Berliner Bauwerke

Das Konzertlokal ›Sanssouci‹

Kottbusser Str. 4 a

Deutsche Bauzeitung • 23.2.1881

Querschnitt durch den SaalbauQuerschnitt durch den Saalbau.

Das Konzertlokal ›Sanssouci‹ ist eines der jüngeren unter den im letzten Jahrzehnt zahlreicher entstandenen Massenlokalen, die dem Erholungs-Bedürfnis der schnell anwachsenden großstädtischen Bevölkerung entgegen zu kommen bestimmt sind. Im Jahr 1877 begonnen, und geplant in dem anbei durch Grundriss und Durchschnitt dargestellten Umfang, besteht es bis jetzt nur aus dem großen Konzertsaal und den nach der Kottbusser Straße zu gelegenen Baulichkeiten: einem langgestreckten Vorsaal, über dem sich im I. Obergeschoss ein vermietbarer kleinerer Saal, im II. Obergeschoss Wohnräume befinden, und dem Vordergebäude, einem stattlichen dreigeschossigen Mietshaus mit kräftig detaillierter Fassade, dessen Durchfahrt den Eingang zu den Sälen und dem mäßig großen Garten bildet. Die Ausführung des umfangreicheren Vestibüls mit seitlichen Sälen und darüber liegenden Gesellschaftsräumen an der Admiralstraße ist bis auf bessere Zeiten verschoben.

Der Konzertsaal, 39,75 m lang, 27,25 m breit, 14,70 m hoch, bietet einen eigenartig malerischen Anblick durch die geräumigen, den mittleren Zuhörerraum von drei Seiten umgebenden Estraden, welche balkonartig um 1,25 m über die Wände des darunter befindlichen, durch weite Gurtbögen geöffneten ›Tunnels‹ überstehen, und durch vier in den Ecken befindliche Freitreppen den Verkehr zwischen dem höheren und dem niederen Teil vermitteln. Das Orchester hat seinen Platz auf einer kleinen Bühne an der vierten Seite des Saals. Grundriss vom ErdgeschossBezeichnungen im Grundriss vom Erdgeschoss: 1. Vorhallen. | 2. Vorsaal. | 3. Großer Konzertsaal. | 4. Vestibül, darüber kleiner Festsaal. | 5. Orchester. | 6. Passagen. | 7. Garderoben. | 8. Herren-Toilette. | 9. Damen-Toilette. | 10. Treppe zu den oberen Festsälen (darunter Kasse). | 11. Kontor. | 12. Konditorei. | 13. Restauration. | 14. Nebentreppe. | 15. Einfahrten. | 16. Wirtschaftshöfe. Den flankierenden Säulengruppen zu beiden Seiten der Bühnenöffnung entsprechen nahe an der gegenüberliegenden Schmalwand des Raums zwei ähnliche Gruppen von je vier frei stehenden Säulen, welche durch die sie verbindenden Architrave die Decke so teilen, dass ein höheres, fast quadratisches, kassettiertes Hauptfeld und hinter den Säulen ein niedrigeres tonnengewölbeartig geschlossenes Schmalfeld entsteht. Obgleich in nur geringer Beziehung zur Wandarchitektur, wirken diese frei in den Raum gestellten Stützenstellungen doch nicht ungünstig und maskieren zugleich den durch die Form des Grundstückes gebotenen schiefen Anschluss des Vorsaals. Ob sie auch, wie der Erbauer will, Vorteile für die Akustik bieten, mag dahin gestellt sein.

Die Deckenkonstruktion des Saales besteht aus 5 dreifachen, aus doppelten verzahnten Hölzern zusammengesetzten Hängewerken, zwischen welche Halbhölzer als Deckenbalken eingespannt sind. Für die Tagesbeleuchtung dienen die auf eine Gartenterrasse geöffneten Fenstertüren; ein kleines Oberlicht in der Deckenmitte wird vorläufig nur zur Lüftung benutzt. Gasbeleuchtung und Heizung sind nicht den Intentionen des Architekten entsprechend ausgeführt und als primitiv zu bezeichnen.

Die Bausumme betrug 360 000 M. [rd.  3 Mill. € in 2022]. Autor des Entwurfs und Leiter der Ausführung war Karl Etzold.

• Auf epilog.de am 14. März 2023 veröffentlicht

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