Handel & Industrie – Lebensmittelproduktion
Wasserbad-Kochapparat von W. Becker
Zentralblatt der Bauverwaltung • 10.2.1883
Der durch unten stehende Skizzen veranschaulichte Apparat besteht aus einem doppelwandigen Holzkasten mit Kammern, welche innen mit verzinntem Blech verkleidet sind. Jede Kammer wird durch einen besonderen ebenfalls doppelwandigen Deckel dicht verschlossen. In die Kammern mündet dicht über dem Boden ein durch Ventil verschließbares Dampfrohr, welches, um die Wärme möglichst gleichmäßig zu verteilen, mit einem durchlöcherten Boden überdeckt ist. Die bis zu einer bestimmten Höhe mit Wasser gefüllten Kammern nehmen die mit den zu kochenden Speisen gefüllten Töpfe in Platten mit entsprechenden Ausschnitten auf. Die Töpfe sind mit Deckeln geschlossen, deren Kanten bis unter den Spiegel des Wassers reichen, so dass die sich in den Töpfen entwickelnden Dämpfe zwar austreten, die aus dem Wasserbad erzeugten Dämpfe aber nicht in die Töpfe eintreten können.
Durch den eintretenden Dampf wird das in den einzelnen Kammern befindliche Wasser genau auf diejenige Temperatur, welche zum gar kochen der betreffenden Speise erforderlich ist, erwärmt. Ein mit dem Wasserbad in Verbindung stehendes Thermometer zeigt die in jeder einzelnen Kammer vorhandenen Wärmegrade an. Damit der Wasserstand in den Kammern sich durch das hinzutretende Kondensationswasser nicht erhöht, sind Überlaufrohre angebracht. Um Wärmeverluste zu vermeiden, sind die Hohlräume zwischen den Umfassungs- und Scheidewänden mit schlechten Wärmeleitern ausgefüllt.
In zweckmäßiger und einfacher Weise ermöglicht also dieser Apparat die Regulierung der zum Kochen erforderlichen Wärme. Es ist bekannt, dass unsere Nahrungsmittel, je nachdem sie eiweißhaltig oder kohlenhydrathaltig sind, ob sie frischer oder älter zur Verwendung gelangen, ob sie in hartem oder in weichem Wasser gekocht werden, eines verschiedenen Temperaturgrades bedürfen, um gar zu werden, das Maximum des Nährwerts zu behalten und leicht verdaulich zu bleiben. Eine weitere Wärmezuführung über den im einzelnen Fall gerade erforderlichen Temperaturgrad hinaus, wie es bei gewöhnlichen Kochmaschinen kaum vermeidlich, ist nicht nur überflüssig, sondern geradezu schädlich, weil sich wichtige Nährbestandteile dabei nachtheilig verändern, wie beispielsweise, die Eiweißstoffe im Fleisch, wenn die Temperatur von 70 – 75° C überschritten wird, gerinnen und hart und schwer verdaulich werden.
Wenn die eben berührten Vorteile auch bei anderen bisher gebräuchlichen Dumpf-Kocheinrichtungen mehr oder minder erreicht werden, so hat der Beckersche Apparat doch den weiteren Vorzug, dass infolge des Verschlusses und der Isolierung ein nur sehr geringer Wärmeverlust stattfindet. Die einmal zugeführte Wärme bleibt im Wasserbad aufgespeichert und kommt dem nächsten Kochprozess insofern zugute, als nur eine geringe Menge neuer Wärmeeinheiten zuzuführen ist. Die Ersparnis an Brennmaterial wird so nach eine erhebliche sein.
Eingehende Versuche, welche mit dem Apparat im Juli und August 1882 beim Eisenbahn-Regiment, in Berlin angestellt worden sind, haben durchaus günstige Ergebnisse gehabt. Es sank z. B. während der Nichtbenutzung in einem Zeitraum von 19 Stunden die Wärme im Wasserbad von 90° C auf 75° C. Der Wärme vertust betrug mithin nur 15° C. Bei einer Dampfzufuhr unter 2 Atmosphären Druck stieg die Temperatur in 10 Minuten von 65 auf 85° C. Der Ausgleich zwischen der Temperatur im Wasserbad und im Kochtopf fand im Durchschnitt nach 45 Minuten statt.
Der Geschmack der Speisen bei diesem Kochverfahren wird in dem amtlichen über die Versuche erstatteten Bericht als sehr gut bezeichnet. Nach diesen Ergebnissen zu urteilen, verdient der Beckersche Apparat für Küchen-Anlagen, wie sie für Kasernen, Gefängnisse, Krankenhäuser, Volks-Speiseanstalten usw. erforderlich sind, offenbar alle Beachtung. Insbesondere erscheint seine Verwendung geeignet für mobile Truppen. Eine Lokomobile mit Kochapparat von entsprechender Größe würde es ermöglichen, für je ein Bataillon während des Marsches zu kochen. Bei Militärtransport- und Sanitätszügen würde der abgehende Dampf der Lokomotive zweckmäßig zur Heizung des in einem Packwagen untergebrachten Apparates ausgenützt werden können.
Oh die neue Konstruktion sich auch in Wohnhäusern einbürgern wird, erscheint noch fraglich, wenigstens so lange, bis eine Verbindung der Kocheinrichtung mit Bratvorkehrungen sich als möglich und praktisch brauchbar erwiesen haben wird.