Berliner Bauwerke

Das neue Eisenbahn-Hotel

Deutsche Bauzeitung • 25.1.1879

Voraussichtliche Lesezeit rund 5 Minuten.

Vortrag von Hermann v. d. Hude am 20. Januar 1879 beim Architekten-Verein zu Berlin über das neue Eisenbahn-Hotel, welches dem Bahnhof ›Friedrichsstraße‹ unmittelbar gegenüber, auf dem von den vier Straßen: Georgen-, Friedrich-, Dorotheen- und Neustädter Kirch-Straße umgrenzten Bauterrain zur Zeit errichtet wird.

Der Vortragende verbreitet sich zunächst kurz über die allgemeinen Zwecke, denen das moderne Hotel zu genügen hat, und alsdann weiter über die besondern Zwecke, denen ein Hotel mit Rücksicht auf seine Lage und seine Besucherart, und endlich auch darauf, ob mit demselben ein Lokalverkehr (Restaurant etc.) verbunden ist oder nicht, in innerer Einrichtung und Ausstattung entsprechen muss. Hier in Berlin ist es vorwiegend die Gattung der Geschäftsreisenden, auf deren Bedürfnisse und Anforderungen ein Hotel zugeschnitten sein muss. Auf Räume, die dem allgemeinen Verkehr dienen, wie z. B. Lese-, Spiel-, Speise-, Konversations- und Damen-Salons, ist bei ihnen daher weniger Gewicht zu legen, als z. B. in Schweizer Hotels oder in Hotels an Orten, welchen vorzugsweise die Klasse der sogen. Vergnügungs-Reisenden sich zuwendet.

Das neue im Zentrum der Stadt liegende Eisenbahnhotel gliedert sich in die beiden Teile: a) das eigentliche Hotel und b) den sog. Wintergarten mit seinem Zubehör dauernder und zeitweiliger Art. Der Wintergarten ist zu einem Vergnügungs-Lokal großen Stils – ähnlich z. B. demjenigen von Kroll – ausersehen und es sollen als Zubehör zu demselben zeitweilig die Speise- usw. Säle des Hotels mit herangezogen werden. Die hiernach bestehende Trennung, bzw. Verbindung der beiden Hauptteile der Anlage hat für die Plananordnung das durchschlagende Moment gebildet. Es sind zwei Hauptachsen parallel der Friedrichstraße (die Hotel-Achse und die Wintergarten-Achse) und eine Quer-Achse normal auf diese Straße angeordnet worden. Hotel- und Quer-Achse schneiden sich in einem Zentralhof von 30 × 20 m Größe, in welchen von der Friedrichstraße aus die Wagen-Einfahrt stattfindet, deren Ausfahrt an das südliche Ende der Hotel-Achse, in die Dorotheenstraße, verlegt worden ist. Am Zentralhof und um das nördliche Ende der Hotel-Achse sind die Geschäfts- und Kontroll-Lokalitäten vereinigt, so dass der gesamte Hotel-Verkehr an dieser Stelle zusammengedrängt und überwacht wird. Zwischen Hotel- und Wintergarten-Achse liegt eine Folge von großen Räumen, die nach Belieben für Hotelzwecke oder auch für die Zwecke des Wintergartens zeitweilig mit verwendet werden können. Um das nördliche Ende der Wintergarten-Achse, dem Bahnhofs-Gebäude gegenüber, finden sich die Räume eines großen Café-Restaurants, am südlichen Ende dieser Achse, in der Dorotheenstraße, Zufahrt und Vorräume für den Wintergarten. Der letztere bildet eine glasgedeckte Halle von 75 × 22,7 m Größe mit 16,5 m größter Höhe des bogenförmig gestalteten Glasdachs und mit Hinzutritt eines kleinen Bühnen- oder Orchester-Raums an der westlichen Langseite.

Außer den Räumen, welche im Vorstehenden kurz erwähnt sind, enthält das Erdgeschoss des Gebäudes an drei Seiten im ganzen noch 30 Verkaufsläden.

Die Wirtschafts-Räumlichkeiten sind sämtlich im Souterrain untergebracht, dessen Einrichtung bei dem hohen Grundwasserstand der Gegend einige Schwierigkeiten mit sich führt.

