U-Bahn in Berlin

Neue Berliner Untergrundbahnhöfe in Charlottenburg und Zehlendorf

Von Alfred Grenander

Zentralblatt der Bauverwaltung • 25.6.1930

Voraussichtliche Lesezeit rund 9 Minuten.

Die hier gezeigten, im Laufe der beiden letzten Jahre entstandenen Bahnhofe werden dadurch gekennzeichnet, dass sie für ausgesprochenen Massenverkehr bestimmt sind. Der Bahnhof Ruhleben hat den Verkehr der benachbarten Rennbahn zu bewältigen. Er ist außerdem erster Abschnitt der Verlängerung der ältesten Ost-Weststrecke des Berliner Schnellbahnnetzes zum Anschluss des stark bevölkerten Industriebezirks Spandau. Die Strecke, die bisher – als Untergrundbahn gebaut – mit dem Bahnhof Stadion endete, wird als Dammbahn weitergeführt.

Bahnhof Ruhleben - Schnitt und GrundrissBahnhof Ruhleben. Schnitt und Grundriss.

Die Bahnhofsräume sind in den Dammkörper hineingebaut und in der Richtung der Streckenachse entwickelt. Die Eingangshalle ist von den Hauptzubringerstraßen her, beiderseits des Dammes, zugänglich und verteilt den Benutzerstrom über zwei zweiarmige Treppen auf die Länge des Bahnsteiges (110 m). Dieser ist in der Mitte 11,30 m, an den Enden 8,0 m breit, so dass die Gleise an den Bahnsteigenden eine flache Kurve bilden. Ihr eindrucksvoller Linienzug wiederholt sich in der Kontur des hölzernen Schutzdachs, das von ein- bzw. zweistieligen Kragträgern getragen wird. Über den Einschnitten der beiden zweigeteilten Treppenmündungen und an den Bahnsteigenden sind zwischen Dach und Bahnsteig Einbauten mit Betriebs- und Aufenthaltsräumen eingeschaltet. Die weißen Keramikplatten der Außenwände setzen sich als glatte Brüstungsmauern der Treppenöffnungen fort, die Längenwirkung des Bahnsteigs unterstreichend. Sie übersetzen das Leichte und Knappe der Überdachungskonstruktion in Stein und leiten über zur gemauerten Eingangshalle innerhalb des Bahnkörpers. Deren Wände und Pfeiler sind, ohne alles formale Beiwerk, mit den gleichen weißen Keramikplatten bekleidet. In Zusammenwirkung mit den großen, in Eisenrahmen verglasten Tür- und Fensteröffnungen entsteht so ein Verkehrsraum, völlig neutral auf Funktionserfüllung abgestellt und doch von eigenartigem Reiz in seiner geschmeidig-straffen Fassung.

Bahnhof Ruhleben NordseiteBahnhof Ruhleben. Nordseite.
Überführung am Bahnhof RuhlebenÜberführung am Bahnhof Ruhleben.
Bahnhof Ruhleben SüdseiteBahnhof Ruhleben. Südseite.
Bahnhof Ruhleben BahnsteigBahnhof Ruhleben. Bahnsteig.
Bahnhof Ruhleben SüdseiteBahnhof Ruhleben. Südseite.
Bahnhof Ruhleben EingangshalleBahnhof Ruhleben. Eingangshalle.
Bahnhof StadionBahnhof Stadion.

Im Zusammenhang mit der Verlängerung der Strecke bis Ruhleben erfuhr der Bahnhof Stadion [Olympia-Stadion] einen durchgreifenden Umbau. Er war ohnehin nötig zur Bewältigung des Massenverkehrs anlässlich der großen sportlichen Veranstaltungen auf der Rennbahn Grunewald und im Stadion, dem sportlichen Sammelpunkt Berlins. In dem neuen Empfangsgebäude werden zugleich die umfangreichen Zugsicherungs- und Signalanlagen für den unmittelbar anschließenden Betriebsbahnhof Grunewald eingebaut. Aus diesem Raumprogramm entwickelte sich ein langgestreckter, dreigeschossiger Baukörper, der – senkrecht zur Streckenrichtung – im mittleren Geschoss (Straßenhöhe) von der Haupthalle in ganzer Länge durchzogen wird. Von ihrer südlichen Längsseite führen drei Treppen auf die Mitte der drei Bahnsteige, an die fünf Gleise angeschlossen sind. An der zu einem Vorplatz erweiterten Zugangstraße biegt sich die Kopfseite der Eingangshalle aus, entsprechend dem konzentrischen Einströmen der Benutzer, die bei großem Andrang die Fahrkarten an 12 Schaltern auf dem Vorplatz lösen. Die Gesamtform des Gebäudes umschreibt knapp und eindringlich den in der Haupthalle konzentrierten Verkehrsorganismus. Das Äußere, mit Klinkern verblendet, ist fertiggestellt, der innere Ausbau fehlt noch.

