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Straßenbahnen einst und jetzt

Liebig-Sammelbilder • 1915

Voraussichtliche Lesezeit rund 5 Minuten.

Die Liebig-Sammelbilder waren Werbe-Beigaben zum gleichnamigen Fleischextrakt. Ab den 1870er Jahren entstanden mehrere tausend Motive zu allen nur erdenklichen Themen.

Die erste Straßenbahn in Yokohama (1875).

Mit dem Zunehmen des städtischen Straßenlebens entstanden die Straßenbahnen, die bestimmt sind, den Personenverkehr innerhalb des Weichbildes der Städte zu erleichtern. Ihre Wagen laufen meist auf Schienen, was die Fortbewegung bei größerer Belastung sehr erleichtert. Freilich hatten die ersten Straßenbahnwagen weder die Größe noch die elegante Ausstattung der heutigen. Eine der eigenartigsten Straßenbahnen besaß Yokohama. Sie bildete für das ärmere Volk einen Ersatz für die teurere Rikscha, ein leichtes Wägelchen für eine Person, und wurde gleich dieser von ausdauernden Läufern fortbewegt. Ihre eng vergitterten Fenster stehen in auffallendem Gegensatz zu den Spiegelscheiben der heutzutage in der ganzen Welt gebräuchlichen Salonwagen.

Pferdebahn in Neapel.

In der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts wurden in fast allen größeren Städten Straßenbahnen eingeführt, die von Pferden gezogen wurden. Solche Pferdebahnen sind bis heute an kleineren Orten in Betrieb geblieben, aber auch einige Großstädte wie Neapel haben sie neben den elektrischen Bahnen beibehalten. Das geschah, weil die Pferdebahnen in dem Menschengewühl ungefährlicher sind, und außerdem bei dem durchweg guten Pflaster leicht aus den Schienen und wieder hineinfahren können.

Die elektrische Straßenbahn in Paris.

Einen gewaltigen Umschwung im Verkehrswesen brachte die Aufnahme des elektrischen Betriebes bei den Straßenbahnen. Der Dampfwagen hatte sich wegen seiner Rauchentwickelung als wenig geeignet für die Benutzung im Innern der Städte erwiesen; auch wurde er an Schnelligkeit durch den elektrischen Wagen bedeutend überholt. So wurden fast sämtliche Straßenbahnen der Welt binnen wenigen Jahren für elektrischen Betrieb eingerichtet. Unter den verschiedenen Arten der Stromzuführung ist die unterirdische zwar teurer als die vermittelst einer Oberleitung, aber dafür auch weniger störend im Straßenbild, dem die Drahtnetze gerade nicht zur Zierde gereichen. Unser Bildchen zeigt einen Wagen der großen Pariser Straßenbahn, die unterirdische Stromzuführung hat.

Eine Dampfstraßenbahn.

Im letzten Drittel des vorigen Jahrhunderts führte man namentlich in Industriebezirken die Dampfstraßenbahn ein. Solche Bahnen haben den Vorzug größerer Schnelligkeit aber auch den Nachteil starker Rauchentwickelung. Immerhin bedeuteten sie einen Fortschritt gegenüber dem Pferdebahnbetrieb der vorhergehenden Zeit und wurden das gegebene Verkehrsmittel der Landstraße. Sie ergänzten in ihren Gebieten die Eisenbahn und beförderten außer Personen auch Güter schnell von Ort zu Ort.

Abfahrt des Personenautomobils aus Terni. Porta Garibaldi.

Eine bemerkenswerte Automobilverbindung ist 1912 in der italienischen Provinz Umbrien eröffnet worden. Die Motorwagen laufen von Terni, das sie an der Porta Garibaldi verlassen, unter Überwindung starker Steigungen bis Leonessa, 1000 m und Cascia, 960 m über dem Meer. Die Strecke führt in einer Länge von 70 km an den berühmten Marmorkaskaden bei Terni und anderen hervorragend schönen Punkten Umbriens und der Abruzzen vorbei.

Die elektrische Hochbahn in Berlin.

Der ständig zunehmende Wagenverkehr der Großstädte führte zu dem Gedanken, die Straßenbahnen vom Straßendamm zu entfernen und auf eigener Strecke hoch darüber hinwegzuführen. Ein solches Verkehrsmittel besitzt Berlin in seiner Hochbahn, die wir in unserem Bilde veranschaulicht sehen, und zwar an einem in verkehrstechnischer Hinsicht wichtigen Kreuzungspunkt, wo ihr Weg sich mit dem der anhaltischen Eisenbahn, einer Straße und einem Kanale kreuzt. Die Hochbahn setzt auf freitragender Brücke über alle Hindernisse hinweg und wird dadurch zu einer der schnellsten aller Beförderungseinrichtungen der Großstadt.

• Auf epilog.de am 21. April 2024 veröffentlicht

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