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Neuer Verkehrsträger Magnetschnellbahn Transrapid

Wirtschaftlich, schnell und umweltschonend

Berliner Wirtschaft • Juli 1996

Voraussichtliche Lesezeit rund 4 Minuten.

Nachdem Bund und Länder der Errichtung einer Magnetschnellbahn-Strecke Berlin-Hamburg zugestimmt haben, ist eine weitere wichtige Etappe des Projekts Transrapid geschafft. Zudem ist das neue spurgebundene Hochgeschwindigkeitssystem von der Magnetschnellbahn Planungsgesellschaft mbH in Bezug auf Wirtschaftlichkeit, Streckenführung und Baukosten im Rahmen des Raumordnungsverfahrens bereits weitgehend optimiert worden. Hiervon sowie von Komfort und technischer Einsatzreife überzeugten sich die IHK-Ausschüsse für Verkehr und Tourismus, begleitet vom Präsidenten der Industrie- und Handelskammer zu Berlin, Horst Kramp, am 19. Juni auf der Magnetschnellbahn-Versuchsanlage in Lathen im Emsland.

Auf einer Fahrt mit der Magnetschnellbahn und einer anschließenden Demonstration von Vorbeifahrten des Transrapid mit rund 200 und 400 km/h konnten die Ausschussmitglieder Vorzüge des neuen System und seine Umweltverträglichkeit persönlich kennenlernen. In einem anschließenden Gespräch gab der Betriebsleiter der Magnetschnellbahn-Versuchsanlage, Günter Steinmetz, zu technischen Details Auskunft. Gemeinsam mit dem Geschäftsführer der Magnetschnell Planungsgesellschaft mbH, Dr. Hans Christoph Atzpodien, nahm er in einer lebhaften Diskussion zu den fachlichen Fragen der Ausschussmitglieder Stellung, insbesondere zum Trassenverlauf, der Wirtschaftlichkeit, Sicherheit und zur technischen Einsatzreife.

Transrapid-Versuchsanlage im EmslandFoto: Versuchs- und Planungsgesellschaft für Magnetbahnsysteme mbHDer Transrapid auf der 31,5 km langen Versuchsanlage im Emsland. Die Länge des Zuges beträgt 54 Meter, das Gewicht 122 Tonnen.

Im Rahmen der Raumordnungsplanung, so Dr. Atzpodien, sei innerhalb des Suchraums eine Präferenztrasse gefunden worden, bei der Wirtschaftlichkeit, Effizienz und Streckenlänge optimiert werden konnten. Sie führe weitgehend durch Gebiete mit geringer Problemdichte, so dass eventuell zu erwartende Einwände von Anwohnern erfolgreich zurückgewiesen werden könnten. Obwohl mit dem Transrapid-Fahrweg geringere Eingriffe in die Landschaft verbunden sind als beispielsweise bei Autobahnen oder bei der Eisenbahn, werden 65 % der 296 km langen Strecke an anderen Trassen gebündelt, davon 77 km mit Autobahnen, 80 km mit Eisenbahnstrecken und 35 km mit Hochspannungsleitungen. Um eine höhere Wirtschaftlichkeit und Auslastung zu erzielen, wird der Transrapid über einen kleinen, aber zeitlich unbedeutenden Umweg über Schwerin geführt, wodurch zusätzlich pro Tag 14 000 Fahrgäste erwartet werden, betonte Atzpodien. Insgesamt werden jährlich rund 14,5 Millionen Passagiere vom Jahre 2010 an erwartet, wobei der Breakeven-Point bei 9,7 Millionen Passagieren erreicht wird. Rund 180 DM soll die 60-minütige Fahrt zwischen dem Hamburger Hauptbahnhof und dem Lehrter Bahnhof [seit 2002: Hauptbahnhof] in Berlin kosten. Bis spätestens zum Ende dieses Jahres muss sich der Berliner Senat zwischen den Endbahnhöfen Lehrter Bahnhof und Papestraße [seit 2006: Südkreuz] entscheiden, wobei Atzpodien den Lehrter Bahnhof schon wegen seiner besseren Umsteigemöglichkeiten favorisiert.

Der Transrapid ist dem ICE deutlich überlegen. Mit einer Reisegeschwindigkeit von 420 km/h auf freier Strecke und einer Einfahrt von 200 km/h in die Städte lässt er den ICE klar hinter sich. Ein weiterer Pluspunkt, so Atzpodien, sei die geringe Lärmentwicklung, denn bei der Einfahrt in Städte mit 200 km/h ist nur ein Abstand von 25 m von Wohngebieten erforderlich, um die gesetzlichen Grenzwerte einzuhalten - Lärmschutzmaßnahmen wie beim ICE bei gleicher Geschwindigkeit können weitgehend entfallen.

