Bau & Architektur – Brücken
Die Rheinbrücke zu Köln
Die Gartenlaube • 1855
Schon seit längerer Zeit war man in Köln mit dem Plan zum Bau einer stehenden Brücke über den Rhein umgegangen. Man übersah nicht die großen Schwierigkeiten eines solchen Unternehmens, man erkannte aber auch die Vorteile nicht nur für die Bewohner der Stadt selbst, sondern auch für die der Rheinlande, die aus der Vereinigung der rheinischen Landesteile, welche Jahrhunderte lang durch den mächtigen Strom voneinander getrennt wurden, notwendig hervorgehen müssen.
Nach langen Verhandlungen genehmigte endlich der König von Preußen durch Kabinettsorder vom 4. Dezember 1854 den vom Wasserbauinspektor Wallbaum entworfenen Plan, dem zufolge die Brücke nach dem nordamerikanischen Konstruktionssystemem von Ithias Town, dem sogenannten Townschen Lattice work-system, mittels eichener Gitterwände, die auf gemauerten Pfeilern ruhen, ausgeführt wird. Es werden vier doppelte Gitterwände von 8 m Höhe nach der Länge der Brücke aufgestellt und von zwei Land- und drei Strom- oder Mittelpfeilern getragen werden. Zwischen diesen Pfeilern bleiben vier Durchflussöffnungen von je 95 m lichter Weite. Die Mittelpfeiler werden von Tafelbasalt hergestellt. Ihre Fundamente werden 35 m Länge und 9½ m Breite, die Pfeiler selbst aber in der Höhe der Brückenbahn eine Länge von 30 m und eine Breite von 6 m erhalten. Ähnlich werden auch die Landpfeiler ausgeführt; sämtliche Pfeiler aber erhalten zu beiden Seiten der Fahrbahn Türme, von denen die der Mittelpfeiler in zylindrischer Form bei 4½ m Durchmesser, 16 m hoch und die der Landpfeiler in quadratischer Grundform 20½ m hoch über die Fahrbahn entworfen sind. Diese Türme, an Zahl zehn, werden in mittelalterlichem Stil mit Zinnen-Bekrönung, Erkern etc., errichtet und dem ganzen Bauwerk ein höchst freundliches Ansehen geben.
Die Längenangaben und andere Maße des Originaltextes wurden in das metrische System umgerechnet.Die Gitterwände bilden die Hauptkonstruktionsteile in dem hier zur Anwendung kommenden System; in ihnen ruht alle Tragkraft, und von ihrer größeren oder geringeren Widerstandsfähigkeit hängt daher die Tragfähigkeit der Brücke ab. Ihre Zahl beträgt acht, die vier Doppelwände bilden, und in allen ihren Verbindungen rein aus Schmiedeeisen hergestellt werden. Fahr- und Fußwege werden durch einen 15 cm starken Bohlenbeleg gebildet.
Um zugleich das neue System in seinen Hauptzügen darzulegen, wollen wir über die Konstruktion dieser Gitter Folgendes bemerken: Die Gitter sollen mit kräftig konstruierten Rahmen versehen und behufs Herstellung einer tüchtigen Querverbindung der vier Doppelwände, um sie gegen Schwankungen vollkommen zu sichern, in Entfernungen von 45 cm zu 45 cm, sowohl an ihren oberen als an ihren unteren Teilen durch starke eiserne Gurtungen fest mit einander verbunden werden. Durch die Anordnung dieser Querverbindungen im Terrain mit horizontalen Diagonalverstrebungen werden die Gitterwände zu einem festen unverrückbaren Ganzen so verbunden, dass eine nachteilige horizontale Ausbiegung fast zu den Unmöglichkeiten gehört. Die acht Gitter werden aus 10 cm breiten, durchschnittlich 1 cm starken schmiedeeisernen Stäben in der Weise zusammengesetzt, dass dieselben unter einem Winkel von 45° sich gegenseitig kreuzen und an den Überkreuzungspunkten mittels Nietbolzen ihre feste Verbindung erhalten. Die Entfernung dieser Stäbe soll von Mitte zu Mitte 42½ cm betragen, wodurch in den Gittern 32½ cm im Quadrat große Öffnungen (Maschen) entstehen.
Die Länge der Brücke beträgt über die Stromfläche, d. h. zwischen den Ufermauern, 393 m und mit ihrer Verlängerung auf den Werften, ausschließlich der Auffahrten, 503 m, ihre Breite 18,3 m, wovon 12,8 m für drei Fahrwege und 3 m für zwei außerhalb der Gitterwände befindliche Fußwege berechnet sind. Die noch übrig bleibenden 2,5 m werden von den vier Gitterwänden eingenommen, wovon die beiden mittleren die Fahrwege voneinander trennen. Der nördlich gelegene dieser Fahrwege erhält ein Schienengleis zur Verbindung der rechtsrheinischen mit der linksrheinischen Eisenbahn; die beiden andern Wege sind für das gewöhnliche Fuhrwerk bestimmt.
Den Gitterwänden, so wie überhaupt dem ganzen, den Strom überspannenden Brückenkörper zum Schluss soll die auf den beiden Landpfeilern zu errichtende steinerne Portale im Stützbogenstil dienen, welche drei Toröffnungen erhalten.
Auf der Kölner Seite wird die Brücke, nachdem sie am Ufer zwei zusammen 40 m weite Öffnungen und außerdem noch zwei Durchfahrten zu beiden Seiten der Stadtmauer in der Richtung des Domtors überspannt, bis zum Frankenplatze fortgesetzt, auf welchem in der Nähe des Direktionsgebäudes der Köln-Mindener Eisenbahn die Auffahrt zur Brücke beginnt. Auf dem andern Ufer, wo die Brücke gleich unterhalb des Köln-Mindener Bahnhofs beginnt, wird der Schienenweg von der Brücke über einen Viadukt mit geringer Biegung in südöstlicher Richtung zum Anschluss an die Köln-Mindener Eisenbahn weiter geführt, wogegen die für Fuhrwerk und Fußgänger anzulegende Rampe innerhalb der Festungsmauer sich fast in einem rechten Winkel nach Süden wendet.
Nach dem Voranschlag betragen die Baukosten der Brücken mehr als 2½ Mill. Taler; es werden dabei 5570 t Schmiedeeisen und 190 t Pfund Gusseisen zur Verwendung kommen.