Berliner Bauwerke

Der Umbau der Jerusalem-Kirche

Deutsche Bauzeitung • 15.5.1880

Voraussichtliche Lesezeit rund 22 Minuten.
Jerusalem-Kirche in BerlinAbb. 1. Die Jerusalem-Kirche in Berlin.

Eine der undankbarsten und schwierigsten Aufgaben, die dem Architekten gestellt werden können, ist der Umbau eines an sich unschönen und zugleich nach zeitigen Begriffen unpraktischen Bauwerks, zumal wenn ihm hierbei neben der engen Begrenzung der Mittel, die zur größtmöglichen Benutzung des Vorhandenen zwingt, noch diejenigen Hindernisse entgegen stehen, welche aus der Mitwirkung verschiedener Faktoren bei Entscheidung der zu lösenden Fragen zu entspringen pflegen.

Der Verfasser glaubt dies als eine Entschuldigung für die ihm wohl bewussten Mängel vorausschicken zu müssen, welche seinem hier zu besprechenden Werk anhaften. Alle jene ungünstigen Umstände waren hier in besonders hohem Grad vorhanden und man darf an das, was unter ihrem Einfluss entstanden ist, nicht denselben kritischen Maßstab anlegen, der einem Neubau gegenüber am Platze ist.

Die Berliner Jerusalem-Kirche, welche – in der Längsachse nahezu nach Süd-Nord orientiert – bekanntlich auf einem von der Kl. Kochstraße, der Jerusalem-Straße und der Linden-Straße [heute: Rudi-Duschke-Str.] begrenzten dreieckigen kleinen Platz von etwa 3500 m² errichtet ist, hat bereits eine verhältnismäßig lange Geschichte. Sie entstand aus einer im Jahr 1484 von einem Berliner ›patricius‹ Namens Müller zum Andenken an seine Wallfahrt nach dem gelobten Land und seine Errettung aus den Händen der Sarazenen gegründeten Kapelle, »außerhalb Kölln vor dem Leipziger Tor, und zwar am Weg nach Tempelhof.«*)*) Beim Fundamentieren der Säulen für die an der Turmseite vorgelegte neue Orgelempore wurde in einer Tiefe von 2,5 m altes Mauerwerk gefunden, das unzweifelhaft dem Kapellenbau des 15. Jahrhunderts angehört.

Das lebhafte Anwachsen der Stadt im Ausgang des 17. Jahrhunderts führte zu einer Erweiterung dieses mittelalterlichen Baus, die 1689 durch Simonetti ausgeführt wurde. Als jedoch demnächst König Friedrich Wilhelm I. den südlichen Teil der Friedrichstadt anlegte, genügte auch dieses Kirchen-Gebäude nicht mehr und es wurde anstelle desselben ein vollständiger Neubau nach den Plänen des Ober-Baudirektors Gerlach ins Werk gesetzt. Das erforderliche Baumaterial schenkte der König; zur Beschaffung weiterer Geldmittel wurde am 1. November 1725 eine Landeskollekte ausgeschrieben und am 27. November 1725 fand die feierliche Verlegung des Grundsteins statt. Der Bau wurde, wohl mit Rücksicht auf die Wünsche des ungeduldigen Monarchen, sehr eilig betrieben. Bereits zu Pfingsten 1728 konnte die Einweihung der Kirche stattfinden, deren innerer Ausbau freilich noch zu wünschen übrig ließ und deren Turm erst 3 Jahre später zur Vollendung gelangte.

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• Auf epilog.de am 6. Juni 2022 veröffentlicht

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