Die drei Hauptgeschosse, welche das Gebäude besitzt, enthalten, ziemlich übereinstimmend, je 141 Räume, wovon 118 zu Logierzimmern und 23 zu Räumen für Dienstpersonal, Bäder, Klosett-Anlagen, Möbel- usw. Räumen bestimmt sind; im 4. Stock sind dann noch eine Anzahl von Dienerzimmern eingerichtet. Klosetts werden in der Zahl von je eins für 8 – 9 Betten, Bäder eins für je 70 Betten eingerichtet. Alles in allem wird das Hotel 333 Gastzimmer und 115 dazu gehörige Nebenräume enthalten.

Die Gesamtgröße des Bauterrains ist 8610 m². Von dieser Fläche kommen auf:

a)Unüberbaute Höfe1360 m²
b)überbaute dgl. (Wintergarten etc.)2230 m²
c)Auf Räume sonstiger Art5020 m²
Gesamt8610 m²

Fasst man die Verteilung, welche die Fläche ad c in der 1. Etage des Hauses gefunden hat, ins Auge, so kommt:

Prozent der
Gesamtfläche
1.auf die Nettofläche der Gastzimmer266053
2.auf Korridore (2,40 m breit), Treppenhöhe, Aufzüge117523
3.auf Dienstzimmer, Klosetts, Baderäume3407
4.auf Mauerdicken84517

Bei dem um nur ein weniges kleiner ausgeführten Hotel Kaiserhof ergeben sich dagegen folgende Prozentsätze: ad 1: 48 %, ad 2: 28 %, ad 3 und 4 dieselben Sätze wie oben.

Über den dekorativen Teil der Ausführung des Baus gibt der Vortragende nur die kurze Notiz, dass die Enden der Fassade an der Friedrichstraße durch zwei rund 30 m hohe Kuppeltürme ausgezeichnet werden sollen, dass das I. Geschoss einen durchlaufenden Balkon mit vergoldetem Schmiedeisen-Gitter erhält und dass zwischen den in der architektonischen Gliederung zusammengefassten Geschossen I. u. II. ein Goldmosaik-Fries von Salviati angebracht werden wird. Schmuck von Goldmosaik wird auch der Wintergarten erhalten.

Bezüglich der Heizung des Hauses erwähnt der Redner, dass, da bei der geringen Höhe des Kellergeschosses die Ausführung einer Luftheiz-Anlage ausgeschlossen gewesen sei, man sich für eine Dampfheizung entschieden habe, in welcher 2200 m² Heizfläche und 200 m² feuerberührte Kesselfläche vorhanden sein werden. Von den drei mit 4 – 5 Atm. Druck arbeitenden Büttnerschen Röhren-Kesseln aus wird der Dampf, nach stattgefundener Reduktion seines Drucks auf etwa die Hälfte der angegebenen Spannung, in zwei Hauptröhren ins Dachgeschoss geführt und von dort aus in die einzelnen Zimmer, welche Register erhalten und für sich ausschaltbar sind, verteilt. Die Verteilungs-Röhren liegen in ausgesparten Mauerschlitzen, welche gleichzeitig als Ventilations-Abzüge zu dienen bestimmt sind. Was im übrigen die Lüftung betrifft, so sollen in den ca. 5000 m³ Gesamt-Rauminhalt habenden drei großen Sälen des Erdgeschosses ein zweimaliger Luftwechsel pro Stunde, im Wintergarten von ca. 23 000 m³ Inhalt ein einmaliger desgleichen erzielt werden.

Die Spezialitäten der Ventilations-Einrichtungen werden nur andeutungsweise berührt, ebenso die Einrichtung der hydraulisch betriebenen Fahrstühle.

Entnommen aus dem eBook:
Das Central-Hotel am Bahnhof Friedrichstraße war bei der Eröffnung 1881 Berlins größtes und modernstes Hotel. Der Architekt Hermann von der Hude schildert hier das Bauvorhaben.
eBook € 0,99 | eISBN: 978-3-7568-5134-8

• Auf epilog.de am 14. Oktober 2022 veröffentlicht

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