Bau & Architektur

Das Post- und Telegrafengebäude in Osnabrück

Zentralblatt der Bauverwaltung • 19.5.1883

Das Postamt in Osnabrück, welches in dem neuen Gebäude seinen Sitz hat, vermittelt den postalischen und telegrafischen Verkehr der gewerbefleißigen Stadt einschließlich der zum Landbestellbezirk gehörenden, auf eine Fläche von etwa 130 km² verteilten, umliegenden 80 bis 90, zum Teil verkehrsreichen Ortschaften. Das Personal des Postamts zahlt: 1 Amtsvorsteher, 29 Beamte und 48 Unterbeamte, zusammen 78 Personen. Im Jahr 1880 betrug die Gesamtzahl aller beförderten Postsendungen 4 386 214 Stück, der Umsatz im Postanweisungsverkehr 12 347 603 Mark und die durchschnittliche Zahl der täglich zu behandelnden Telegramme 152 Stück.

Post- und Telegrafengebäude Osnabrück

Das Postamt war früher in einem Nebengebäude des Staats-Bahnhofs untergebracht, während sich die Telegrafenstelle in einem angemieteten Privathaus befand. Da diese Diensträumlichkeiten dem gesteigerten Verkehr nicht mehr entsprachen, sah sich die Postverwaltung genötigt, zur ordnungsmäßigen und sicheren Abwickelung des Dienstes einen Neubau ins Auge zu fassen. Zu diesem Zweck wurde im Jahre 1877 ein 3077 m² großes Grundstück an der Ecke der Bahnhofs- und Möserstraße, in günstiger Lage zu dem Verkehr der Stadt und zu den Bahnhöfen, käuflich erworben.

Die Bauanlage besteht aus dem eigentlichen Verkehrsgebäude, welches außer dem Keller- und Dachgeschoss 2 Hauptgeschosse enthält, sowie einem eingeschossigen Remisengebäude. Das Hauptgebäude hat eine gestreckte, rechtwinklige Grundform und liegt mit seiner Langfront an der Bahnhofsstraße. Die Zufahrt zum Posthof vermitteln 2 Tore, von denen das eine an der Bahnhofsstraße, das andere an der Möserstraße gelegen ist. Der Posthof wird nach der Möserstraße durch ein Einfriedigungsgitter, nach der Rückseite durch das Remisengebäude abgeschlossen. Hinter dem letzteren befindet sich noch ein Gartenstück, welches den Dienstwohnungs-Inhabern zur Benutzung zugeteilt ist.

Im Erdgeschoss des Hauptgebäudes liegen die gesamten Geschäftsräume für den Postdienst und die Schalterstellen für das Publikum. Im Obergeschoss sind der Telegrafenbetrieb und die Dienstwohnung des Amtsvorstehers untergebracht. Das Dachgeschoss enthält die Wohnungen eines Unterbeamten und außerdem die erforderlichen Bodenräume. Im Kellergeschoss befinden sich eine Reserve-Packkammer sowie Vorrats- und Wirtschaftsräume für Dienst- und Wohnzwecke. Das Remisengebäude enthält außer den eigentlichen Remisenräumen noch eine Abortanlage.

Post- und Telegrafengebäude Osnabrück

Das Hauptportal für das Publikum liegt in der Frontmitte an der Bahnhofsstraße und führt durch einen Windfang nach der Schalterhalle. Als Zugänge zu den Diensträumen im Erdgeschoss, sowie zu den Treppenhäusern dienen 2 Seitenportale, welche in der Mitte jeder Giebelseite angeordnet sind. Im Erdgeschoss reihen sich an die Schalterhalle: auf der linken Seite die Annahme- und Ausgabestellen für Zeitungen, Briefe und Geld, ferner die Abfertigung und Entkartung, sowie im Anschluss an letztere das Briefträgerzimmer; auf der rechten Seite die Annahme von Telegrammen, die Stelle für Ein- und Auszahlungen von Postanweisungen sowie für Verkauf von Wertzeichen; nach der Tiefe die Paket-Annahme und Ausgabe sowie die Packkammer. Vom rechten Seiteneingang her sind zugänglich ein Wartezimmer für Postreisende sowie die Geschäftszimmer für den Vorsteher und seine Gehilfen, letztere im unmittelbaren Anschluss an die Räume des Geschäftsbetriebs.

Vom linken Seiteneingang erreicht man die Geschäftszimmer für den Kassierer, die übrigen Beamten und die Briefträger.

Im zweiten Geschoss sind untergebracht: auf der rechten Seite der Apparatesaal, das Batteriezimmer und Räume für Telegrafenboten und Garderobe, ein Zimmer für das Bahnpost-Personal und ein Wachtzimmer; auf der linken Seite die Dienstwohnung des Amtsvorstehers, deren besondere Raumeinteilung sich aus dem Grundriss ergibt.

Das Gebäude ist in allen Umfassungs- und Scheidewänden massiv ausgeführt und mit feuersicheren Treppen ausgestattet. Die Fassaden sind in Sandstein aus Mehle bei Elze und in Verblendziegeln von Hauen und Gosewisch in Wülfel bei Hannover; die Dachflächen in Holzzement, die Pavillondächer in Schiefer auf Dachpappe mit Zinkeinfassungen hergestellt. Die Schalterhalle hat einen Fußboden von Mettlacher Tonfliesen, während die Dienst- und Wohnräume Holzfußböden erhalten haben. Das Gebäude ist mit Gasleitung versehen.

Der Plan zu dem Gebäude, dessen Architektur sich in den Stilformen der Renaissance bewegt, ist im Reichspostamt aufgestellt. Der Neubau, unter Oberleitung des Postbaurats Skalweit von dem Regierungs-Baumeister Kaufmann ausgeführt, ist im Mai 1879 begonnen und am 31. März 1881 vollendet worden.

• Auf epilog.de am 13. Juli 2017 veröffentlicht

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