anzahl Farben nicht bloß nebeneinander, sondern auch vielfach übereinander – z. B. Blau und Gelb zur Erzielung des Grüns – aufzudrucken, und die Gefahr des Abschmutzens noch größer war als bei dem Druck schwarzer Illustrationen. Man hat sich bezüglich dieses Punktes durch die Anwendung des oben erwähnten Leerlaufbogens sowie durch die Vermeidung breiter Farben­flächen geholfen. Man verwendet fast ausschließlich Farben­platten in leichter Strichmanier, die nicht viel Farbe beanspruchen. Der Farben­auftrag trocknet daher rasch und schmutzt nicht so leicht ab.

Fünffarben-Rotationsdruck-MaschineFünffarben-Rotationsdruck-Maschine.

Der maschinelle Teil der Aufgabe aber wurde fast zu gleicher Zeit in Frankreich, Amerika und Deutschland gelöst, und zwar hier in besonders glänzender Weise durch die von uns abgebildete Fünffarben-Rotationspresse der Maschinenfabrik Augsburg. Die Lösung konnte wohl im Prinzip nur in der Weise erfolgen, dass die Papierbahn durch so viel Zylinderpaare lief, als Farben aufzudrucken waren. Wir hätten also in diesem Fall nicht weniger als zehn Zylinder gehabt, zwei für den Schöndruck, d. h. für die schwarze Farbe; und acht für die vier anderen Farben, wobei vorausgesetzt ist, dass nur die eine Seite des Papiers farbig bedruckt wird. Dies wäre aber des Guten zu viel gewesen und hätte die Maschine zu kompliziert und auch wohl zu teuer gemacht. Man hat sich wie folgt beholfen:

Das Papier gelangt von der Rolle rechts zunächst zwischen zwei Walzen, die so eingerichtet sind, dass sie es, je nach Erfordernis, bald feuchten, bald anwärmen. Es empfängt hierauf den Schwarzdruck mittelst des unteren Walzenpaares, dessen Zylinder von gleicher Größe sind. Darüber befinden sich zwei Druckzylinder von dem doppelten Durchmesser und vier Farben­platten-Zylinder von dem Durchmesser der Schwarzdruck-Walzen. Die größeren Zylinder pressen die Papierbahn nacheinander auf die Mantelfläche zweier Farben­zylinder, so dass die Papierbahn durch einen Druck gleich nacheinander zwei Farben aufgetragen bekommt. Es erspart also diese Einrichtung zwei Zylinder, indem die beiden größeren Druckwalzen je auf zwei Plattenwalzen wirken. Die Farbendruck-Zylinder können beliebig ausgerückt werden, so dass man also entweder mit allen Farben oder mit einer oder zweien drucken kann.

Die beiden Rollen in der Mitte der Maschine nehmen die Leerlaufbogen auf.

Der weitere Verlauf ist der gleiche wie bei der  hier beschriebenen Zwillings-Rotationspresse. Es wird die Papierbahn also in einzelne Bogen zerschnitten, worauf diese von der Maschine entweder glatt aufgelegt oder gefalzt werden.

Maschinen, die gute Farben­drucke liefern sollen, erfordern natürlich vorzügliche Farbwerke. Auch diese Aufgabe hat die erwähnte Fabrik sehr gut gelöst, und es leistet die Presse in dieser Hinsicht ebenso Gutes wie die Farbendruck-Schnellpresse mit flachen Formen.

Die abgebildete Maschine, welche für die Kosmos-Druckerei in Budapest gebaut wurde, liefert stündlich, je nach der Güte der Arbeit, 6000 bis 8000 Bogen bei einem Format von 84 × 67 cm. Ihre Länge beträgt 7 m, ihre Breite 3,50 m und ihre Höhe 2,05 m.

• G. van Muyden

• Auf epilog.de am 20. Februar 2025 veröffentlicht

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