VerkehrSchifffahrt

Entwurf einer geneigten Ebene für den
Donau-Oder-Kanal in Österreich

Zentralblatt der Bauverwaltung • 29.2.1896

Voraussichtliche Lesezeit rund 11 Minuten.

Die Frage einer Verbindung der Oder mit der Donau durch eine leistungsfähige Wasserstraße steht in Österreich schon seit einer langen Reihe von Jahren auf der Tagesordnung. Die große wirtschaftliche Bedeutung einer solchen Verbindung für Österreich und, bei einer Verlängerung des Schifffahrtsweges bis zur kanalisierten Strecke der Oder, auch für Preußen liegt auf der Hand. Zu Anfang der 1870er Jahre war die Ausführung dieses Schifffahrtskanals auf österreichischem Gebiet durch die Anglo-öster­reichi­sche Bank bereits in sichere Aussicht genommen, als im letzten Augenblick geldliche Schwierigkeiten die Ausführung hinderten. Der Kanal sollte nach dem Entwurf des Professors Oelwein an der preußischen Grenze in der Nähe von Oderberg seinen Anfang nehmen, zunächst das Odertal, dann nach Überwindung der Wasserscheide zwischen Oder und Beczva das Tal der letzteren und schließlich das Marchtal verfolgen. Zur Überwindung der Höhenunterschiede, die zwischen der Donau und der Scheitelhaltung rund 140 m, zwischen dieser und der Oder rund 85 m betragen, war die Erbauung von 85 Schleusen geplant.

Nach dem ersten Scheitern der Ausführung zeigte sich die österreichische Regierung zu einer solchen aus Staatsmitteln nicht geneigt, dagegen erklärte sie, bezüglichen privaten Unternehmungen jede mögliche Förderung angedeihen lassen zu wollen. Es verging indes eine Reihe von Jahren, ehe sich eine Gesellschaft ernstlich daran wagte, das Unternehmen der Verwirklichung entgegen­zuführen. Im Jahr 1891 entschloss sich die französische Bauunternehmer-Firma Hallier & Dietz-Monnin zu einer eingehenden Neubearbeitung des Entwurfs und beauftragte den inzwischen verstorbenen Chefingenieur Peslin mit der Oberleitung der Entwurfsarbeiten. Eine Entscheidung über das Schicksal des im Jahr 1893 fertiggestellten und der österreichischen Regierung eingereichten neuen Entwurfs ist bisher noch nicht erfolgt. Die Linienführung des Kanals stimmt mit derjenigen des alten Oelwein­schen Entwurfes im Wesentlichen überein. Er unterscheidet sich von letzterem dadurch, dass seine Abmessungen etwas größer gewählt sind, so dass er von Schiffen mit 650 t Tragfähigkeit benutzt werden kann, namentlich aber dadurch, dass die Überwindung der Höhenunterschiede statt durch zahlreiche Schleusen durch sieben geneigte Ebenen bewirkt werden soll. Der größte Höhenunterschied, dessen Überwindung mittels einer geneigten Ebene beabsichtigt wird, beträgt 43,5 m, die Neigung der Ebenen im Durchschnitt 1 : 25. Der Entwurf der letzteren hat, wie es bei der Wichtigkeit der Sache auch natürlich ist, in den Kreisen der österreichischen Ingenieure und namentlich im österreichischen Ingenieur- und Architekten-Verein zu lebhaften Meinungsäußerungen für und wider Anlass gegeben. Er bietet in mehrfacher Beziehung Bemerkenswertes, so dass eine kurze Besprechung, für welche die Unterlagen der Zeitschrift des österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereins entnommen sind, auch an dieser Stelle um so mehr am Platze sein dürfte, als die Frage der künstlichen Schiffshebung für den Ausbau des deutschen Kanalnetzes von hervorragender Bedeutung ist.

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• Auf epilog.de am 16. September 2025 veröffentlicht

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