Forschung & TechnikWissenschaft

Von heiß bis kalt

Solarforscher testen neues Silicon-Öl unter Kraftwerksbedingungen

tvi.ticker • 14. Juli 2017

Parabolrinnen-KraftwerkFoto: DLR

Solarthermische Kraftwerke spielen für die Energiewende in sonnenreichen Weltregionen eine sehr wichtige Rolle, da sie in Kombination mit einem Wärmespeicher auch nach Sonnenuntergang Strom liefern können. Um die Effizienz von solaren Parabolrinnen-Kraftwerken signifikant zu steigern, arbeitet ein Konsortium aus Forschung und Industrie unter Leitung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) derzeit an der Verbesserung der in den Absorberrohren eingesetzten Wärmeträgerölen. Derzeit wird die Praxistauglichkeit eines durch die Wacker Chemie neuentwickelten Siliconöls bei Temperaturen bis zu 425° C erprobt.

Parabolrinnen-Kraftwerke verwenden parabolisch gekrümmte Spiegel, die in Kollektoren angeordnet sind und der Sonne nachgeführt werden. In der Brennlinie eines Kollektors befinden sich die speziellen Absorberrohre mit dem Wärmeträgeröl. Mit der so gewonnenen Wärmeenergie wird Dampf für die Stromgewinnung erzeugt, oder sie wird zur späteren Nutzung gespeichert.

Realitätsnahe Tests

Im Rahmen des Projektes Sitef (Silicon Fluid Test Facility) betreiben Wissenschaftler des DLR-Instituts für Solarforschung die Prometeo-Testanlage auf der Plataforma Solar de Almería (PSA) nun erstmals mit einem speziellen Silicon-Öl des Chemiekonzerns Wacker bei Temperaturen oberhalb von 400° C. Das Wärmeträger-Öl Helisol 5A wird dabei über einen Zeitraum von mehreren Monaten, im Zusammenspiel mit den verschiedenen Komponenten eines Parabolrinnen-Kraftwerks, unter realistischen Bedingungen getestet.

Vor dem nun beginnenden Testbetrieb hatte eine industriefinanzierte Demonstration an derselben Anlage bereits die Betriebsfestigkeit des Öls bis 400° C nachgewiesen. Und in Labortests wurde das Siliconöl bereits bis 425° C eingesetzt. Nun folgt der großtechnische Einsatz im Sitef Projekt.

Im unteren Temperaturbereich zeichnet sich der neue Wärmeträger durch eine wesentlich höhere Flexibilität aus. Der Erstarrungspunkt liegt bei etwa minus 55° C, wodurch Heizanlagen zum Schutz der Wärmeträgerflüssigkeit vor Kälte generell nicht mehr notwendig sein dürften. Auch in Bezug auf die Alterung des Öls und den unerwünschten Nebeneffekt der Bildung von Wasserstoff weist siliconbasiertes Wärmeträger-Öl Vorteile gegenüber dem organischen BP/DPO-Gemisch auf. Zudem spalten Wärmeträger-Öle auf Siliconbasis keine kritischen Stoffe wie Benzol ab, was zu einem nachhaltigen und noch sichereren Betrieb solcher Anlagen beiträgt.

Hintergrund

Wasser verdampft bei Umgebungsdruck bereits bei rund 100° C. Daher muss es im erhitzten Zustand unter Druck stehen, um nicht zu verdampfen. Bei dem Einsatz von Wasser als Wärmeträger in Absorberrohren muss deshalb, im Vergleich zu Ölen oder Salzschmelzen, mit besonders hohen Drücken gearbeitet werden, was einen gesteigerten technischen Aufwand erfordert. Aus diesem Grund kommen in der Regel spezielle thermische Öle oder zukünftig auch Salzschmelzen zum Einsatz.

Die Anforderungen an die Wärmeträger sind hoch. Sie müssen hohe Temperaturen aushalten können, ohne sich chemisch zu zersetzen. Zudem ist es sehr vorteilhaft, wenn sie auch bei niedrigen Temperaturen flüssig bleiben. Letzteres ist besonders in sonnenreichen Regionen der Erde vorteilhaft, in denen die Umgebungstemperaturen im Laufe des Tages und Jahres stark variieren und oft auch unter dem Gefrierpunkt von Wasser liegen können.

Das zurzeit gängige Wärmeträger-Öl in Parabolrinnen-Kraftwerken ist eine Mischung aus Biphenyl und Diphenyloxid (BP/DPO) und weist die höchste thermische Beständigkeit organischer Wärmeträger auf. Dieses Ölgemisch kann bis zu 400° C verwendet werden, erstarrt aber bereits bei Temperaturen unterhalb von 12° C. Das temperaturbedingte Erstarren des Wärmeträgers kann im Kraftwerksbetrieb besonders schwerwiegende Folgen haben, da das erstarrte Öl Rohrleitungen blockieren oder sogar beschädigen kann.

Um das Öl weiterhin in einem geschlossenen Kreislauf durch die Kilometer langen Rohrleitungen pumpen zu können, müssen aufwändige und im Betrieb teure Heizsysteme installiert werden. Im Regelbetrieb wird das Öl solar auf etwa 400° C erhitzt, die Parabolrinnen-Kollektoren könnten jedoch deutlich höhere Temperaturen erzielen, was für Speicherung und Verstromung günstig ist, weil damit der Gesamtwirkungsgrad und die Energieausbeute der Anlage steigen.

Quelle:  Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt

• Auf epilog.de am 15. Juli 2017 veröffentlicht

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