Bahnhof Stadion - Schnitt und GrundrissBahnhof Stadion. Schnitt und Grundriss.
U-Bahnhof StadionBahnhof Stadion

Die Bahnhöfe Onkel Toms Hütte und Krumme Lanke sind die beiden Hauptpunkte der im Jahr 1929 nach Südwesten verlängerten, in Richtung Zehlendorf ziehenden Strecke, die hier als Einschnittbahn gebaut ist. Neben einem sehr starken Ausflugsverkehr dient sie der Erschließung neuer Wohngebiete für über 30 000 Menschen, deren Ansiedlung bereits in großem Umfang begonnen hat.

Bahnhof Onkel Toms Hütte - BahnsteighalleBahnhof Onkel Toms Hütte. Bahnsteighalle.
Bahnhof Onkel Toms HütteBahnhof Onkel Toms Hütte.

Die Form des Bahnhofs Onkel Toms Hütte ergab sich aus seiner Lage zwischen zwei großen Ausfallstraßen, die er mit zwei symmetrisch den eigentlichen Bahnsteig abschließenden Eingangsgebäuden erfasst. Der Bahnsteig ist bei 11 m Länge 9 m breit und seitlich bis zu zwei Drittel der Höhe durch Bretterwände abgeschlossen. Ein Satteldachoberlicht in der ganzen Länge sichert eine genügende Beleuchtung, wenn die beiderseitig angrenzenden Grundstücke – wie vorgesehen – später bebaut sein werden.

Bahnhof Krumme Lanke - EingangsseiteBahnhof Krumme Lanke. Eingangsseite.
Bahnhof Krumme Lanke - EingangshalleBahnhof Krumme Lanke. Eingangshalle.
Bahnhof Krumme LankeBahnhof Krumme Lanke.

Der Bahnhof Krumme Lanke wiederholt das Eingangssystem von Bahnhof Stadion, jedoch liegen Hallenlängsachse und Streckenachse in gleicher Richtung. Der Bau ist eingeschossig und außen verputzt. Die Haupthalle ist gegen die beiderseitig anschließenden Räume überhöht und erhält Seitenoberlicht über dein Vordach, das die Grundform der Halle und ihre Funktion wirkungsvoll vorbereitet. Der Innenraum ist mit hellgrünen Keramikplatten ausgekleidet. Die großen, in Eisenrahmen verglasten zusammenhängenden Türöffnungen beziehen das Bild der freien Landschaft ein. Alles ist licht und leicht, auf restlose Zweckerfüllung bedacht, dabei eindrucksvoll in der Geschlossenheit der räumlichen Wirkung.

Entnommen aus dem Buch:
Nach der Eröffnung der Berliner Hoch- und Untergrundbahn 1902 war das Interesse der gut situierten westlichen Berliner Vororte an einem Schnellbahnanschluss geweckt. Selbstbewusst und mit der Unterstützung finanzkräftiger Terraingesellschaften entwickelten die Städte Charlottenburg und Wilmersdorf Pläne für die Erweiterung der Berliner U-Bahn, wobei die Beteiligten teilweise sehr eigenwillige Vorstellungen zur Streckenführung hatten. In diesem Buch schildern ausgewiesene Experten in zeitgenössischen Original-Beiträgen die Entwicklung der Schnellbahnen vom Nollendorfplatz nach Ruhleben, Krumme Lanke und zum Kurfürstendamm zwischen 1906 und 1930. Rund 150 Zeichnungen und Fotos illustrieren dieses Zeitdokument der Berliner Verkehrsgeschichte.
  PDF-Leseprobe € 16,90 | 114 Seiten | ISBN: 978-3-7578-8381-2

• Auf epilog.de am 3. März 2024 veröffentlicht

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