Berliner Bauwerke

Das Monopol-Hotel in Berlin

Zentralblatt der Bauverwaltung • 1.2.1890

Voraussichtliche Lesezeit rund 4 Minuten.

Der große geschäftliche Erfolg, welchen das von dem Unterzeichneten erbaute ›Hotel Continental‹ nahe dem Stadtbahnhof Friedrichstraße in Berlin erzielt hat, ist im Zusammenhang mit dem stark gestiegenen Fremdenverkehr für Unternehmungslustige die Veranlassung geworden, ein weiteres größeres Hotel, das ›Monopol-Hotel‹, in unmittelbarer Nähe desselben Bahnhofs zu errichten. Man hat dazu das Grundstück Friedrichstraße Nr. 100 ausersehen, welches mit seiner Vorderfront dem Bahnhofszugang unmittelbar gegenüberliegt und mit seiner Hinterseite an die künftige Verlängerung der Charlottenstraße stößt. Seine Frontlänge an der Friedrichstraße misst 42 m, die Tiefe 100 m. Das Hotel nimmt gegenwärtig den Grundstückteil an der Friedrichstraße ein, während der hintere Teil zurzeit in Verbindung mit dem Restaurant als Garten benutzt wird. Hier sind jetzt außer der Maschinenhausanlage nur leichte Gebäude, Hallen u. dgl. errichtet, die bei Ausdehnung des Hotelgeschäfts einem Vorderhaus an der etwa in zwei Jahren benutzbaren Charlottenstraße sowie entsprechenden Zwischenbauten Platz machen sollen.

Monopol-Hotel

Der Hotelbau besteht in einem Vorderhaus, zwei Seitenflügeln und einem Quergebäude, welche einen großen offenen Schmuckhof umschließen, und deren letzteres mit seiner Rückfront an den erwähnten Garten grenzt. Der außerordentliche Wert des Grund und Bodens hat eine Anordnung ergeben, bei welcher im Erdgeschoss nur der Zugang zum Hotel, die Flurhalle, die Räume für Pförtner und Büro sowie ein Hotel-Restaurant mit Ablegeräumen dem eigentlichen Gasthofbetrieb dienen, während die übrigen Teile dieses Geschosses anderen Geschäftszwecken nutzbar gemacht sind. Zur Rechten des Hoteleinganges sind zwei Läden und ein großer Bier-Ausschank angelegt, zu dessen Betriebe auch der Garten vermietet ist; links vom Hoteleingange haben ebenfalls zwei Läden und ein Café Platz gefunden, denen sich der Zugang zu den Wirtschaftsräumen anschließt.

Die Wohnräume des Hotels sind in vier Obergeschossen angeordnet, deren jedes 40 größere und kleinere Zimmer, doppelte Aborte für Männer und Frauen, auch je ein Bad, ferner die Räume für Bedienung und ein Gelass für die Aufbewahrung des Etagen-Geschirrs und Vorrichtung zum Warmhalten der Speisen enthält. Die Hotelküche liegt in dem gegen das Grundwasser wasserdicht hergestellten Kellergeschoss, welches im übrigen Weinlager und Wirtschaftsräume verschiedenster Art birgt. Die Küche des Bier-Ausschanks ist in den Garten hinaus gebaut. Alle drei Betriebe: der des Hotels, der für den Ausschank und der des Cafés sind vollständig getrennt. Im Dachboden befindet sich die Wäscherei-Anlage, zu deren Betrieb der Dampf der dem Hotel zugehörigen Maschinen-Anlage verwendet wird und deren Maschinen-Einrichtungen mittels elektrischer Kraftübertragung betrieben werden.

Der Baugrund ist schlecht, er besteht in Moor und Torf. Der Bau ist deshalb teilweise auf Kästen, teilweise auf Pfahlrost gegründet worden. Die Anwendung des letzteren war mit Rücksicht auf die Behinderungen durch alte Baureste geboten, auch konnten alte Pfahlroste unter Nachrammung Wiederverwendung finden. Die sehr ungünstigen Grundwasserverhältnisse machten die Abdichtung der Kellersohle zu einer sehr mühevollen Arbeit.

Die Architektur wurde in freien Renaissance-Formen unter angemessener Verwendung bildnerischen Schmucks durchgeführt; für die Hauptfront kamen im Erdgeschoss schwedischer Granit, in den Obergeschossen schlesischer Sandstein zur Verwendung. Die Innen-Architektur schließt sich im allgemeinen der des Äußeren an: für den Bier-Ausschank und für die Säle der Hotel-Restauration geht sie ins Barocke über, das Café dagegen ist maurisch gehalten und mit reichen Stuckdecken und Pfeilerbekleidungen unter Verwendung von Spiegeln und Einlagen farbiger Gläser geschmückt.

Das Hotel ist bauseitig für die Obergeschosse mit Möbeln, Hausgerät und Ausstattungsstücken vollständig eingerichtet und 18 Monate nach Beginn der Bauausführung im November 1888 dem Betrieb übergeben worden. Seine Beleuchtung ist elektrisch; die Maschinen-Anlage befindet sich auf dem Grundstück selbst und speist bei 170 PS 1200 Glüh- und 60 Bogenlampen. Zwei Maschinen, jede zu 65 PS, sind mit den Dynamomaschinen unmittelbar gekuppelt vorhanden, dazu eine Maschine von 40 PS, die zugleich noch andere Betriebe übernehmen kann. In der Regel arbeitet abends je nach Bedarf eine der beiden großen Maschinen allein oder in Gemeinschaft mit der kleinen. Die Anlage leistet zugleich die Versorgung des Hotels und der beiden Wasserkraft-Aufzüge mit Wasser und bewirkt die Lüftung der Gebäude. Der abgehende Dampf dient zur Beheizung des Hotels, und zwar werden alle Räume, 60 durch Öfen beheizte Wohnzimmer ausgenommen, durch eine Wasserheizung erwärmt. Da der abgehende Dampf meist nur abends zur Verfügung, die Beheizung aber besonders auch in den Morgenstunden Bedürfnis ist, so wurde im Kellergeschoss ein großer Wasserbehälter in Kesselform angelegt, welcher die Wärme aufnimmt und nach Bedarf abgibt. Natürlich ist auch die Möglichkeit vorgesehen, der Heizung unmittelbar aus der Kesselanlage Dampf zuzuführen, was für die Säle an kalten Tagen dann und wann notwendig wird. Die Beheizung der mit Öfen versehenen Zimmer erfolgt von den durchweg feuersicher hergestellten Flurgängen aus.

Die Hotel-Restauration, welche auch von dem Berliner Publikum stark besucht wird, ist von der Straße und von der Vorhalle des Hotels aus unmittelbar zugänglich. Der Schmuckhof dient im Sommer zum Aufenthalt der Gäste, die Zimmer des I. Stocks sind gegen ihn hin mit großen, breiten Balkonen versehen. Ein Lese- und Damenzimmer, welches im ersten Stock dicht am Treppenhaus liegt und ebenfalls nach jenen Balkonen mündet, vervollständigt die allen neuzeitlichen Anforderungen entsprechende Einrichtung des weltstädtischen Hotels.

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• Auf epilog.de am 6. Mai 2024 veröffentlicht

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