VerkehrSchifffahrt

Neuer Seenotrettungskreuzer
für die Pommersche Bucht
auf den Namen ›Berthold Beitz‹ getauft

tvi.ticker • 15. Dezember 2017

Voraussichtliche Lesezeit rund 5 Minuten.

Der jüngste Seenotrettungskreuzer der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) heißt ›Berthold Beitz‹. Die Tochter des langjährigen Kuratoriumsvorsitzenden der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung, Bettina Poullain, taufte das 20 Meter lange Spezialschiff am 15. Dezember 2017 im Museumshafen der Hansestadt Greifswald auf den Namen ihres 2013 verstorbenen Vaters. Das Arbeitsboot erhielt den Namen ihrer Mutter, ›Elsa‹. Der auf der Fassmer-Werft in Berne/Unterweser entstandene Neubau ist für die Inselstation Greifswalder Oie östlich von Rügen bestimmt. Er wurde maßgeblich durch Krupp-Stiftung finanziert.

Taufe der Berthold BeitzFoto: DGzRSSK 38 heißt jetzt ›Berthold Beitz‹. Bettina Poullain tauft den neuesten Seenotrettungskreuzer der DGzRS auf den Namen ihres Vaters. Das Arbeitsboot erhält den Namen ihrer Mutter, ›Else‹.

Mit der See fühlte sich Berthold Beitz zeitlebens eng verbunden. Schon als junger Bankangestellter in Stralsund ist er allein nach Hiddensee gesegelt, erinnerte sich Bettina Poullain bei der Taufe. Und die seemännische Ausbildung junger Menschen auf der Krupp’schen Segelyacht war ihm immer ein besonderes Anliegen.

Die ›Berthold Beitz‹ wird das Heimatrevier ihres Namengebers absichern, die Pommersche Bucht. Beitz wurde 1913 in Zemmin südlich von Greifswald geboren. 1953 machte Alfried Krupp von Bohlen und Halbach, der letzte persönliche Inhaber des Unternehmens Fried. Krupp, ihn zu seinem Generalbevollmächtigten. Beitz gestaltete in dieser Funktion den Wiederaufbau des Konzerns maßgeblich mit und wurde zu einem der wichtigsten deutschen Industriemanager der Nachkriegszeit.

Bleibende Verdienste hat sich Beitz aber nicht nur bei dem Unternehmen Krupp erworben: Im Zweiten Weltkrieg setzten er und seine Frau Else ein beeindruckendes Zeichen für Mut und Menschlichkeit. Unter Einsatz des eigenen Lebens rettete Beitz als Leiter eines Ölunternehmens in Polen Hunderten verfolgten Juden das Leben, indem er sie als »unabkömmliche Arbeitskräfte« ausgab. Berthold und Else Beitz wurden vielfach für ihren humanitären Einsatz ausgezeichnet. Die israelische Holocaust-Gedenkstätte Yad Vaschem erklärte das Ehepaar zu »Gerechten unter den Völkern«.

Selbst einmal auf die Hilfe der Seenotretter angewiesen

Alfried Krupp starb 1967. Er hatte testamentarisch bestimmt, dass sein gesamtes Vermögen in eine gemeinnützige Stiftung einfließen soll. Berthold Beitz wurde Vorsitzender des Kuratoriums und der Geschäftsführung der Stiftung. Zentrales Anliegen war es ihm, die Stiftung stets im Sinne Alfried Krupps zu führen und so dessen Vermächtnis zu wahren, sagte Bettina Poullain.

Eingedenk der Begeisterung der Familie Krupp für den Segelsport und vor dem Hintergrund, dass der Schiffbau viele Jahrzehnte lang ein wesentlicher Geschäftsbereich im Unternehmen Krupp war, bewilligte das Stiftungskuratorium unter seiner Führung erstmals 1988 die maßgebliche Finanzierung des Seenotrettungskreuzers ›Alfried Krupp‹ (Station Borkum).

Die Förderung des Neubaus der ›Berthold Beitz‹ ist die größte Einzelförderung der Stiftung im Gedenkjahr 50 Jahre nach Alfried Krupps Tod, betonte die Vorsitzende des Kuratoriums, Prof. Dr. Dr. h. c. Ursula Gather. Damit engagiert sich die Stiftung zum dritten Mal für die ausschließlich durch freiwillige Zuwendungen getragene Arbeit der Seenotretter.

