Handel & Industrie – Fabrikation
Die große Eismaschine der Knickerbocker Eiscompagnie in Philadelphia
Prometheus • 11.4.1894
Unter den großen Firmen, welche sich in Amerika mit der Gewinnung und Verschickung von Eis befassen, nimmt die Knickerbocker Eiscompagnie eine der ersten Stellen ein. In früherer Zeit beschränkte sie sich darauf, Natureis auf den kanadischen Seen zu schlagen,
Abb. 1. Kondensator und Dampfmaschine der Eismaschine. dasselbe in Eiswerken zu lagern und im Sommer schiffsladungsweise den großen Städten der Union zuzuführen. In neuerer Zeit jedoch hat sie diesen Betrieb fast vollständig aufgegeben und ist zur Herstellung von Kunsteis mit Hilfe großartiger Einrichtungen übergegangen, die unser Interesse erregen können. Das Werk ist im Stande, täglich 60 Tonnen Kunsteis herzustellen, und zwar zu einem so billigen Preis, dass es mit dem Natureis konkurrieren kann. Die maschinellen Einrichtungen, welche wir in den beifolgenden Abbildungen versinnlichen, wurden in New York hergestellt und nach dem Prinzip von Stuart St. Clair gebaut. Unsere Abb. 1 zeigt den Kondensator dieser gewaltigen Eismaschine zusammen mit der Dampfmaschine, welche die nötige Kraft liefert. Kühlflüssigkeit ist komprimiertes Ammoniak. Man sieht in der Abbildung rechts den Zylinder der Dampfmaschine, welche die Energie durch ein Getriebe auf die Kompressions- und Evakuationspumpe, die links sichtbar und vertikal angeordnet ist, überträgt.
Bei der Kompressions- und Evakuationseinrichtung, welche bekanntlich dazu dient, das in den Röhren zirkulierende flüssige Ammoniak durch Evakuation zum Verdunsten zu bringen und dadurch Wärme zu absorbieren und dann das Ammoniakgas wieder zu kondensieren, ist das Prinzip der Verbundmaschine zur Durchführung gebracht worden. Wie bekannt, hat die Einrichtung der Verbundmaschine den Zweck, die Temperatur innerhalb der Zylinder möglichst konstant zu erhalten. Bei einer einfachen Hochdruckmaschine geht dadurch außerordentlich viel Kraft verloren, dass der Dampf, der mit vollem Druck aus dem Kessel strömt, innerhalb des Zylinders sehr stark expandiert und, dabei nach bekannten Gesetzen abgekühlt wird. Diese Abkühlung überträgt sich auf die Zylinderwände, so dass beim Neueinströmen des Dampfes während des nächsten Spieles des Kolbens zunächst ein großer Teil nutzbarer Wärme darauf verwendet werden muss, um die Zylinderwände auf die Temperatur des hochgespannten Dampfes zu erwärmen. Bei der Verbundmaschine ist der Vorgang insofern ein anderer, als sich die Wirkung des Dampfes in mehrere Zylinder verteilt, so dass das ganze Gefälle der Energie im ersten Zylinder nur zu einem Bruchteil sich abspielt, und erst im zweiten, resp. im dritten Zylinder vollendet wird. Die Temperaturdifferenzen zwischen dem in jeden Zylinder einströmenden und dem denselben verlassenden Dampf werden dadurch wesentlich geringer und damit der Nutzeffekt der Maschine größer. Das Prinzip ist somit auch mit Vorteil auf eine Eismaschine anwendbar, und es wird hier die Arbeit des Absaugens des verdunstenden Ammoniaks und des Komprimierens desselben zu flüssigem Ammoniak in verschiedenen Zylindern ausgeführt, in deren Inneren infolgedessen verschiedene Temperaturen und verschiedene Drücke herrschen. Selbstverständlich sind die Kompressionszylinder, in denen eine starke Erwärmung stattfindet, durch Wassermäntel, in denen permanent kaltes Wasser zirkuliert, abgekühlt.
Besonders interessant ist eine Einrichtung in der genannten Fabrik, welche mit Hilfe eines Laufkranes die Beförderung und Aufschichtung der erzeugten Eismassen ohne Zuhilfenahme von Menschenkraft und mit geringstem Aufwand an Kosten besorgt. Das Eis wird in rechtwinklig-parallelepipedischen Stahlkörpern (Abb. 2) erzeugt, von denen jeder 150 kg Wasser enthält. Diese Stahlkannen, welche nebeneinander zu 10 Stück im Eiserzeugungsraum angeordnet sind, werden nach Gefrieren ihres Inhaltes mittelst Ketten zu 10 nebeneinander an den Balken des Kranes gehängt und in den Vorratsraum durch Fortrollen des Kranes befördert. Im Vorratsraum selbst ist eine schiefe Ebene angebracht, auf welcher, wie unsere Abb. 3 zeigt, die Gefrierkästen durch Nachlassen der Kette so gelagert werden, dass ihre Mündungen schräg nach abwärtsgerichtet sind. In diesem Zustand werden die Gefrierkästen durch Aufgießen von heißem Wasser so weit erwärmt, dass die fertigen Eisblöcke aus ihnen herausgleiten und am Fuß der schiefen Ebene nebeneinander aufgespeichert werden. Auf diese Weise kann unter Bedienung eines einzigen Mannes während einer zwölfstündigen Arbeitszeit die riesige Menge von 40 t Eis in den Vorratsraum befördert und passend verstaut werden.