Handel & IndustrieLebensmittelproduktion

Trüffelplantagen

Die Gartenlaube • 1869

Über das Wesen und die Vegetationsbedingungen der Trüffeln hat man lange nichts Rechtes gewusst und namentlich hat der willkürliche Anbau derselben trotz vieler Versuche nicht gelingen wollen. Erst in neuer Zeit ist die Trüffelfrage gelöst, und es gibt nun in Frankreich wirklich Trüffelplantagen und ein sicheres Anbauverfahren. Das letztere ist von den Bauern einiger Gemeinden der Provence entdeckt, lange im Stillen ausgebeutet und ihnen endlich abgelauscht worden. Will man auf dem für die Trüffel allein passenden sterilen, kalkig-kiesigen Boden eine Pflanzung anlegen, so ist außer dem Umhacken des Bodens nichts nötig als Eicheln zu säen von einem Baum, unter welchem recht reichlich Trüffeln wachsen. Die Aussaat geschieht reihenweise in bemessenen Abständen, die Pflanzung wird alljährlich behackt und allmählich, so wie die jungen Eichen heranwachsen, durch Herausnehmen von Bäumchen mehr gelichtet, bis der bleibende Abstand von vier Meter erreicht ist. Im fünften oder sechsten Jahre erscheinen um die Stämmchen die ersten Trüffeln, der Ertrag nimmt dann alljährlich zu, ist am reichlichsten zwischen zwölf und zwanzig Jahren und dauert bis zum Absterben des Baumes. In dem Maße, als die Eiche größer wird und ihre Saugwurzeln weiter nach außen schiebt, erweitert sich auch der Trüffelring, denn nur über dem kleinen Gewürzel wächst der Pilz. Düngung ist zulässig, aber lediglich mit gerbstoffhaltigen Pflanzenteilen, wie Eichen- und Kastanienblättern, den grünen Schalen der lezteren etc. Gießen bei Dürre hat keinen Erfolg gegeben. Die Trüffel, die schwarze nämlich, denn die übrigen, sämtlich geringer geschätzten Sorten werden nicht gebaut, beginnt ihr Wachstum im Mai oder Juni, ist im September schon groß, aber wässerig und fadschmeckend; im November sieht sie marmoriert aus und vom Dezember an reift sie. Sie ist dann schwarz oder violett und entwickelt ihr charakteristisches Parfüm. Der Reifezustand tritt plötzlich, gleichsam über Nacht ein, aber immer nur an einzelnen Knollen, und es zieht sich demzufolge die Ernte bis in den März hinein. Zum Ausnehmen der reifen Knollen bedienen sich die Pflanzer der bekannten professionierten Trüffelsucher mit ihren abgerichteten kleinen Hunden oder Schweinen; indem diese Tiere nur die reifen Stücke markieren, weil die unreifen noch nicht riechen, bleiben die letzteren ungestört. Die Trüffelbeete selbst sind so leicht an der kahlen trockenen Beschaffenheit des Erdreichs zu erkennen, dass die zahlreichen Diebe sie auch bei Nacht zu finden wissen; aber da sie für das speziellere Aufsuchen keine vierbeinigen Kundschafter mitbringen können, so hacken sie eben Alles um, stehlen einen Teil und verderben das Übrige.

Entnommen aus dem Buch:
Die ›Zeitreisen‹ knüpfen an die Tradition der Jahrbücher und Zeitschriften ›zur Bildung und Erbauung‹ aus dem 19. Jahrhundert an. Eine bunte Auswahl von Originalartikeln begleitet den authentischen und oft überraschend aktuellen Ausflug in die Geschichte.Kultur- und Technikgeschichte aus erster Hand, behutsam redigiert, in aktueller Rechtschreibung und reichhaltig illustriert.
  PDF-Leseprobe € 14,90 | 148 Seiten | ISBN: 978-3-7562-0128-0

• Auf epilog.de am 29. Oktober 2021 veröffentlicht

Reklame