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Mouchots Sonnenmaschine

Das Neue Universum • 1880

Voraussichtliche Lesezeit rund 4 Minuten.

Zu den größten Errungenschaften des menschlichen Geistes gehört der Nachweis, dass alle Kraft, welche auf der ganzen Erde in Tätigkeit tritt, von der Sonne stammt und mit ihren Strahlen auf den Erdball herabkam. Betrachten wir unsere Dampfwagen, die mit Sturmeseile auf den Schienen dahinschmettern: es ist alte Sonnenwärme, welche sie treibt! Das Licht, das in der Gasflamme uns leuchtet, und die Wärme, die in der Steinkohle unsere Maschinen heizt, sind nichts anderes als alter Sonnenschein, der vor Millionen Jahren auf die Erde herabkam und in den Pflanzen gewissermaßen aufgespeichert wurde. Mit den Steinkohlen, die ja Umwandlungsprodukte von uralten Pflanzen sind, holen wir die alte Sonnenwärme aus dem Boden und machen sie uns heute nutzbar. Wie mit der Wärme unsers Brennmaterials, so ist es auch mit jeder anderen Kraft, welche als Ursache von Arbeit auf der Erde in Tätigkeit tritt: Sie stammt ursprünglich von der Sonne. Diese Letztere ist also das große Kraft-Reservoir, welches seit unzählbaren Jahrtausenden unsere Erde speist. Es ist sogar nicht schwer durch Rechnung festzustellen, wie viele Pferdekräfte die Sonnenwärme täglich der Erde zusendet. Die Ausführung dieser Rechnung ist leicht, denn sie erhebt sich nicht über einen gewöhnlichen Dreisatz. Und was ist das Ergebnis? Zweihundertachtundzwanzigtausend Milliarden Pferdekraft. Das ist der mechanische Wert derjenigen Kraft, welche mit den Sonnenstrahlen in jeder Minute auf die Erde herabkommt, und von dieser Kraft wird hienieden alle Bewegung bestritten.

Für die Zwecke unserer Techniker wird diese in den Sonnenstrahlen gegebene Kraftquelle unmittelbar so gut wie gar nicht benutzt, vielmehr machen wir hier den großen Umweg, die alte Sonnenwärme aus den Steinkohlen zu entwickeln und diese zu benutzen. Der berühmte Ericson war der Erste, der sich mit Versuchen beschäftigte, die direkte Sonnenwärme zur Heizung eines Dampfkessels zu benutzen. Seine Versuche führten jedoch zu keinem praktischen Resultat und er ließ die Sache liegen. Diese wurde später von dem Franzosen Mouchot wieder aufgegriffen und einen sehr großen Schritt weiter gebracht. Es ist selbstredend, dass eine Maschine, bei welcher die Sonnenwärme unmittelbar in Wirkung treten soll, nicht in einem Klima aufgestellt werden kann, wo man oft tagelang keinen Sonnenblick genießt. Mouchot hat deshalb für seine Versuche zunächst Algier ins Auge gefasst, wo ein Klima herrscht, das lang andauernden Sonnenschein mit sich bringt. Hier sind die Versuche auch vollkommen gelungen. Von dem Apparat selbst gibt der Techniker folgende Beschreibung:

Derselbe besteht aus einem großen konischen Spiegel Z, mit rechtwinkeligen Platten von silberplattiertem Kupfer, die eine hohe reflektierende Kraft besitzen; dann aus einem röhrenförmigen Kessel F, mit geschwärzter Oberfläche, der in einem Glasmantel G eingesetzt ist und endlich aus einem besonderen Mechanismus, vermittelst welchem die Stellung des Apparates in solcher Weise erreicht wird, dass er dem Gang der Sonne folgt.

Mouchots SonnenmaschineMouchots Sonnenmaschine

Der Spiegel hat einen doppelten Zweck; er dient als Rezipient zum Auffangen der Sonnenstrahlen, und als Reflektor zum Ansammeln derselben auf einen und denselben Punkt. Anstatt indessen durch parabolische Spiegel die Sonnenstrahlen auf einen bestimmten Punkt anzusammeln oder zu konzentrieren, braucht dieser konische Spiegel sie lediglich auf seine eigene Mittelachse zu werfen. Der Kessel aber ist gerade in den Brennpunkt des Spiegels eingesetzt d. h. er bildet eigentlich die Achse des konischen Spiegels, wobei der Glasmantel die ununterbrochene Passage der Sonnenstrahlen nach innen zulässt und deren Ausstrahlung, nachdem sie bei ihrer Berührung mit dem geschwärzten Kessel in unsichtbare Wärme verwandelt worden sind, verhindert.

Was die weitere Zusammenstellung dieser sinnreichen Maschine betrifft, so stellt A ein gemauertes Postament B (Abb. links) einen steigbügelähnlichen Träger von Gusseisen dar, der sich auf der Welle a dreht, damit der Apparat richtig gestellt werden kann. C ist ein Sektor, an der Welle F angemacht, vermöge welchem der Apparat dem Gang der Sonne den Tag über folgt; D aber stellt den gusseisernen Ständer für den Kessel und Reflektor dar. E ist dann das Gestell, an welchem der Kessel und das Skelett des Reflektors einen Halt gewinnen; F (Abb. rechts) ist der röhrenförmige Kessel von Eisenblech; G ist der Glasmantel; H die Dampfkuppel; J das Sicherheitsventil und J ein Dampfmeter; m aber die Schraube, mit der man den Sektor stellen kann, um ihm die erforderliche Breitenneigung zu geben; während n eine Handhabe anzeigt, mittels welcher eine Reihe gezahnter Räder die Tagesbewegung des Sektors C (Abb. links) bewirkt, und S, der Sektor, auf der Welle r angemacht (siehe Abb. rechts), mit der Schraube o so zu handhaben ist, dass die Stellung des Kessels und des Reflektors den verschiedenen Himmelswinkeln, je nach den Jahreszeiten entsprechend, erreicht werden kann.

Der unterste Durchmesser des Reflektors beträgt gegen 5 m, das Areal der Öffnung daher gegen 20 m³. Der Kessel, der eine nominelle Kraft von 3 PS hat, wiegt mit seinem Zubehör rund 220 kg, hat eine Länge von 2,5 m und eine Kapazität von 100 m³, von welchem 30 m³ für den Dampf und 70 m³, für das Wasser bestimmt sind.

Die Zeit, welche es erfordert, bis der Dampf sich bildet, wechselt natürlich mit der Intensität der Sonnenstrahlen, dem Stand der Atmosphäre usw. und beträgt im Allgemeinen 1¼ Stunden für den ersten und 8 Minuten für jedes nachfolgende Bar Druck.

Den besten Begriff von der Leistungsfähigkeit dieser Sonnenmaschine gibt der am 22. September 1879 vorgenommene Versuch. Dieses Datum kann mit Beziehung des Einflusses der Sonne nämlich als Mittelzeit des Herbstes angenommen und danach ihre Wirkungskraft im Allgemeinen bemessen werden. Denn an dem besagten Tag trieb sie eine Dampfpumpe, mittelst welche zwischen 2000 – 3000 Liter Wasser pro Stunde bei einem Dampfdruck von drei Atmosphären gehoben wurden.

• Auf epilog.de am 25. November 2022 veröffentlicht

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