Berliner Verkehr

Der pneumatische Depeschenverkehr
in Berlin

Daheim • Januar 1866

Voraussichtliche Lesezeit rund 8 Minuten.

»Geschwindigkeit ist keine Hexerei!«

Wenn wir aber vor 30 Jahren einem zur Berliner Börse wandernden Kaufmann gesagt hätten, er werde es noch erleben, von seinem Agenten oder einem befreundeten Hause in London, Paris, Wien usw. den dortigen Stand der Kurse und die seine Spekulationen beeinflussenden Ereignisse in der kaufmännischen Welt von demselben Tage noch gleich während der Börsenzeit erfahren und danach operieren zu können, so würde er diese Geschwindigkeit wohl doch für Hexerei oder uns für Lügner erklärt haben.

Und doch ist es so, und jeder kennt heute das Mittel: den elektromagnetischen Telegrafen. Aber die Existenz eines so vortrefflichen Telegrafen allein tut es auch noch nicht, denn nicht jeder, dem er etwas mitzuteilen hat, ist gleich an seinem Draht zur Stelle.

Die Längenangaben und andere Maße des Originaltextes wurden in das metrische System umgerechnet.

So mussten in Berlin früher die für die Börse bestimmten und die von dort ausgegebenen Depeschen durch Boten hin und her befördert werden. Vielfache Verzögerung, manche Unregelmäßigkeit entstand natürlich daraus. Deshalb wurde bald in der Börse dicht neben der Halle eine Station errichtet und diese telegrafisch mit der Zentralstation verbunden. Es gestaltete sich der Depeschenverkehr nun etwa in folgender Weise. Während der Börsenzeit verband die Zentralstation diese Filiale direkt mit den Haupthandelsplätzen resp. den Vermittelungsstationen dorthin, ein Verfahren, das dadurch ermöglicht wurde, dass von ersterer mehrere Drahtwege zu den genannten Orten führen. Solcher direkten Verbindungen gab es neun. Es konnten von der Börse Depeschen direkt nach Stettin, Hamburg, Köln – Amsterdam – London, Paris, Frankfurt a. M., Leipzig, Breslau, Wien, Königsberg – Petersburg usw. gesandt. resp. von ihnen empfangen werden. Die große Menge der Orte von geringerer merkantilischer Bedeutung, mit denen jedoch auch ein gewisser Verkehr unterhalten wird, waren somit der Börsenstation nicht direkt zugänglich, weil es auf der Zentralstation dazu an Verbindungen fehlt.

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• Auf epilog.de am 9. April 2021 veröffentlicht

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