VerkehrSchifffahrt

Berliner Wasserstraßen

Schleuse Neukölln wieder rund um die Uhr passierbar

tvi.ticker • 8. Oktober 2001

Die Schleuse Neukölln wurde am Donnerstag, den 11. Oktober 2001, mit wesentlichen Verbesserungen für die Schifffahrt wieder eröffnet. Das völlig marode Bauwerk ist in den letzten zwölf Monaten gründlich instand gesetzt und automatisiert worden. Aufgrund der Automatisierung wird der Schifffahrt nun ein kostenfreier 24-Stunden-Betrieb angeboten.

Stadtentwicklungssenator Peter Strieder: »In der Vergangenheit haben Schleusenmeister werktags von morgens bis abends die Schleuse bedient und Schleusengebühren kassiert. Zukünftig können nun die Schifffahrtstreibenden durch die computergesteuerte Automatisierung die Schleusungsvorgänge selbst abwickeln. In Neukölln kann nunmehr rund um die Uhr und sogar an Sonn- und Feiertagen geschleust werden und das kostenlos. Die Berufsschifffahrt wird sogar per Handy oder über Funk den Schleusungsvorgang durchführen können. Mit der Instandsetzung und Automatisierung wurde aus dem abbruchreifen Bauwerk wieder eine standsichere und voll funktionstüchtige Schleuse, die nun viele weitere Jahrzehnte ihren Dienst verrichten wird.«

Der Neuköllner Schifffahrtskanal wurde in zwei Teilabschnitten 1902/05 und 1912/14 zur Trockenlegung und Entwässerung der benachbarten Siedlungsgebiete gebaut. Die Funktion als Schifffahrtskanal stand erst an zweiter Stelle. Zum Überwinden des Wasserspiegelunterschiedes zwischen dem Teltowkanal und dem Landwehrkanal wurde die Schleuse Neukölln vor 90 Jahren als Kesselschleuse mit einer Länge von 67 m, einer Kammerbreite von 27,40 m und einer Torbreite von 8,50 m gebaut. Die Tore und Schütze zum Füllen und Entleeren der Schleusenkammer wurden damals von den Schleusenmeistern per Hand auf- und zugefahren. Erst 1959/60 wurde die Schleuse elektrifiziert, wurden die Tore und Schütze mit Motoren ausgerüstet sowie Signal- und Beleuchtungsanlagen aufgestellt. Ab 1968 wurde die Schleuse im neu gebauten Schleusenmeistergebäude von einem zentralen Bedienungsstand aus geführt.

Die Wasserspiegeldifferenz zwischen dem Ober- und Unterwasser der Schleuse ist mit maximal 50 cm gering, so dass schon häufiger über den Wegfall der Schleuse diskutiert wurde. Aber ohne die Schleuse Neukölln würde der Wasserspiegel im nördlichen Teil des Neuköllner Schifffahrtskanals und im Landwehrkanal um einen halben Meter steigen. Damit würden die meisten Fahrgastschiffe nicht mehr unter sehr niedrigen historischen Brücken hindurchkommen. Und durch den entsprechenden Anstieg des Grundwasserspiegels würden die Bäume im Tiergarten absterben und die Keller der benachbarten Häuser vernässen.

Bisher wurde die Schleusenkammer durch unter Wasser liegende Öffnungen gefüllt oder entleert. Im Zuge der Instandsetzung wurde auf dieses aufwendige Füllsystem verzichtet. Das Füllen und Entleeren der Schleusenkammer erfolgt jetzt direkt durch den Spalt, der entsteht, wenn die beiden Torflügel auseinandergezogen werden. Dabei rauscht das Wasser wie bei einem kleinen Wasserfall zwischen den Torflügeln hindurch.

Dieses einmalige Füllsystem wurde durch die Verwendung modernster Antriebstechnik mit Elektrohubzylindern und der vorhandenen geringen Wasserspiegeldifferenz möglich. Durch den Wegfall der Schütztafeln und -antriebe in den Torflügeln konnten insgesamt rund 500 000 DM eingespart werden. Selbst für kleine Sportboote ergibt sich durch die Füllung mit dem Wasserfall keinerlei Gefahr durch den in die Schleusenkammer laufenden Schwall.

Die Selbstbedienung durch die Kapitäne erfordert hohe Sicherheitsvorkehrungen. Im Betriebsablauf sind Sicherheitszeiten eingerichtet und in den Torbereichen Laser-Scanner angeordnet, damit kein Schiff zwischen den Schleusentoren eingeklemmt wird. Als Nachteil sind die jeweiligen Schleusungen gegenüber früher etwas langsamer geworden, aber Sicherheit geht vor. Beim Probebetrieb hat sich gezeigt, dass einige Bootsführer trotz roten Signals in die Schleusenkammer ein- oder ausfahren. Dieses führt zum sofortigen Stillstand der Schleuse und muss aufwendig durch einen Störungsdienst beseitigt werden. Die Schleuse wird mit Videokameras rund um die Uhr überwacht, wobei alle Vorgänge aufgezeichnet werden. So können Unfälle, Havarien, Sachbeschädigungen oder auch die Durchfahrt bei rotem Signal ausgewertet werden. Am Schleusengebäude befindet sich eine Notrufsäule mit einer Direktleitung zur Wasserschutzpolizei, die kurzfristig weitere Hilfe organisiert.

Seit etwa zehn Jahren wurden an der Schleuse aufgrund immer öfter auftretender Ausfälle und Reparaturen umfangreiche Bauwerksprüfungen durchgeführt. Fast alle Bauteile der Schleuse waren marode. Die Lager und Antriebe der Tore waren verschlissen, die stählernen Tore stark verrostet, die elektrische Ausrüstung zu schwach und der Beton der Schleusenwände bröckelte an vielen Stellen. Aufgrund des schlechten baulichen Zustandes empfahlen mehrere Gutachten einen Neubau der Schleuse für etwa 35 Mill. DM. Bei der anstelle eines Neubaus erfolgten Grundinstandsetzung wurden neue Lager, Antriebe, Tore, elektrische Ausrüstung mit Computersteuerung, Lichtsignal-, Pegel- und Luftsprudelanlagen sowie die bereits erwähnten Automatisierungsteile für 3,5 Mill. DM eingebaut.

• Quelle: Landespressedienst Berlin

• Auf epilog.de am 8. Oktober 2001 veröffentlicht

Reklame