Berlin-Anhalter Eisenbahn

Eröffnung der Strecke Berlin – Jüterbog

Vossische Zeitung • 3.7.1841

Berlin. Zur Nachmittagsfahrt am gestrigen Eröffnungstage der Anhaltischen Eisenbahn hatte sich das Wetter günstiger gemacht als am Morgen – und wäre die positive Eröffnung frühzeitiger durch die öffentlichen Blätter bekanntgeworden, als erst durch die Blätter von gleichem Datum, so hätten sich auch wahrscheinlich noch zur Nachmittags-Vergnügungsfahrt eine größere Anzahl Spazierfahrer aus Berlin eingefunden. Freilich konnte man nicht erwarten, dass Berliner noch um 5 Uhr nachmittags bis Luckenwalde oder Jüterbog mitfahren würden, um dort zu übernachten und am nächsten Morgen zurückzukehren.

Dies Interesse der Neuheit haben die Eisenbahnen nicht mehr, um dafür die Freuden und Leiden eines Nachtquartiers in einem kleinen Orte zu bestehen. Aber man konnte noch bis Trebbin, um, nach einem viertelstündigen Aufenthalt dort, mit dem zweiten Zuge aus Jüterbog um 7 wieder in Berlin zu sein. Mehrere haben diese erste Vergnügungsfahrt mitgemacht, und, unbeschadet der sehr späten öffentlichen Bekanntmachung, würden wohl noch mehr sich eingefunden haben, wenn nicht durch die mehrfachen früheren Privat-Probe- und Lustfahrten der Direktion (von denen aber die Aktionäre nicht unterrichtet wurden, obwohl deshalb in der letzten Generalversammlung Wünsche laut wurden und Anträge gemacht sind) die erste Wissbegier einer nicht unbedeutenden Zahl unserer Mitbewohner, die bei dergleichen Gelegenheiten nicht fehlen mögen, schon befriedigt gewesen wäre. Wie die technischen Einrichtungen dieser Bahn durchaus solide und lobenswert sind, so war auch bei dieser Fahrt des ersten Tages keine Unordnung und Unsicherheit, die so leicht bei der Neuheit zu entschuldigen wäre, bemerkbar. In der bestimmten Zeit, ja eher früher, wurden die Stationen erreicht. Nur sprach sich unter den Vergnügungsreisenden sehr laut und einstimmig der Wunsch aus, dass die Preise erniedrigt werden möchten. Wenn man bis Potsdam für 7½ Sgr. fahren kann (und dies dünkt schon Viele zu hoch), wer würde dann 12 Sgr. bis Trebbin zahlen. Man bemerkte, dass Großbeeren (wenn dort ein Halteplatz eingerichtet wird), leicht ein Vergnügungsort werden dürfte, der, seiner anmutigen Lage und historischen Erinnerungen wegen, viele anderen überflügeln möchte; nur müsse man die Preise bedeutend ermäßigen.

Entnommen aus dem Buch:
Am 15. Juni 1880 wurde das neue Empfangsgebäude der Berlin-Anhalter Eisenbahn am Askanischer Platz dem Verkehr übergeben. Doch die Eröffnung des imposanten Bauwerks von Franz Schwechten war nur eine Etappe des 1871 begonnenen Umbaus des Anhalter Bahnhof in Berlin. Auf einer Länge von 5 km wurden neben dem Personenbahnhof ein Güterbahnhof, Werkstätten, Aufstell- und Verschiebegleise und viele weitere Anlagen neu errichtet. In zeitgenössischen Originaltexten werden die Anfänge der Berlin-Anhalter Eisenbahn, der Umbau des Bahnhofs und die Architektur der Gebäude geschildert. Zahlreiche Fotos und Zeichnungen illustrieren dieses Zeitdokument der Berliner Verkehrs- und Architekturgeschichte.
  PDF-Leseprobe € 14,90 | 98 Seiten | ISBN: 978-3-7431-9651-3

• Auf epilog.de am 1. Oktober 1997 veröffentlicht

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