Verkehr – Fernmeldewesen
Der Telegraf
Pfennig Magazin • 8.3.1834
Obgleich der Telegraf nur erst seit 40 Jahren im Gebrauch ist, so darf man ihn doch keineswegs für eine Erfindung der neuesten Zeit halten. Denn dass man sich irgendeiner Art desselben schon zu der Zeit der Zerstörung von Troja bedient haben müsse, geht daraus hervor, dass dieses wichtige Ereignis in Griechenland bekannt war, ehe die Nachricht durch einen Boten angelangt sein konnte. Eine Szene in einem griechischen Schauspiel scheint dies anzudeuten, wo ein Wächter von einem Turme in Griechenland herabsteigt und jene Begebenheit mit den Worten hinterbringt: » – zehn Jahre hindurch habe ich gelauert, um zu sehen, wenn es glücken würde, und diese Nacht ist es geschehen.«
Die früheste Art der Verbreitung von Nachrichten mag wohl in dieser Hinsicht durch brennende Holzstöße gewesen sein, die auf den höchsten Gegenden angezündet wurden. Doch kann diese Methode nicht anders, als höchst mangelhaft gewesen sein, da sie natürlich durch das vorher verabredete Zeichen nur die Nachricht von irgendetwas Erwartetem geben konnte, nie aber die geringste Kenntnis von unvorhergesehenen Ereignissen und von Nebenumständen.
Zu verschiedenen Zeiten wurden verschiedene Versuche gemacht, jedoch erhielt man, so geistreich auch mehrere Arten erfunden waren, durch keine eine völlig genaue Bestimmtheit der Nachrichten, bis zu der Zeit der französischen Revolution, im Jahr 1793. Da trat ein Mann, Namens Chappe, auf, der einen Telegrafen in folgender Weise erfand: es war auf dem Dach des Louvre zu Paris, wo die erste Station war, ein Balken errichtet. Auf dessen Spitze nun waren zwei Arme in schräger Richtung, denen man durch einen einfachen Mechanismus mit der größten Schnelligkeit eine Richtung, welche man nur immer wollte, geben konnte. Der Erfinder bestimmte nun eine Anzahl von Stellungen dieser Arme, welche die Buchstaben des Alphabets bezeichnen sollten; jedoch beschränkte er sie auf sechzehn, indem er einige nicht notwendige derselben überging. So genau war aber der Mechanismus, dass die Maschine kein Haarbreit von der Richtung eines bestimmten Zeichens abweichen konnte.
Hatte nun Chappe auf dem Louvre irgendeine Nachricht, welche verbreitet werden sollte, erhalten, so gab er erst der nächsten Station auf dem Montmartre ein bekanntes Zeichen, sich bereitzuhalten, diese wieder dasselbe der nächsten, und so fort, dass in kurzer Zeit die ganze Linie bereit war, die Nachricht zu empfangen und weiter zu befördern. Nun erhielt der Wärter, der sich mit seinem Teleskop auf dem Montmartre befand, die Nachricht Wort für Wort, Buchstaben für Buchstaben, und wiederholte sie mit seinem Telegrafen dem nächsten, so dass sie mit unglaublicher Schnelligkeit bis zur letzten Station zu Lille gelangte.
In Frankfurt wurden 2 Modelle von diesem Telegrafen gefertigt und dem Herzog von York geschickt; auf diese Art kam Plan und Alphabet der Maschine nach England. Nach mehreren Versuchen, die in diesem Land damit angestellt wurden, kam endlich ein Telegraf vom Sitz der Admiralität aus bis an die Seeküste zustande.
Auch im preußischen Staat hat man seit dem vergangenen Jahr die Errichtung von Telegrafenlinien, vorläufig indes nur die eine, von Berlin aus bis an den Rhein bei Koblenz, begonnen. Der erste Telegraf in Berlin, aus dem stattlichen Turm der ehemaligen Sternwarte auf der Dorotheenstraße angebracht, begann seine Bewegungen schon seit Anfang dieses Jahres spielen zu lassen. – Übrigens nähern sich die preußischen Telegrafen in ihrer Einrichtung mehr den englischen Küstentelegrafen, als den französischen und haben vor letzteren den Vorzug, dass sie mit kleineren Zwischenräumen aufgestellt sind, also bei trübem Wetter nicht so leicht den Dienst versagen. Wie überall sind auch hier vorzüglich hervorragende Hügel oder Turmspitzen für den Telegrafen benutzt.