Handel & Industrie – Maschinenbau
Elektrische Gesteinsbohrer
Der Stein der Weisen • 1897
Ohne entsprechende Entwickelung der Bohrtechnik, welche unter Anwendung von Dynamit, Sprenggelatine und ähnlicher Sprengmittel arbeitet, wäre es fast unmöglich, zumindest aber sehr erschwert gewesen, gigantische Tunnelbauten bei Eisenbahnen, umfangreiche Wassersprengungen oder dergleichen zu vollführen, welche Bauten dem modernen Leben unentbehrlich zur weiteren Entfaltung geworden sind. Insbesondere die ausgezeichneten Bohrmaschinen leisten Hervorragendes, früher kaum Geahntes in der Herstellung der Schussgänge für die Aufnahme der Sprengstoffe und bilden so im Verein mit den zur Fortschaffung des abgesprengten Gesteines bestimmten Fördermaschinen die eigentlichen Angriffswaffen der modernen Ingenieurkunst.
Abb. 1. Bei den älteren Bohrmaschinen oder Gesteinsbohrern dienen bekanntlich die Wasserkraft als Betriebsmotor, der die Kraft mittelst Turbinenanlagen ausnützt, sowie pneumatische Kompressoren, welche die zum Arbeiten des Bohrers nötige Energie liefern. Teils arbeiten diese Maschinen in der Art, dass sie durch Stoß eines Kolbens auf das Gestein wirken und hier Percussionsmaschinen heißen, teils aber als Rotationsmaschinen den Bohrer drehend in das zu durchschlagende Gestein eintreiben.
Ingenieur Taverdon war einer der Ersten, welcher die Elektrizität für den Antrieb des Bohrkolbens nutzbar anwandte. Wie bekannt, haben die Gesteinsbohrer der Rotationsmaschine Spitzen aus Diamanten, da die Stahlspitzen sich in Folge zu rascher Abnützung als ungeeignet erwiesen haben. Der Bohrkopf besteht demnach aus einer eisernen Hülse, an deren vorderem Ende acht schwarze Diamanten stehen, und zwar so, dass vier an der Außenseite und vier an der Innenseite angebracht sind. Taverdon konstruierte einen Bohrer, welcher aus der eigentlichen Stoßstange und dem elektrischen Motor für den Antrieb bestand, welch beide Bestandstücke auf je einem eigenen Gestell montiert waren. Ein Wasserstrahl, welcher neben dem Bohrer in das Bohrloch pneumatisch getrieben wird, entfernt den ausgedrehten Sand.
Vornehmlich beim Bau großer Tunnels im Zuge der Gebirgsbahnen, wie jener durch den Arlberg, Gotthard etc., kamen neue Konstruktionen von Gesteinsbohrern in Anwendung, auf deren Leistungsfähigkeit sich nicht wenig der Erfolg mitbegründete.
Eine elektrische Stoßbohrmaschine neuester Bauart für den Eisenbahn- und Bergbau veranschaulicht die hier aufgenommene Abb. 1. Diese Maschine erhält den Antrieb des Bohrers elektrisch durch ein kleines Schwungrad mit Kurbel, das im Bild oben ersichtlich ist. Ein Kurbelgetriebe mit der Kurbel und dem hin- und herstoßenden Bohrkolben ist mit je einer Zug- und Druckfeder verbunden. Je nachdem eine solche Feder angespannt wird, gelangt der Bohrer zum Rückzuge bzw. zum Vorstoß. Teilweise geschieht das Zurückziehen des Bohrkolbens durch Handantrieb, teils, wie bei dem von Siemens & Halske gebauten Typ dieser Maschine, selbsttätig. Eine solche Maschine besitzt auch eine Einrichtung, welche die Anwendung für Gesteinsarten der verschiedensten und größten Härtegrade zulässt. Gewöhnlich ereignet es sich in der Praxis nicht selten, dass der Bohrer im Loch steckenbleibt und die Umdrehung der Kurbel behindert. Dieser Übelstand tritt bei der Siemensschen Percussionsmaschine nicht ein. Für Löcher von verschiedener Tiefe sind mehrere Bohrer von unterschiedlicher Länge in die Achse der Maschine von rückwärts einzuführen, wo sie mittels eines Keiles festgestellt werden.
Abb. 2. Die Maschine hat ein massives Gestell, welches 100 kg wiegt, und außerdem auf jedem der vier Füße ein oder mehrere Gewichte von je 50 kg aufnehmen kann, was dem Ganzen eine hohe Standfestigkeit gibt. Besonders geeignet für den Tunnelbau im harten Gestein, lässt die Maschine die Bohrungen in jeder Stellung zu. Dabei ist die Arbeitsleistung bemerkenswert. In einer Minute vermag der Stoßkolben in härtestes Urgestein, wie Granit, Quarz oder Gneis, ein Loch von über 30 cm im Durchmesser und in einer Tiefe von 10 cm, unter Umständen bis 200 cm zu bohren, welche Leistung die weitestgehende Anwendung dieser ausgezeichneten Bohrmaschine gewährleistet. Der Antrieb geschieht vollständig auf elektrischem Wege, zu welchem Behufe der Motor samt Nebenapparaten in der im Bild dargestellten Weise mit dem Bohrer verbunden ist.
Eine ähnliche, für den Bergbau bestimmte Percussionsmaschine ist in Abb. 2 veranschaulicht. Eine stählerne Säule – die Spannsäule – trägt die eigentliche Maschine verschiebbar in senkrechter Richtung nach auf- und abwärts. Die Verschiebungen bewirkt ein über dem Bohrmechanismus ersichtlicher kleiner Flaschenzug. Die Kurbel ist entgegen der vorherbeschriebenen Konstruktionsart seitlich angebracht. Im Bergwerk ›Gesegnete Bergmannshoffnung‹, Obergruna bei Freiberg in Sachsen, arbeitet eine solche elektrische Percussionsmaschine und bohrt dort vornehmlich in dem vor Ort liegenden Urgestein mit bisher von ähnlichen, aber pneumatisch angetriebenen Stoßbohrern unerreichter Leistungsfähigkeit.
Bei dem Fortschreiten der Anwendung der Elektrizität auf diesem Gebiet steht baldigst zu erwarten, dass die Druckluftbohrer ehestens gänzlich von den oben geschilderten Maschinen überholt sein werden, da die pneumatischen Percussionsmaschinen großen Typs wohl die Leistung elektrischer Maschinen in quantitativer Beziehung noch übertreffen, nicht aber eine auch bei eintretenden Klemmungen des Kolbens sich zeigende ähnliche Rückzugskraft wie die letzteren aufzuweisen vermögen.