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Das sogenannte optische System der elektrischen Beleuchtung

Deutsche Bauzeitung • 17.01.1880

Voraussichtliche Lesezeit rund 4 Minuten.

Die Zivil-Ingenieure Molera & Cebrian aus San Francisco wollen durch ihre Erfindung nichts Geringeres als das Problem gelöst haben, das elektrische Licht für den gewöhnlichen Haus-Gebrauch geeignet zu machen, einerseits unter Erzielung der denkbar größten Bequemlichkeiten in der Handhabung, der Intensität und der besonderen Art der Beleuchtung, andererseits auch des Kostenpunktes, der nur etwa 5 % desjenigen der Gasbeleuchtung erreichen soll. Das Wesentlichste aus der Begründung und Beschreibung der Erfindung ist Folgendes:

Optisches System der elektrischen BeleuchtungFig. 1

Die bisherigen Ausnutzungsweisen des elektrischen Lichts (ungeteilt oder geteilt) sind beide mit Notwendigkeit darauf angewiesen, Ströme von geringer Intensität zu verwenden. Da aber die Kosten der Lichterzeugung um so geringer werden, je größer die Stromstärken sind, welche man verwenden kann, so geraten die erwähnten Benutzungsweisen in direkten Widerspruch mit einer der Haupteigenschaften, die man an die neue Beleuchtungsart zu stellen hat: diejenige, möglichst billig zu sein. Dadurch, dass das System von Molera & Cebrian so geartet ist, um die Erzeugung des Lichts mittels ungeteilten kräftigsten Stroms zuzulassen, ist dasselbe im Stande, den Hauptmangel der bisherigen Systeme zu vermeiden. In demselben wird mit einer gegebenen Kraftmenge ein absolutes Maximum an Lichtmenge, und zwar um einen einzigen Fokus erzeugt und alsdann die Lichtmenge, welche der Fokus enthält, mit Hilfe optischer Apparate in eine beliebige Anzahl Lichtquellen niederer Ordnungen geteilt; der elektrische Strom selbst bleibt von dieser Teilung unberührt.

Die Skizze Fig. 1, im Allgemeinen die Lampen-Einrichtung darstellend, zeigt im oberen Teil einen von Sammel-Linsen (übereinstimmend mit den bei den Leuchtturm-Apparaten üblichen) umschlossenen würfelartig geformten Raum, in dessen Zentrum die Kohlenstifte zusammentreten, zwischen deren Spitzen der Lichtbogen erzeugt wird; die untere Seite des Raumes, nach welcher hin Licht nicht zu versenden ist, wird durch einen parabolischen Reflektor geschlossen. Dieser Raum bildet den oben gedachten (Zentral-)Fokus.

Die Skizze Fig. 2, welche in schematischer Weise einen Gebäude-Querschnitt mit den für die Lichtverteilung nötigen Einrichtungen wiedergibt, soll die für einen speziellen Fall erforderlichen Verteilungs-Vorrichtungen anschaulich machen.

Optisches System der elektrischen BeleuchtungFig. 2

In einem entsprechenden Raum des obersten Geschosses wird der Zentral-Fokus A bemerkt, von welchem aus die Lichtverteilung in folgender Weise vor sich geht: Normal über dem Fokus sind zwei Prismen in entsprechender Lage angebracht, welche zwei Lichtströme in Rohrleitungen werfen, die zu den beiden Gebäude-Fronten führen, wo diese Lichtströme durch (zerstreuende) Linsen für die Fronten-Beleuchtung des Gebäudes nutzbar gemacht werden. In gleicher Weise wie vor wird durch Rohrleitungen und Prismen zu den Räumen in den untern Stockwerken des Gebäudes gesendet und es sind in diesen an den Mündungen der Röhren entsprechende Linsen, Reflektoren oder Kombinationen dieser Apparate angebracht, durch welche man den speziellen Bedürfnissen der Beleuchtung jedes einzelnen Raumes zu genügen vermag. Als Beispiele einer noch weiter gehenden Teilung als der unter Benutzung der bisher erwähnten Prismen erzielten, mag endlich auf die Einschaltung der Prismen H und U in der Figur verwiesen werden, um darzutun, in welch hohem Grade der von den Erfindern eingeschlagene Weg es ermöglicht, den Besonderheiten einer Hauseinrichtung mit der Beleuchtung gerecht zu werden.

Für die Dämpfung des Lichts oder das Abstellen desselben in bestimmten Räumen haben die Erfinder die Linsen-Apparate in bewegliche Gestelle gelegt, und je nach der Lage, in welche man diese Gestelle durch angebrachte Zugschnüre versetzt, wird die Beleuchtung mehr oder weniger intensiv bzw. auch ganz abgedunkelt sein.

Das neue System ist an den Fall, dass die Lichtproduktion im selben Gebäude stattfindet, keineswegs gebunden, da selbstverständlich durch dieselben Mittel, mit welchen man die Verteilung des Lichts im Gebäude bewirkt, auch die Zuführung zu denselben von einer entlegenen Quelle aus bewirkt werden kann. Röhrenleitungen, Prismen und Linsen, diese relativ einfachen Hilfsmittel, würden ausreichend sein, von einem Zentralpunkt aus einer beliebigen Anzahl von Gebäuden beliebige Mengen elektrischen Lichts in genau abzumessenden und kontrollierbaren Quantitäten (die Größe der Prismen bietet den einfachen Maßstab der durchgehenden Lichtmengen) und zu beliebigen Zeiten zuzuführen — wenn nicht ein einziger kleiner Umstand, der beträchtliche Verlust an Licht, der beim Durchgang durch die Prismen und Linsen entsteht, dieser theoretischen Möglichkeit gewisse (und nach unserer Meinung ziemlich eng liegende) Grenzen zöge. Dieser Umstand ist ausreichend, um dem neuen, interessanten System die Konkurrenz mit der Gasbeleuchtung zu verbieten, während er zweifellos in Einzelfällen kein Hindernis sein wird, jener das Terrain streitig zu machen.

Es ist nicht zu übersehen, dass das neue System frei von jeglicher Feuersgefahr ist, ein Vorzug, der dasselbe für Beleuchtung besonderer Lokalitäten, wie z. B. Fabriken, in denen Zündstoffe oder leicht brennbare Waren angefertigt werden, Pulvermagazine, chemische Laboratorien etc. geradezu unschätzbar macht und der demselben in Einzelfällen auch wohl Eingang bei der Hausbeleuchtung verschaffen könnte.

Andererseits ist nicht unbemerkt zu lassen, dass für Letztere die erforderlichen offenen Rohrleitungen, als wirksame Mittel um Geräusch und Sprachlaute von einem Raum in einen anderen zu übertragen, eine üble Zugabe bilden. Jedenfalls indessen bietet die neue Erfindung ein Mittel, welche dem heutigen Zeitbedürfnis nach ›mehr Licht‹ in einer gewissen Art und Weise und bis zu einer gewissen Grenze entgegen kommt.

• Auf epilog.de am 7. Februar 2023 veröffentlicht

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