Forschung & TechnikElektrotechnik

Dr. Werner Siemens

Über die dynamoelektrische Maschine und deren Verwendung zum Betrieb von elektrischen Eisenbahnen

Elektrotechnische Zeitschrift • Februar 1880

Voraussichtliche Lesezeit rund 27 Minuten.

Vortrag auf der Sitzung des elektrotechnischen Vereins am 27. Januar 1880 in Berlin.
(Nach stenografischer Niederschrift)

Meine Herren! Wenn man früher einem Elektrotechniker eine Aufgabe stellte, bei welcher die Elektrizität größere Arbeit auszuüben hatte, dann pflegte er wohl zu sagen, die Elektrizität tut keine Hausknechtsarbeit, die ist für feine Arbeit bestimmt; sie kommandiert, dirigiert, löst Kräfte aus und ein, aber schwere Arbeit selbst zu tun, ist nicht ihre Sache! Das hat sich nun in der neueren Zeit vollständig geändert. Die dynamoelektrische Maschine befähigt uns jetzt, elektrische Ströme von jeder gewünschten Stärke billig zu erzeugen. Die Elektrizität kann mithin jetzt auch in die Reihe der schwer arbeitenden Mächte eintreten.

Da die Bildung des elektrotechnischen Vereins ungefähr mit der Zeit der vollständigen praktischen Ausbildung der dynamoelektrischen Maschine zusammenfällt, so hielt der geschäftsführende Ausschuss es für angemessen, dass in der ersten Sitzung des elektrotechnischen Vereins gerade über die dynamoelektrische Maschine und über einen Vorschlag, den ich schon vor längerer Zeit gemacht habe und der Ihnen allen von der Berliner Gewerbe-Ausstellung her schon bekannt ist, den Vorschlag der Anwendung der Elektrizität zur Fortbewegung von Fahrzeugen oder zum Betrieb elektrischer Eisenbahnen hier zuerst ein Vortrag gehalten werde.

Ich werde wohl damit beginnen müssen, Ihnen den Nachweis zu liefern, warum wir früher nicht im Stande waren, große Kraftleistungen durch elektrische Ströme auszuüben. Wir hatten ja galvanische Säulen oder Batterien, wir konnten dieselben beliebig vergrößern und der Glaube, dass es gelingen würde, mit ihrer Hilfe elektrische Motoren herzustellen, die mit der Dampfmaschine konkurrieren könnten, erschien nicht als unberechtigt. Bekanntlich hatte der deutsche Bundestag sogar einen Preis ausgeschrieben für den, der die erste brauchbare elektrische Lokomotive herstellen würde. Es haben sich namentlich Professor Jacoby in Petersburg und Page in Amerika sehr eingehend mit der Sache beschäftigt. Ersterer ist auch mit einem durch Elektrizität getriebenen Boot auf der Newa spazieren gefahren; er erklärte jedoch am Schluss seiner Versuche selbst, dass die Elektrizität zur Leistung von schwerer Arbeit nicht brauchbar wäre, weil dieselbe zu kostspielig würde, und weil viele andere ihm unüberwindlich scheinende technische Schwierigkeiten der Lösung der Aufgabe entgegen träten.

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• Auf epilog.de am 24. Mai 2024 veröffentlicht

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