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Der Farbendruck in der Lithographie und seine Fortschritte in neuester Zeit

Illustrirte Zeitung • 16.11.1844

Das kostspielige Kolorieren von Kupferstichen und der oft durch nachlässige Behandlung dabei herbeigeführte Ruin schöner Blätter machte es schon vor längerer Zeit wünschenswert, das Kolorieren gleich mit dem Abdruck der Kupferplatten zu vereinigen. In England und Frankreich und auch in in Deutschland wurden darüber von bedeutenden Künstlern Versuche angestellt. Man druckte mit mehren Pressplatten, oder man färbte eine und dieselbe Kupferplatte mit verschiedenen Farben nebeneinander ein. Dadurch wurden allerdings sehr hübsche Resultate erlangt, aber die Abdrücke behielten immer etwas Steifes und die Mühsamkeit bei der Arbeit erhöhte ihren Preis unverhältnismäßig. Der Steindruck, der so manchem Übelstand des Kupferdrucks Abhilfe leistete, ist auch hier vermittelnd ins Werk getreten. Anfänglich begnügte man sich damit, platte Tinten durch mehre Tragplatten nebeneinander zu drucken und so größere oder kleinere Flächen im Druck gleichmäßig zu kolorieren. Auf diese Weise erschienen z. B. Ornamente von großer Schönheit. Wir erinnern an die Bemühungen von Storch, Asmus, Hildebrand und Engelmann und an die dadurch hervorgebrachten Werke von Zahn, Rosendahl und an Gelbkes großes Wappen- und Ordenswerk. Namentlich hat sich die Reimersche Buchhandlung in Berlin hierbei sehr ausgezeichnet. Indessen blieb man dabei noch nicht stehen und suchte auch vertriebene Farben im Tondruck hervorzubringen, oder mit anderen Worten im Druck ohne Einschränkung zu kolorieren. Engelmann in Paris und Storch haben darin Ausgezeichnetes geleistet, – man denke an verschiedene neuere Erscheinungen, namentlich auch an die Platten zur Walhalla und die Ansichten von Österreich. Hier werden die einzelnen Grundfarben auf verschiedene Platten verteilt und eine nach der anderen mit genauer Rapportierung aufgedruckt. Verschiedene gemischte Farben erreicht man dadurch, dass man denselben Gegenstand nacheinander mit zwei verschiedenen Farben druckt, z. B. violett mit blau und rot, grün mit blau und gelb, oft auch noch mit rot oder braun, so dass man selbst für sehr reiches Kolorit meistens mit 5 bis 8 Platten ausreicht. In der neuesten Zeit ist eine neue Werkstatt für dergleichen Arbeiten ins Leben getreten. Ein Herr Ch.  Fuchs in Hamburg bringt malerische Ansichten von Schleswig, Holstein und Lauenburg, welche einmal im Tondruck, aber dann auch in einer anderen Ausgabe in Farbendruck ausgeführt sind. Die bis jetzt erschienenen Blätter möchten allerdings einen großen Fortschritt beurkunden und wohl die allgemeine Aufmerksamkeit erregen. Die kleinen, oft sehr detaillierten Blätter haben einen großen Reichtum an Farbenabstufung und zeugen eben so sehr von einer einsichtsvollen Behandlung und Verteilung der Tonplatten, als von einer sehr vollkommenen Einrichtung der Rapportierung. Die Lüfte sind überall rein und weich, und auf den einzelnen Blättern sieht man nirgend eine Steifheit, Ängstlichkeit oder Gezwungenheit des Kolorits – wie wir sie z. B. auf der großen Landschaft zur Walhalla finden –, kurz jedes einzelne Blatt gleicht einer angenehmen Kolorierung in Aquarellmanier, der man den Druck nirgend ansieht. Noch täuschender wird das Ganze dadurch, dass hin und wieder durch Gummi größere Tiefe des Tones erzweckt worden ist. Dass auch der einfarbige Tondruck recht präzise und gut gewählt, und dass die einzelnen Blätter genial aufgefasst und geschickt gezeichnet sind, eben so ein Urteil über den Wert des ansprechenden Textes gehört nicht hierher, wo wir nur unsere Leser auf einen neuen Fortschritt der Kunst in Deutschland aufmerksam machen wollten.

• Auf epilog.de am 14. Mai 2023 veröffentlicht

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