Nach dem Bau der ›Alfried Krupp‹ hatte sie sich 1995 mit einem weiteren namhaften Betrag an der Reparatur dieses Seenotrettungskreuzers beteiligt, nachdem er in einem Einsatz schwer beschädigt worden war. Dabei hatten zwei Seenotretter ihr Leben verloren. Bettina Poullain wünschte dem neuen Seenotrettungskreuzer und seiner Besatzung »allzeit gute Fahrt und stets eine sichere Heimkehr«.

Kyra Mantey, die zwölfjährige Enkelin des 2. Vormanns Jean Frenzel, taufte mit gleichen Wünschen das Arbeitsboot ›Else‹. Das kleine, sehr wendige Boot wird in der für Seenotrettungskreuzer typischen Heckwanne mitgeführt. Passender könnte es nicht sein. Meine Mutter hat meinem Vater sehr viel Arbeit abgenommen, bis ins hohe Alter, sagte Bettina Poullain. Sie selbst war einmal auf die Hilfe der DGzRS angewiesen: Wir hatten zwar ,nur‘ einen Ruderbruch, draußen vor der Schleimündung. Doch ich bin bis heute sehr froh, dass uns die Seenotretter schnell und professionell geholfen haben.

Der Seenotrettungskreuzer ›Berthold Beitz‹

Der neue Seenotrettungskreuzer ›Berthold Beitz‹ ist 20 m lang, hat nur 1,3 m Tiefgang und läuft bis zu 22 Knoten. Er hat in den vergangenen Wochen umfangreiche Erprobungen absolviert und sich dabei zur Zufriedenheit seiner Besatzung bewährt.

Mit seinem geringen Tiefgang kann er auch in Revieren eingesetzt werden, in denen größere Seenotrettungskreuzer auf ihr Tochterboot angewiesen wären, was für das Revier rund um die Greifswalder Oie besonders wichtig ist. Weitere besondere Merkmale des in der bewährten Netzspantenbauweise konstruierten Schiffstyps sind eine umfassende Ausrüstung zur medizinischen Erstversorgung an Bord, eine Feuerlöschpumpe mit einer Förderleistung von 2300 l/min. zur Bekämpfung von Bränden auf See und – wie bei allen Rettungseinheiten der DGzRS – die Fähigkeit, sich im Falle des Durchkenterns innerhalb weniger Sekunden selbst wieder aufzurichten.

Auf ein Wohndeck, wie es auf anderen Seenotkreuzern eingerichtet ist, verzichtet die DGzRS bei dieser Klasse bewusst. Die Besatzung lebt nicht an Bord, sondern im nahen Stationsgebäude. Innerhalb kürzester Zeit kann die Einheit besetzt werden und zum Einsatz auslaufen.

Neuer Arbeitsboot-Typ in der Heckwanne

Neu ist der Typ des offenen Vollkunststoff-Arbeitsbootes ›Else‹ in der Heckwanne. Das 5 m lange, 2 m breite und nur 30 cm tiefgehende Boot besteht aus äußerst robustem Polyethylen. Seine Manövrierfähigkeit ist vergleichbar mit einem Festrumpfschlauchboot (Rigid Hull Inflatable Boats, RHIB). Jedoch erreicht dieses bis zu 30 Knoten schnelle sogenannte Rigid Buoyancy Boats (RBB) seinen Auftrieb durch seinen starren leichten Rumpf selbst, ohne Schlauch. Dabei ist es deutlich robuster, wartungsärmer und nicht zuletzt geräumiger.

Die ›Berthold Beitz‹, die inzwischen fünfte Einheit der 20-Meter-Klasse, ist ein modifizierter Nachbau der zwischen 2009 und 2013 gebauten ersten vier Schiffe. Ein sechster 20-Meter-Seenotrettungskreuzer ist im Bau. Er wird im kommenden Jahr an der Schleimündung stationiert.

Die ›Berthold Beitz‹ ersetzt im Zuge der Modernisierung der Rettungsflotte auf der Station Greifswalder Oie den Seenotrettungskreuzer ›Eugen‹ (Baujahr 2009), der nach Norderney verlegt wird. Die bisher auf Norderney stationierte ›Bernhard Gruben‹ löst in Hooksiel die  ›Vormann Steffens‹ ab, die nach fast 29 Einsatzjahren außer Dienst gestellt und verkauft wird.

Quelle:  Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger

• Auf epilog.de am 20. Dezember 2017 veröffentlicht

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