Verkehr – Nahverkehr
Entwurf zu einer unterirdischen Eisenbahn in New York
Zentralblatt der Bauverwaltung • 30.1.1886
Unter der Bezeichnung ›New York District Railway Company‹ hat soeben eine Unternehmungsgesellschaft von der Regierung des Staates New York Genossenschaftsrechte erlangt und zugleich ihren Plan veröffentlicht, für den Eilverkehr in der Stadt einen neuen Weg zu erschließen, da Hochbahnen und Pferdebahnen sich mehr und mehr unzulänglich erwiesen haben. Sie beabsichtigt, von der Battery aus zunächst unter dem Broadway und dann unter der Madison Avenue eine unterirdische Bahn anzulegen, dieselbe unter dem Harlem-Fluss durchzuführen und weiterhin Verbindungen mit der New York Central-, der New York, New-Haven und Hartford-, der Harlem-, der New York City and Northern- und der Suburban Elevated-Eisenbahn herzustellen. Eine Zweiglinie, für den Westen der Stadt bestimmt, soll vom Madison-Square aus dem Broadway folgend bis zur 59. Straße an der 8. Avenue geführt werden. Von Querlinien ist zunächst nur eine in Aussicht genommen, und zwar durch die besonders verkehrsreiche 14. Straße von der 2. bis zur 9. Avenue reichend.
Die Bodenaushebung soll auf den Raum zwischen den Bordschichten der Bürgersteige beschränkt werden und eine größte Tiefe von 5,2 m erreichen. Die Bodenbefestigung soll aus einer Konkretlage von 60 cm Stärke und einem Belag mit Trinidad Asphalt von 1,5 cm Dicke bestehen. Die Umfassungswände des Tunnels sollen aus Ziegeln gemauert auf Granitfundamenten aufruhen. Ihre Außenkante soll mit jeder Flucht der gegenwärtigen Bordsteine zusammenfallen. Zu beiden Seiten innerhalb dieser Außenwände sollen Galerien von 1,37 m Breite, durch eine schwächere Wand von dem Eisenbahntunnel getrennt, eingebaut werden, um alle Rohre für Entwässerung, Wasserversorgung, Dampf-, Gas- und Luftdruck-Leitungen sowie alle Drähte für elektrische Telegrafen, Telefon, Beleuchtung und Kraftleitungen aufzunehmen. Zu diesem Behufe sind die Galerien der Höhe nach durch eiserne Träger in drei Abteilungen zerlegt, von denen die oberste lediglich für die elektrischen Leitungen bestimmt ist. Auf jeder Station sollen Zugänge zu diesen Galerien angelegt werden.
Der zwischen den Galerien verbleibende Mittelraum wird von vier Schienengeleisen eingenommen, von denen je zwei für Stationszüge (way trains) und je zwei für durchgehende Züge (express trains) bestimmt sind. Jeder der vier Tunnel soll eine Weite von etwa 2,5 m erhalten, somit hinreichenden Raum für die Wagen und zugleich an den Haltepunkten für die Anlage schmaler langgestreckter Plätze für die ein- und aussteigenden Personen gewähren. Zwischen den Geleisen sollen fortlaufend geschlossene Wände aufgeführt werden, und zwar so, dass zwischen eisernen Pfosten, welche in Abständen von 1,2 m auf Granitfundamenten ruhend die Deckenträger aufnehmen, dünne Zwischenwände aus einer eigentümlichen Masse – bestehend aus Stahldraht und eingeflochtener, unter hydraulischem Druck verdichteter, ölgetränkter Pflanzenfaser – befestigt werden. Man erwartet, dass diese Masse das Geräusch der Züge erheblich vermindern werde. Ebenso rechnet man darauf, dass die Lüftung eine gute sein wird, da die stets in gleicher Richtung durch je eine von festen Wänden umschlossene Tunnelabteilung fahrende Züge wie ein Kolben auf eine Luftsäule wirken müssen. Außerdem ist als bewegende Kraft Elektrizität gedacht, so dass kein Kohlenrauch auftritt.
Die Deckenlast soll von eisernen Trägern aufgenommen werden, die an den Enden auf den starken Umfassungswänden aufliegen und durch die eisernen Pfosten der Zwischenwände unterstützt werden. Auf diese Träger sollen stählerne Buckelplatten mit 25 cm Stich gelegt werden. Zum Schutz gegen Feuchtigkeit und chemische Einwirkungen und zugleich, um eine elastische Unterlage zu bilden, gedenkt man auf die Buckelplatten eine 5 cm dicke Asphaltlage aufzubringen, und darüber als Bettung für das Straßenpflaster eine 15 cm starke Konkretschicht.
Die für diese Bahn entworfenen Wagen bestehen aus einem Rahmenwerk aus Stahl mit Füllungen aus derselben eigentümlichen Masse, welche auch für die Herstellung der Tunnelzwischenwände dienen soll.
Besondere Schwierigkeiten für die Ausführung scheinen nicht zu gewärtigen zu sein, da die Tunnelsohle in ganzer Ausdehnung, mit Ausnahme einer Strecke bei Canal Street, über dem regelmäßigen Grundwasserstand liegt. Störungen im Straßenverkehr während des Baues hofft man durch Anwendung beweglicher Brücken zu vermeiden, oder doch auf ein erträgliches Maß einzuschränken. Der Abstand der nächsten Schiene von der Bauflucht wird 7,5 m, und von der Bordschwellenkante 2,0 m betragen. Der Abstieg von der Straße zu den Halteplätzen hinab wird nur 3,80 m sein.
Die Gesellschaft nimmt an, dass eine Beförderung von 50 Millionen Personen jährlich die Anlagekosten der Bahn angemessen verzinsen und einen guten Reinertrag bringen werde. Als wesentlichen Vorzug ihres Plans bezeichnet sie, dass durch eine solche unterirdische Bahn die Straßenflächen für den gewöhnlichen Verkehr frei bleiben, dass das störende Aufreißen des Pflasters für Neulegung oder Veränderungen und Verbesserungen an dem ganzen Rohrnetz künftig in Wegfall kommen, dass die Kellergewölbe und Grundmauern der Häuser ungefährdet verbleiben und überhaupt keine privaten Eigentumsrechte geschädigt werden.
Ganz besonders aber, so hofft man, werde durch die viergleisige Bahn und die Einführung von Stationszügen neben durchgehenden Zügen dem Bedürfnis großstädtischen Eilverkehrs nach jeder Richtung hin weit besser entsprochen, als dies mit den gegenwärtig in New York bestehenden Einrichtungen möglich sei.
