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Erste Hochgeschwindigkeitsstrecke nach Berlin wird eröffnet

Mit dem ICE ab Zoo in 1.47 Stunden nach Hannover

Berliner Wirtschaft • September 1998

Mit der Inbetriebnahme der Neu- und Ausbaustrecke Berlin–Stendal–Wolfsburg-Hannover am 27. September 1998 erhält Berlin erstmalig einen direkten Anschluss an das Hochgeschwindigkeitsnetz der Bahn. Die ICE-Züge werden auf dieser Strecke jetzt mit 250 km/h fahren. Über die neue Strecke verkürzt sich die Reisezeit nach Hannover, Köln und Düsseldorf um knapp eine Stunde, in Richtung Kassel, Frankfurt/Main um ca. 45 Min.

HochgeschwindigkeitsstreckeFoto: Deutsche Bahn AGNoch schneller zum Ziel: Nicht nur die ICE-Verbindungen, sondern auch einige Interregio-Züge nutzen ab Monatsende die neue Hochgeschwindigkeitsstrecke.

Eine noch höhere Geschwindigkeit ist möglich, da bei Testfahrten schon 330 km/h erreicht wurden. Die bisher nach Berlin führenden Schienenwege sind nur für 160 km/h ausgelegt. Die neue Strecke hat als Teilstück der Ost-West-Verbindung Paris–Köln–Hannover–Berlin–Posen–Warschau–Minsk–Moskau für den europäischen Eisenbahnverkehr hohe Bedeutung.

Berlin-Hannover ist eine Strecke mit Vorgeschichte: Bereits 1988 gab es erste Sondierungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der ehemaligen DDR. Zu dieser Zeit benötigen die D-Züge zwischen Berlin und Hannover noch 3.45 Std. Am 28. Juni 1989 unterzeichneten die damaligen deutschen Verkehrsminister eine Vereinbarung über den Ausbau der seit 1871 bestehenden ›Lehrter Bahn‹ zwischen Berlin, Stendal und Oebisfelde. Nach der Wiedervereinigung wurde das Vorhaben als Projekt Nr. 4 in die 17 Verkehrsprojekte Deutsche Einheit (VDE) aufgenommen.

Es umfasst einen 263 km langen Schienenweg von Berlin nach Lehrte. Zwischen Berlin und Wolfsburg wurde parallel zur Stammstrecke eine neue Hochgeschwindigkeitstrasse verlegt, die jetzt mit 250 km/h befahren wird. Der Abschnitt Wolfsburg-Lehrte ist für eine Geschwindigkeit von 200 km/h ausgebaut worden. Südwestlich von Wolfsburg entstand die ›Weddeler Schleife‹, die über Braunschweig und Hildesheim zur Hochgeschwindigkeitsstrecke Hannover–Würzburg führt. Sie wird von der ICE-Linie Berlin–Frankfurt/Main–München benutzt.

Neuste Technologie beim Streckenbau

Im Jahr 1990 wurde für die Realisierung dieses Vorhabens die Planungsgesellschaft Schnellbahnbau Hannover-Berlin mbH gegründet, die seit 1996 mit der Planungsgesellschaft Bahnbau Deutsche Einheit mbH (PBDE) in Berlin vereint ist. Die Bauarbeiten an der neuen Hochgeschwindigkeitsstrecke begannen 1992 mit der neuen Elbebrücke bei Hämmerten (Sachsen-Anhalt). An der Strecke fand neueste Technologie Anwendung. Erstmalig wurde auf 180 km Länge eine ›feste Fahrbahn‹ angelegt. Bei dieser Bauart werden die Schwellen nicht in Schotter, sondern in Beton oder Asphalt gebettet. Ausbaustrecke Berlin–Hannover Dies hat den Vorteil einer stabilen Gleislage über Jahrzehnte und erfordert damit weniger Instandhaltungsaufwand. Die Fertigstellung der Hochgeschwindigkeitsstrecke verzögerte sich allerdings um rund ein Jahr, da bei Planung und Streckenausbau auf das Trappenschutzgebiet bei Buckow, östlich von Rathenow im Havelland Rücksicht genommen werden musste, in dem rund 30 der noch etwa 130 in Deutschland beheimateten Großtrappen leben. Als Kompromiss wurde auf einer Länge von 19 km vorläufig auf den Bau der Hochgeschwindigkeitsstrecke verzichtet und nur die Stammstrecke der Lehrter Bahn zweigleisig ausgebaut, die mit 200 km/h befahren werden kann. Die IHK Berlin hatte bereits 1994 auf das Problem öffentlich hingewiesen und auf eine vergleichbare Lösung gedrängt.

Vom 27. September 1998 an verkehren die beiden Berliner ICE-Linien Richtung Nordrhein-Westfalen sowie Richtung Kassel, Frankfurt/Main, Stuttgart und München über die neue Strecke. Nach Düsseldorf werden die ICE-Züge zum Stundentakt verdichtet, nach Köln/Bonn bleibt es beim Zweistundentakt. Auch die Interregio-Züge Berlin-Amsterdam fahren über Stendal und sparen so 45 Minuten Für Geschäftsreisende von besonderer Bedeutung ist der neue, morgens und abends verkehrende ICE-Sprinterzug zwischen Berlin und Frankfurt/Main, dessen Fahrzeit nur 3.49 Stunden beträgt. Das ist rund eine Stunde weniger als der reguläre ICE benötigt.

• Hans-Michael Drutschmann

• Auf epilog.de am 4. September 1998 veröffentlicht

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