Handel & IndustrieDruck & Papier

Papier

Das Neue Universum • 1880

Voraussichtliche Lesezeit rund 12 Minuten.

Was sollte aus unserer vielschreibenden und viellesenden Zeit werden, wenn es kein Papier mehr gäbe, wenn wir uns wieder, wie die Alten, mit Wachstäfelchen begnügen müssten oder mit Papyrusrollen. Ungeheuer war der geistige Fortschritt der Menschheit durch die Erfindung des Lumpen-Papiers. Was hätte Gutenberg machen wollen, wenn er die Kunst des Druckens mit beweglichen Lettern vor dem Bekanntsein des Papiers erfunden hätte?

Es wird oft geklagt, das Papier werde von Jahr zu Jahr schlechter. Wie unrichtig ist diese Behauptung! Nehmt doch eine Zeitung aus dem Anfang unseres Jahrhunderts und vergleicht sie mit einer von jetzt. Nicht die mächtige Vergrößerung des Formats allein ist es, die wir erstaunt erkennen, sondern die Qualität selbst. Wir haben nicht mehr grobes, graues, raues, lappiges Löschpapier, es ist fest, glatt und weiß, und der Druck nimmt sich gut darauf aus und liest sich gut. Dass vieles Papier beim Liegen an der Luft sich bräunt, dass es auch leicht zerreißt, ist wenigstens für die Tagesliteratur kein Nachteil; mit nur seltenen Ausnahmen soll sie nur der Gegenwart, nicht der Zukunft, selbst nicht der nächsten, dienen. Das Papier früherer Zeiten ist entschieden fester und stärker, widerstandsfähiger gewesen – man überzeuge sich an altem Aktenpapier oder alten gedruckten Büchern – aber dafür hat es auch genug Mängel gehabt. Auf wie jämmerliches Papier waren die ersten Ausgaben unserer Klassiker gedruckt oder die Schulbücher in unserer Kinderzeit; bei fleißigem Gebrauch waren sie nach spätestens einem halben Jahre zerlesen. Leider kommt das auch jetzt noch vor, obgleich nur als Ausnahme; die Bücher halten sich länger gut, nicht weil sie weniger von den Lernenden strapaziert werden, sondern weil das Papier, das man jetzt gewöhnlich für Schulbücher benützt, stärker und fester ist wie früher. Und trotz des ungeheuren Verbrauchs von Papier in allen Zweigen des menschlichen Lebens ist gegen früher sein Preis nicht in die Höhe gegangen. Er schwankt auf und ab in gewissen Grenzen, wie der Preis jeder Ware, aber es ist eine Fabel, dass jetzt das Papier wesentlich teurer sei wie früher. Freilich ist das reine Lumpenpapier seltener geworden und kann dessen Preis unerschwinglich hoch erscheinen: ein kleines Stück von wenigen Quadratzentimeter Fläche 100 – 1000 Mark! Das sind die Banknoten, bei denen aber das Papier selbst nicht den Wert besitzt, sondern nur der Träger des Werts ist.

Weiterlesen mit
epilog.de

Werde epilog.plus-Mitglied und Du bekommst

  • Zugriff auf exklusive Beiträge wie diesen
  • PDF-Versionen und/oder eBooks von ausgewählten Artikeln
  • weniger Werbung und dafür mehr historische Bilder und alte Reklame

und Du hilfst uns, noch mehr interessante Beiträge zur Kultur- und Technikgeschichte zu veröffentlichen.

Ich bin bereits Mitglied und möchte mich anmelden.

• Auf epilog.de am 16. Januar 2024 veröffentlicht

Reklame