Forschung & TechnikRaumfahrt

Raumfähre ›Columbia‹

Neuester Stand der technischen Ermittlungen

tvi.ticker • 20. Februar 2003

Voraussichtliche Lesezeit rund 4 Minuten.

Die zur Klärung der Ursachen des ›Columbia‹-Absturzes eingesetzte Untersuchungskommission (CAIB) unter dem Vorsitz von Admiral a. D. Harold Gehman hat die volle Verantwortung für die Ermittlungen übernommen, bei denen ihr mehrere Berater und Fachgremien zur Seite stehen. Sie hat dem Johnson Space Center, dem Kennedy Space Center, dem Marshall Space Flight Center und dem Werk in Michoud (Louisiana), wo die Außentanks für den Raumtransporter gefertigt und zusammengebaut werden, bereits Besuche abgestattet.

Trümmer der Raumfähre ›Columbia‹Foto: NASATrümmer der Raumfähre ›Columbia‹

Die CAIB hat berichtet, dass die während des Wiedereintritts gemessenen Temperaturen im linken Radschacht der ›Columbia‹ vorläufigen Analysen zufolge auf das Eindringen von Plasma hindeuten. Unter Plasma ist das sehr stark aufgeheizte Gas zu verstehen, das die Raumfähre beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre umgibt. Nach Auffassung der CAIB dürfte der Wärmedurchgang durch die Struktur, wie er bei Fehlen einer Hitzeschutzkachel auftreten könnte, allein nicht ausreichen, um den in den letzten Flugminuten registrierten Temperaturanstieg zu erklären. Weitere Analysen würden zu anderen Szenarien unter Annahme eines Durchbruchs durch den Hitzeschild angestellt, der zum Eindringen von Plasma in den Radschacht oder andere Tragflächenbereiche geführt hätte. Flugdaten z. B. über die Position des Fahrwerks sowie der gemessene Luftwiderstand zeigten, dass ein verfrühtes Ausfahren des Fahrwerks unwahrscheinlich ist.

Nach dem Abriss der Sprechverbindung zur ›Columbia‹ traten anscheinend zwei zusätzliche Lageregelungstriebwerke in Aktion, wie aus Daten der anschließenden Sekunden hervorgeht. Es ist bekannt, dass vorher zwei andere Giersteuerungstriebwerke zündeten, um die Kontrolle über die Fluglage wiederherzustellen.

Einer der fünf Hauptcomputer der ›Columbia‹ befand sich unter den Trümmerteilen, die zum Kennedy Space Center gebracht wurden. Der Rechner ist stark beschädigt und seine Batterie unauffindbar. Dieser Rechnertyp hat kein Festplattenlaufwerk, so dass nach Ansicht der Ermittler wenig Aussicht besteht, aus dem Computer zusätzliche Informationen herauszuholen.

Stand der ISS und kurzfristige Planung

Die NASA hat Gespräche mit Rosaviakosmos über die künftige Nachschub- und Mannschaftsablösungsstrategie sowie mit der ESA über eine mögliche Umplanung der Taxi-Flüge mit ESA-Astronauten aufgenommen. Diese Gespräche sind noch nicht abgeschlossen und gehen weiter. Inzwischen setzt die Mannschaft, die bei der nächsten Raumtransportermission zur ISS fliegen sollte, ihre Ausbildung fort; parallel dazu wird eine Mannschaft für den nächsten Sojus-Flug (im April) auf den Fall vorbereitet, dass sie als nächste Expeditionsmannschaft eingesetzt werden soll.

Die gegenwärtige Mannschaft auf der Internationalen Raumstation ist wohlauf und war zuletzt mit folgenden Arbeiten beschäftigt:

  • Gegen Ende der ersten drei Monate an Bord der Raumstation führte die 6. Expeditionsmannschaft wissenschaftliche Experimente durch, verstaute Geräte und sprach mit den Medien. Am 11. Februar wurden die Triebwerke des angedockten Progress-Fahrzeugs 22 Minuten lang gezündet, womit die durchschnittliche Bahnhöhe der Station um rund 9,2 km angehoben wurde.
  • ISS-Wissenschaftler Don Pettit von der NASA nahm unter Anleitung durch Bodeningenieure einen Eingriff am Handschuhkasten der ESA für Schwerelosigkeitsexperimente vor. Letzte Woche wurde ein Stromunterbrecher ausgelöst, als Pettit Ersatzteile einbaute, die das Progress-Fahrzeug angeliefert hatte. Das Gerät ist nun abgeschaltet, bis Fachleute der ESA und der Industrie einen Plan für seine Wiederingangsetzung ausgetüftelt haben.
  • Am 13. Februar aktivierten Pettit und Kommandant Ken Bowersox den kanadischen Manipulatorarm (Canadarm2) der Station und führten eine Reihe komplexer Manöver zur Überprüfung seiner Funktionstüchtigkeit durch.

Quelle: ESA

• Auf epilog.de am 22. Februar 2003 veröffentlicht

Reklame