Berliner Bauwerke
Das neue Victoria-regia-Haus des Botanischen Gartens in Berlin
Zentralblatt der Bauverwaltung • 14.4.1883
Das 1882 in der Nähe des Palmenhaus im Botanischen Garten errichtete kuppelförmige Gebäude wird statt des alten und nicht mehr zeitgemäßen Haus in Zukunft als Pflegestätte der Victoria-regia dienen. Diese größte und schönste aller Wasserpflanzen, welche zur Blütezeit den Anziehungspunkt der botanischen Gärten bildet, gehört zur Familie der seerosenartigen Gewächse. Ihre Heimat ist das tropische Süd-Amerika, namentlich Brasilien und Guyana, wo sie im Wassergebiet des Amazonas und einiger anderen Flüsse im niedrigen, stehenden oder langsam fließenden Wasser wächst. Sie bedeckt mit ihren kreisrunden, bis zu 2 m großen Blättern eine Wasserfläche von etwa 8 – 9 m Durchmesser. Die wohlriechenden, anfangs weißen, später in der Mitte rot gefärbten Blüten sind denen unserer einheimischen Seerose ähnlich, jedoch weit größer und voller und erreichen bei völliger Öffnung oft 30 – 32 cm Durchmesser. Obwohl die Victoria-regia bereits im Jahr 1801 von europäischen Reisenden in einem Nebenfluss des Amazonas entdeckt wurde und ihre Beschreibung in den Kreisen der Botaniker das größte Interesse hervorrief, ist es doch erst im Jahre 1849 nach mehrfachen vergeblichen Versuchen gelungen, dieselbe in Europa einzuführen. In dem hiesigen botanischen Garten wurde sie seit dem Jahr 1851 gezogen, zuerst in einem bereits vorhandenen Wasserpflanzenhaus, sodann seit 1852 in einem besonders dazu erbauten Gewächshaus, in welchem die Pflanze ihre erste Blüte am 22. Juli desselben Jahres entfaltete und das hiesige Publikum in großen Scharen, wie seitdem alljährlich, zur Blütezeit herbeilockte.
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