Handel & Industrie – Fabrikation
Die Bleistift-Fabrik von A. W. Faber
zu Stein bei Nürnberg in Bayern
Eine historische Skizze • 1862
Zur Erinnerung an das im Jahr 1861 gefeierte hundertjährige Jubiläum den Gönnern und Geschäftsfreunden von dem Besitzer der Fabrik gewidmet.
Der Bleistift ist bekanntlich eine Erfindung der neueren Zeit, und man darf ihn wohl unbedenklich der großen Anzahl technischer Fortschritte und Erzeugnisse zur Seite stellen, durch welche namentlich die letzten drei Jahrhunderte zur Verbreitung der Künste und Wissenschaften, zur Erleichterung des Studiums und des Verkehrs so mächtig beigetragen haben. Dem klassischen Altertum und seiner Kunst war der Bleistift, und überhaupt aller Gebrauch des Bleies zum Schreiben völlig unbekannt. Erst das Mittelalter verwendete, wie wir hören, das Blei zu diesem Zweck. Allein dieses Metall ist keineswegs dem Graphit unserer Bleistifte gleich; diese sind nur wegen der bleiähnlichen Farbe ihrer Schrift mit dem Namen des Bleies in Verbindung gebracht.
Überdies bediente man sich des Bleies damals nur zum Linieren der Handschriften, keinesfalls zum Schreiben oder Zeichnen. Das Linierblei hatte die Form einer scharfkantigen, runden Scheibe, wie sie zu demselben Zwecke auch schon im späteren klassischen Altertum angewendet worden sein soll.
Erst mit der Entwickelung der modernen Malerei beginnen die Spuren bleistiftartiger Zeichnungen. Schon von den Meistern des vierzehnten Jahrhunderts, den van Eyck namentlich, und von denen des fünfzehnten wie Memlink und Anderen, werden Kompositionen erwähnt, welche mit einem bleistiftähnlichen Instrument auf gekreidetes Papier gezeichnet erscheinen.
Gewöhnlich nennt man sie Zeichnungen in Silberstift, ohne dass indessen diese Bezeichnung sich näher begründen ließe. Von reinem Silber kann hier wenigstens nicht die Rede sein. Ähnlich heißt es auch von italienischen Künstlern des späteren Mittelalters, dass sie mit Silberstift auf geglättetes Fichtenholz, welches mit dem Staub von calcinierten Knochen überzogen war, gezeichnet haben. Die Methode scheint jedoch nur zu ausnahmsweiser Geltung gelangt zu sein.
Dagegen zeichnete man in Italien im 14. Jahrhundert viel mit Stiften, welche aus einem Guss von Blei und Zinn bestanden; Zeichnungen die sich mit Brotkrume auslöschen ließen.
Petrarkas Laura ward von einem Zeitgenossen also porträtiert, und zurzeit des Michelangelo erhielt sich diese Manier ebenfalls noch im Gebrauch. Die Stifte kamen von Italien dann auch nach Deutschland; unter welchem besonderen Namen, wissen wir nicht; in Italien selbst hießen sie Stile. Allein auch sie scheinen zu keiner Zeit das eigentlich herrschende Zeichnungsmaterial gewesen zu sein.
Neben ihnen bestand der Gebrauch der Feder beim Zeichnen wie beim Schreiben, dazu kamen in der Blütezeit der Malerei auch die schwarze Kreide und der Rotstift in ausgedehnten Gebrauch. In Italien bezog man den besten Rotstift aus Deutschland, die beste Kreide aus Spanien.
Vasari merkt von einem Künstler des 16. Jahrhunderts besonders an, dass er den Stift, die Feder, die schwarze Kreide und den Rötel mit gleicher Geschicklichkeit zu handhaben verstand.
In jene Zeit fällt nun auch die Entdeckung des Graphits, und damit die Anfertigung eines ganz neuen Schreib- und Zeichnungsmaterials – des Bleistiftes.
Diese Entdeckung, welche sowohl für das praktische Leben als für die Kunst von den wohltätigsten Folgen war, wurde in England gemacht und fiel in die Regierungszeit der Königin Elisabeth, denn im Jahre 1664 wurde die berühmte Graphitgrube zu Borrowdale in Cumberland aufgefunden. Mit der Eröffnung dieser Grube waren alle Vorbedingungen erfüllt, welche die Entwickelung einer bedeutenden Bleistift-Industrie auf englischem Boden möglich machten. Im Jahr 1665 wurden in England die ersten Bleistifte fabriziert.
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