Die Baukosten für die Magnetschnellbahn-Präferenzstrecke Berlin-Hamburg sind vergleichbar mit denen für eine Hochgeschwindigkeitsstrecke für die konventionelle Rad-Schienen-Technik, betonte Atzpodien. Dort, wo es bergig wird, kann der Transrapid-Park besser der Landschaft angepasst werden, denn 10 %ige Steigungen und engere Kurvenradien sind möglich. Kostenträchtige Brücken und Tunnelbauten können damit teilweise entfallen, was ein Vorteil bei der Erweiterung des Systems auch auf andere Städteverbindungen von Vorteil ist. Fragen der Betriebssicherheit konnte Steinmetz positiv beantworten. Durch den Bau der Transrapid-Strecke, auf der dann der Hochgeschwindigkeitsverkehr zwischen Berlin und Hamburg abgewickelt wird, kann die traditionelle Trasse für den Regional- und Güterverkehr genutzt werden.

Im kommenden Jahr, so Atzpodien, soll mit dem Planfeststellungsverfahren begonnen werden, ab Ende 1998 mit dem Bau des Fahrwegs. Der Betriebsbeginn ist für 2005 vorgesehen. Auf der Versuchsstrecke im Emsland werden in der Zwischenzeit neue Systemkomponenten und ein weiterentwickeltes, in drei Jahren zur Verfügung stehendes Fahrzeug getestet werden.

• Thomas Ebelt

Magnetschnellbahn Transrapid Berlin-Hamburg

Vorzeigetechnologie mit Chancen

Erklärung des Verkehrsausschusses und des Tourismusausschusses der Industrie- und Handelskammer zu Berlin anlässlich ihres Besuches auf der Magnetschnellbahn-Versuchsanlage in Lathen am 19. Juni 1996.

  1. Der Personenverkehr zwischen Berlin und Hamburg erhält durch den Transrapid bei einer Fahrzeit von weniger als einer Stunde und einer dichten Taktfolge neue Impulse. Die so gewonnene enge verkehrliche Verknüpfung von Berlin und Hamburg ist ein von der ganzen Wirtschaft zu nutzender Vorteil gegenüber Konkurrenzstandorten. Profitieren werden dabei alle touristischen und kulturellen Angebote an beiden Standorten mit unmittelbaren Auswirkungen auf Gaststättengewerbe und Einzelhandel.
  2. Geschwindigkeit, Reisekomfort und vor allem die Laufruhe des Transrapids vermitteln ein Fahrerlebnis ganz neuer Art, das für Geschäfts- und Privatreisende gleichermaßen attraktiv ist.
  3. Die außerordentlich geringe Lärmentwicklung des Transrapids macht ihn zu einem besonders umweltverträglichen Verkehrsmittel, das vorzüglich in Innenstadtbereiche geführt werden kann.
  4. Mit dem Transrapid erhält Berlin ein Verkehrssystem deutscher Spitzentechnologie, das weltweit Maßstäbe setzt. Bau und Betrieb der Transrapidstrecke werden daher entscheidend dazu beitragen, dass sich die Region Berlin-Brandenburg als Kompetenzzentrum neuartiger und fortschrittlicher Verkehrstechnologien profiliert.
  5. Angesichts der hohen Bedeutung des Projektes für den Wirtschaftsstandort Berlin ist es zwingend, dass sich das Land Berlin schnellstens auf die innerstädtische Trasse und damit auf den vorläufigen Endbahnhof einigt, damit keine Verzögerung bei den jetzt notwendigen Planungsschritten eintritt.
  6. Verkehrsausschuss und Tourismusausschuss sind der Auffassung, dass der Lehrer Bahnhof als künftiger zentraler Bahnhof der Eisenbahn als vorläufiger Endpunkt für den Transrapid gut geeignet ist. Grundsätzlich sollte der Transrapid optimal an den Eisenbahnfern- und Regionalverkehr sowie den öffentlichen Personennahverkehr angebunden sein. Transrapid-Haltepunkte sollten Park and Ride-Möglichkeiten anbieten und somit die Attraktivität des Systems erhöhen.
  7. Langfristig darf die Strecke Berlin-Hamburg keine Insellösung sein, sondern sollte über den zukünftigen Berliner Flughafen weiter in Richtung Süden, z. B. nach Dresden-Prag, geführt werden.

• Auf epilog.de am 1. Oktober 1997 veröffentlicht

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