DaseinsvorsorgeEnergieversorgung

Der Wind als Elektrizitätserzeuger

Prometheus • 25.2.1891

Voraussichtliche Lesezeit rund 4 Minuten.
DurchschnittAbb. 1.

Nicht bloß die Wasserfälle, auch der Wind wird neuerdings in den Dienst der Elektrizitätserzeugung gezogen. Bahnbrechend auf diesem Gebiet war unseres Wissens der Herzog von Feltre, der seit einiger Zeit in der Nähe von Havre, mit Hilfe eines amerikanischen Windrads, einer Dynamomaschine und einer Sammlerbatterie einen Leuchtturm mit Licht versorgt. Großartiger ist die in Scientific American beschriebene Anlage des bekannten Elektrikers Brush. Auf seinem Landgut bei Cleveland (Ohio) errichtete er das beifolgend abgebildete Elektrizitätswerk, welches nicht weniger als 350 Glühlampen von 10 – 50 Kerzen speist. Die Anlage besteht, wie ersichtlich, aus einem eisernen Turm, dessen oberer Teil die Welle des aus 144 Blättern bestehenden Windrads birgt. Dieses Windrad hat eine Fläche von etwa 180 m² und ist selbstverständlich derart eingerichtet, dass es sich mit dem ganzen Turm selbsttätig nach dem Wind dreht, und dass die Segelfläche sich ebenso selbsttätig je nach der Stärke des Windes vergrößert oder verkleinert. Die drehende Bewegung des Turms wird in üblicher Weise durch ein mächtiges Steuer vermittelt, dessen Ansatz in der Abb. 2 sichtbar ist. Erleichtert wird sie aber durch das unten sichtbare kreisförmige Gleis, auf welchem vier Räder laufen. Das Gleis und die Balken, welche in die Räder auslaufen, dienen zugleich dem Turm als Stütze.

Ein breiter Treibriemen überträgt die Bewegung der Windradwelle auf eine zweite Welle, welche ihrerseits durch zwei schmalere Treibriemen mit der Welle der Dynamomaschine in Verbindung steht (Abb. 3). Die Umdrehungsgeschwindigkeit der Dynamomaschine erfährt dadurch eine bedeutende Steigerung.

GesamtansichtAbb. 2. Gesamtansicht.
DynamomaschineAbb. 3. Dynamomaschine.

Vervollständigt wird die Anlage durch eine Sammlerbatterie von 408 Zellen, welche im Keller des Brushschen Hauses angeordnet ist (Abb. 4). Diese Batterie spielt hier eine sehr wichtige Rolle. Bei der Unbeständigkeit des Windes und den fortwährenden Schwankungen in der Stärke desselben kann natürlich von einer direkten Speisung der Lampen aus der Dynamomaschine keine Rede sein. Es bedarf die Anlage daher einer Aufspeicherung des bei stärkerem Wind erzeugten Kraftüberschusses zu Gunsten der Zeiten der Windstille, sowie zu Gunsten der Abendstunden, wo der Lichtbedarf am Größten. Diese Ausgleichung bewirken nun die Sammler in ausgezeichneter Weise. Die Regulierung des Stroms geschieht in automatischer Weise durch die in Abb. 5 dargestellten Apparate. 1 sind die Voltmeter und Amperemeter, welche zur Messung der Ströme dienen, 2 sind Indikatoren, welche den Zustand der verschiedenen Sekundärbatterien anzeigen, 3 ist ein elektrisch betriebener Apparat, durch welchen vom Haus aus Ströme ein- und ausgeschaltet werden können, 4 ist ein Apparat, der die Ableitung von Strömen nach dem Erdboden anzeigt, 5 ein Leckanzeiger, 6 ein automatischer, elektrisch betriebener Apparat zur Einschaltung von Widerständen, welche aus komprimiertem Kohlenpulver hergestellt sind und deren Anordnung uns 7 vorführt.

Sammler-BatterieAbb. 4. Sammler-Batterie.
Schaltbrett und RegulatorenAbb. 5. Schaltbrett und Regulatoren.

Man würde übrigens mit der Annahme fehlgehen, als sei durch Windkraft erzeugtes Licht besonders wohlfeil. Allerdings kostet der Betrieb so gut wie nichts, dafür ist aber die Anlage weit teurer, als diejenige eines Dampfmotors. Der Vorteil derselben liegt hauptsächlich im selbsttätigen Arbeiten.

• Auf epilog.de am 31. Oktober 2023 veröffentlicht

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