Berlin-Potsdamer Eisenbahn

An die Direktion der Potsdamer Berliner Eisenbahn

Leserbrief • Juni 1839

Am 22sten Juni a. c. fuhren wir morgens um 7 Uhr mit Dampfkraft à 7½ Sgr. von Berlin nach Potsdam.

Wir hatten kaum den halben Weg zurückgelegt, als uns ein bedeutendes Gewitter, mit sehr heftigem Regen begleitet, überraschte. Vergebens suchten wir uns in dem zugemachten Wagen trocken zu erhalten, denn die Vorhänge der beiden Seiten und die Decke des Wagens war in einem solchen schlechten Zustande, dass wir ganz durchnässt in Potsdam ankamen. Keine Schnalle, kein Riemen an den Seitenwänden war ganz oder im brauchbaren Zustande, um uns doch wenigstens in etwas vor dem Unwetter zu sichern. In unserer Gesellschaft befanden sich mehrere Damen, welche nun in dem Wagen ihre Sonnenschirme aufspannten, wodurch denn die nebensitzenden Personen die Nässe und Kühle des Regens durchdringend in einem doppelten Maße fühlten. Von allen, sage allen, Seiten hörte man nun beim Aussteigen mit Recht ganz gegründete Vorwürfe und Raisonnements über die so schlechte Ordnung.

Damen, welche helle Kleider trugen, hatten nicht allein mit dem Regen zu kämpfen, sondern beim Aussteigen fand es sich, dass die Bänke seit langer Zeit nicht vom Staube gereinigt sein mussten, denn die armen zarten Wesen glaubte man nicht aus dem Schaum des Meeres, sondern aus einem Aschenkruge gebildet zu sehen. Wir können aus dem Grunde nicht unterlassen die ergebene Bitte an die Direktion zu richten, möglichst dafür zu sorgen, dass die Vorhänge dicht geschlossen werden können, die Decke des Wagens wasserdicht ist, die Bänke wenigstens täglich vom Staube gereinigt werden.

Die Direktion wird es uns Dank wissen, sie auf solche Unordnungen aufmerksam zu machen, da sie bei Erfüllung dieser ausgesprochenen Wünsche, nur allein dabei gewinnen kann, wenn nämlich für die größte Ordnung und Bequemlichkeit der Reisenden gesorgt wird.

Im entgegengesetzten Falle würden viele Personen das in Wahrheit ausführen, welches wir an diesem Morgen zu oft hören mussten: »Einmal bin ich gefahren, aber gewiss so bald nicht wieder.«

Wir werden uns freuen, wenn wir gelegentlich einige beruhigende Zeilen von einer wohllöblichen Direktion in den öffentlichen Blättern finden werden.

Mehrere Bürger der Residenz Potsdam.

Antwort der Bahndirektion

Erwiderung auf die in der Beilage des Blatts No 147 dieser Zeitung enthaltene Anzeige an die Direktion der Berlin-Potsdamer Eisenbahn.

Schon längst ist die Direktion zu der Überzeugung gelangt, dass es wünschenswert sei, auch die Wagen dritter Klasse, wie die der ersten und zweiten, mit soliden Decken zu versehen, wovon die neu erbauten Wagen dritter Klasse, die hölzernen Decken und Seitenfenstern erhalten, den Beweis liefern. Sobald diese fertig sind, und sämtlich im Gebrauch sein werden, beabsichtiget man, auch die alten Wagen dritter Klasse so abändern zu lassen, und dem Wunsche der Reisenden entgegen zu kommen. Auf andern Eisenbahnen sind übrigens die Wagen dritter Klasse gar nicht bedeckt, also nicht einmal wie die unsrigen dieser Klasse, durch Pläne von Segeltuch, gegen Funken und Aschenstaub geschützt, indem vorausgesetzt wird, dass die Personen, welche auch den Schutz gegen Wind und Wetter verlangen, in die besseren Wagen erster und zweiter Klasse Platz nehmen werden, woran es auch auf unserer Bahn nicht fehlet.

Hier nächst wird strenge darauf gehalten, dass nach jeder Fahrt, sämtliche Wagen gereinigt werden, welches sich schon aus dem Grunde nötig macht, um die nächsten Reisenden vor Flecken zu bewahren, welche zuweilen durch zurückgelassene zerdrückte Esswaren der früher Beförderten, veranlasst werden könnten. Die gerügte Unreinlichkeit der Bänke kann daher nur durch den unterwegs erzeugten Staub und den darauf gefallenen Regen entstanden sein, wogegen man in den Wagen 1ster und 2ter Klasse sehr wohl geschützt ist.

Der Spezial-Direktor Blankenborn.

• Auf epilog.de am 1. Oktober 1997 veröffentlicht

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