Bau & ArchitekturBrücken

Über Hängebrücken

Pfennig Magazin • 5.6.1841

Eine Hängebrücke besteht in der Regel aus folgenden Teilen:

  1. aus dem Hängewerk, meist eisernen Ketten.
  2. aus Hängestangen, welche an dem Hängwerk befestigt sind.
  3. aus einem hölzernen, von den Hängestangen getragenen Boden.
  4. aus zwei Land- oder Widerlagepfeilern mit Verankerungsmauern, welche als Befestigungspunkte der Ketten dienen.
  5. aus Trag- oder Stützpfeiler, welche über die Landpfeiler zu stehen kommen und die Ketten tragen.
Hängebrücke
Die Längenangaben und andere Maße des Originaltextes wurden in das metrische System umgerechnet.

Das Hängewerk kann aus Hanf, Holz oder Eisen bestehen, doch werden die beiden ersten Materialien ihrer geringeren Dauerhaftigkeit wegen selten gebraucht. Hängebrücken aus starken Seilen, von allen Konstruktionen die einfachste, sind in Asien und Südamerika schon seit Jahrhunderten in Gebrauch. Eisernes Hängewerk bilden entweder aus Ringen bestehende Ketten oder Drahtseile, die aus parallel liegenden Drähten zusammengesetzt sind. Die Ketten sind an ihren Enden durch eiserne Bolzen und doppelte Ringe oder durchlöcherte Platten verbunden. Zu Drahtseilen nimmt man Eisendrähte von etwa 3 mm Stärke und verbindet sie durch Bänder, die etwa 60 – 75 cm voneinander abstehen, zu zylindrischen Bündeln. Um dem Eindringen des Wassers, was zuweilen wahrgenommen worden ist, vorzubeugen, ist neuerdings vorgeschlagen worden, die Drahtseile mit Rohren, die aus dünnen Metallplatten bestehen, zu umhüllen. Ein zweckmäßigeres Mittel scheint aber darin zu bestehen, dass das Seil seiner ganzen Länge nach mit geglühtem Eisendraht umwickelt wird. Bei Verbindung der Drähte legt man die Enden der einen um 10 cm über die Enden der anderer und umwickelt sie dann mit Schraubenwindungen eines dicken Drahtes. Die so gebildeten Seile werden entweder mit Firnis überstrichen, direkt mit Bolzen oder Ankern verbunden, die sich in den Verankerungsmauern befinden, oder mit starken Ketten verbunden, die in jenen befestigt sind. Nach Gerstners Urteil stehen die Stahl- und Drahtbrücken hinsichtlich des Tragevermögens, der Kosten, der Senkung und der Schwingungen den Kettenbrücken von Stabeisen nach, die letzteren aber sind für die größten Spannungen ausführbar, ebenso sicher als die älteren Brücken und meist weit wohlfeiler, besonders bei sehr tiefen Abgründen und tiefen und reißenden Strömen, auch schneller herzustellen und daher für die Schifffahrt weit weniger hinderlich.

Die Hängestangen bestehen gewöhnlich aus Schmiedeeisen. Sind sie aus Draht verfertigt, so heißen sie Hängeseile.

Die Brückenbahn besteht aus Teilen von Holz, Schmiede- oder Gusseisen, die an den Hängestangen befestigt sind, und aus denen wieder die die eigentliche Bahn ausmachenden Pfosten ruhen, welche ihrerseits die den Boden bildenden Bretter tragen. Die zuerst genannten Teile sind in der Regel senkrecht auf die Länge der Brücke eingesetzt, was auch am zweckmäßigsten ist; sie sind durch Längenbäume aus Tannen- oder Eichenholz fest miteinander verbunden. Der Querdurchschnitt der Brückenbahn besteht aus zwei verschiedenen Teilen: den Gehwegen oder Trottoir und dem Fahrweg, dessen Pfosten von den zum Trottoir dienenden Längenbäumen um 4 – 5 cm abstehen, um dem Regenwasser freien Abzug zu verschaffen. Zweckmäßig ist es, auf den Stellen des Fahrwegs, über welche die Räder der Fuhrwerke laufen, zum Schutz der Pfosten eiserne Schienen anzulegen.

Die Land- oder Widerlagepfeiler bestehen gewöhnlich aus einem an seinen Ecken verstärkten Vorkopf, auf welchem zwei Mauern senkrecht stehen. Die Verankerungsmauern werden entweder mit geneigten, oder mit teilweise senkrechtem teilweise geneigten Schächten versehen; doch ist die erstere Anordnung, bei welcher die Reibung der Ketten an den Schachtwänden ganz vermieden wird, vorteilhafter und zugleich minder kostspielig. Verankerungen durch Schmiedeeisen und Tannenholz sind vorzüglich zu empfehlen. Die zur Aufnahme der Ketten dienenden Bolzen oder Anker werden gewöhnlich durch gusseiserne Platten festgehalten, die auf Schichten starker Quadersteine ruhen.

Die zum Tragen der Ketten nötigen Stützpfeiler können aus Holz, aus Schmiede- oder Gusseisen und aus Mauerwerk konstruiert werden und sind entweder Uferpfeiler oder Zwischenpfeiler, je nachdem die Brücke ein Feld oder mehre Felder hat. Die Zwischenpfeiler, auf welche die beiderseitigen Ketten mit ungleicher Spannung wirken, erfordern eine größere Sorgfalt als die Uferpfeiler. Als Material ist Holz nicht zu empfehlen, weil es zu schneller Verderbnis ausgesetzt ist. Schmiedeeisen wird nur wenig angewendet und widersteht dem Zerdrücken weniger gut als Gusseisen, das zugleich wohlfeiler ist. Den Vorzug aber verdient jedenfalls die Verwendung von guten Steinen, die größere Solidität gewähren.

• Auf epilog.de am 26. Mai 2017 veröffentlicht

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