Eisenbahnstadt Berlin
Der neue Bahnhof Rennbahn im Grunewald
und die Herstellung besonderer Vorortgleise
zwischen Bahnhof Heerstraße und Spandau
Zeitung des Vereins Deutscher Eisenbahn-Verwaltungen • 16.6.1909
Vor einigen Wochen ist die von der Hauptstrecke Charlottenburg – Spandau abzweigende, 1,4 km lange Hauptbahn nach dem Bahnhof Rennbahn im Grunewald in beschränktem Umfang für den Personen- und Pferdeverkehr eröffnet worden. An der neuen Strecke liegt zunächst nur der Bahnhof Rennbahn als Endstation (siehe Abbildung). Seine Entfernung von Charlottenburg beträgt 4,64 km. Der Betrieb auf der neuen Strecke erfolgt bis auf weiteres nur an den Tagen, an denen auf der neuen im Grunewald gelegenen Rennbahn des Berliner Rennvereins Rennen veranstaltet werden.
Diese neue Zweigbahn ist in sich keine abgeschlossene Anlage, sie ist vielmehr ein beschleunigt fertiggestellter Teil der besonderen Vorortgleise, die zwischen dem Bahnhof Heerstraße und Spandau geplant sind. Der beschleunigte Ausbau des Teils bis zur Rennbahn war erforderlich, um die Eröffnung der Rennbahn zu ermöglichen, die am 23. Mai 1909 in Gegenwart des Kaisers und der Kaiserin sowie eines großen Teils der Mitglieder des königlichen Hauses stattfand.
Die neue Bahnlinie ist eine unmittelbare Folge der gewaltigen Entwicklung, die der westliche Teil von Groß-Berlin im Laufe der letzten Jahre erfahren hat. In der Verlängerung der Linden und der Berlin-Charlottenburger Chaussee ist bis fast nach Pichelsberg eine schnurgerade Straße, die Döberitzer Heerstraße, in einer Breite von 50 m, zum Teil 60 m geschaffen, eine Straße, wie sie keine Großstadt der Welt besitzt. Dicht vor Pichelsberg erhält sie einen Knickpunkt und wendet sich von hier in etwa nordwestlicher Richtung zum Döberitzer Übungsplatz, Hand in Hand mit dem Bau der Heerstraße ist die Anlage einer Villenkolonie geplant, die sich in einer Größe von etwa 400 ha zu beiden Seiten der Heerstraße von Neu-Westend bis annähernd an die Havel erstrecken wird. Der nördlichste Teil dieses Geländes ist auf viele Jahre an den Unionklub zur Anlage einer Rennbahn verpachtet. Hier ist, dem ganzen großzügigen Charakter der Heerstraßenanlage ebenbürtig, eine Rennbahn für Flach- und Hindernisrennen mit gewaltigen, zum Teil mehrstöckigen Tribünen erstanden, die bis zu 50 000 Zuschauer aufnehmen kann. Ferner sind hier geplant: ein Stadion. mit einer Arena für Olympische Spiele, die Raum für annähernd 80 000 Zuschauer erhalten soll, Bahnen für Wettläufe und für Radrennen, ein großes Schwimmbassin, zahlreiche Spielplätze und verschiedene große Restaurationsanlagen, in denen etwa 5000 Personen unterkommen können. Wenn auch der Ausbau des Stadions zurzeit finanziell noch nicht gesichert ist und daher auch die Arbeiten für dasselbe zunächst nur zum Teil ausgeführt sind, so dürfte doch die Vollendung der Anlage nur eine Frage der Zeit sein.
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