VerkehrSchifffahrt

Fortschritte und Erfindungen der Neuzeit

Das neueste Unterseeboot

Die Gartenlaube • 1886

Voraussichtliche Lesezeit rund 4 Minuten.

Vor zwei Monaten haben wir in der Gartenlaube das  Nordenfelt’sche Unterseeboot beschrieben, welches damals als das beste unter seinen zahlreichen Konkurrenten vielfach anerkannt wurde. Inzwischen wurde es aber durch eine neue Erfindung des französischen Ingenieurs C. Goubet übertroffen. Dasselbe ist schon darum dem Nordenfelt’schen vorzuziehen, weil bei ihm die Feuerung mit dem störenden Rauchfang durch die Elektrizität ersetzt ist und zwei Behälter mit auf 50 Atmosphären zusammengepresster Luft der Mannschaft einen achtstündigen Aufenthalt unter Wasser ermöglichen.

Wir wollen den Mechanismus und die Handhabung des nur fünf Meter langen Fahrzeuges dem Leser klar zu machen suchen, wobei wir, um nicht zu weitläufig zu werden, von der Beschreibung einer Anzahl nicht wesentlicher Teile des beifolgend abgebildeten Bootes absehen.

Soll das Goubet’sche Fahrzeug seine verhängnisvolle Fahrt antreten, so steigen der Führer und der Steuermann und Maschinist in das Innere, durch die Kuppel a, welche hierauf luft- und wasserdicht wieder verschlossen wird. Diese Kuppel ist mit sieben Gucklöchern aus starkem Glas versehen, wovon eins auch oben angebracht ist, so dass die Mannschaft sich bequem nach allen Seiten umsehen kann. Anfangs fährt natürlich das Boot, wie das Nordenfelt’sche, an der Oberfläche, wobei es bis zur angedeuteten Wasserlinie auftaucht. Auf das Kommando des Führers stellt zunächst der Matrose die elektrische Verbindung zwischen der vorne sichtbaren Akkumulatorenkammer und der mit der Schraube S verkuppelten Dynamomaschine (Motor) her, worauf diese und damit die Schraube sich zu drehen beginnen und das Fahrzeug Fahrt bekommt. Unsere Leser werden vielleicht die Abwesenheit eines Steuers bemerkt haben. Die Rolle desselben übernimmt in der Tat die Schraube dadurch, dass sie sich nach rechts und links mittelst des Rades verstellen lässt, welches der Steuermann mit der rechten Hand erfasst hat.

Gelangt nun das Boot in den Schussbereich des anzugreifenden Fahrzeuges, so öffnet zunächst der Steuermann einen Hahn und gestattet damit der in dem Pressluftbehälter eingeschlossenen Luft den Austritt durch die Röhre k in die Kuppel, also in unmittelbare Nähe der Atmungs-Organe der Mannschaft. Zugleich dreht der Führer den Hahn P und bewirkt damit das Einströmen des Seewassers in die unteren Behälter h, während er umgekehrt mit dem Hebel r, den er in der linken Hand hält, die Pumpe c in Tätigkeit versetzt und damit das eingedrungene Wasser wieder hinaustreibt. Dadurch hat es der Offizier vollständig in der Hand, das Boot im Nu sinken oder aufsteigen zu lassen, während der Matrose es nach seinen Anordnungen steuert und die Fahrt auf die einfachste Weise von der Welt dadurch beschleunigt oder verlangsamt, dass er eine größere oder geringere Zahl Akkumulatoren einschaltet. Trifft das Fahrzeug auf Leitungen, die nach Unterseeminen führen, so werden diese Leitungen mit dem durch eine elektrische Glühlampe beleuchteten, vorne aufragenden Messer abgeschnitten, welches der Offizier mit dem Hebel T handhabt.

Man denke sich nun, das Boot befinde sich unter einem feindlichen Schiff. Auf Geheiß des Führers wird es in eine solche Lage gebracht, dass der becherartige, hinten befindliche Torpedo auf den Schiffsboden treffen muss. Dieser steigt dann durch seinen natürlichen Auftrieb und heftet sich mit den sichtbaren Zähnen – wie das geschehen soll, verschweigt leider die uns vorliegende Beschreibung des Erfinders – an den Rumpf des Schiffes. Sofort tritt nun das Unterseeboot den Rückweg an, wobei es durch die sich aufrollende Drahtleitung mit der Sprengwaffe verbunden bleibt, und es erfolgt auf Kommando des Führers die Zündung der letzteren auf elektrischem Weg.

Es erübrigt nur noch die Beschreibung einzelner Vorrichtungen, die wir bisher nicht erwähnt haben. Zunächst der beiden Behälter A und der Linse A zwischen den beiden Seeleuten. Durch diese Linse und die damit verbundenen Vorkehrungen, auf die wir nicht näher eingehen wollen, wird bewirkt, dass sich der Wasserstand in den Behältern sehr schnell verändern lässt. Es erhöht sich somit die Last bald hinten, bald vorne, und es wird der stampfenden Bewegung des Bootes wirksam vorgebeugt. Die Pumpe d dient, in Verbindung mit Chlor- und Ätzkali, zur Reinigung der ausgeatmeten Luft. Das Bleigewicht X endlich spielt die Rolle des Ballastes und soll die schlingernde Bewegung des Fahrzeuges verhindern. Der Erfinder hat aber auch dafür gesorgt, dass das Gewicht sich vom Innern des Bootes aus loslösen lässt, und zwar für den Fall, dass die Aussaugepumpen den Dienst versagen. Das Fahrzeug steigt dann von selbst wieder an die Oberfläche.

Die elektrische Kraft soll ausreichen um das Goubet’sche Boot 14 Stunden lang mit einer Geschwindigkeit von fünf Knoten (etwa 9 km/h) zu treiben.

Sehr anerkennenswert ist es, dass Goubet nicht bloß die Zerstörung feindlicher Fahrzeuge, sondern auch friedliche Zwecke ins Auge fasst. Sein Unterseeboot soll ebenfalls zur Untersuchung des Meeresbodens dienen und, anstelle der dem Wellengang ausgesetzten Rettungsboote, gestrandeten Schiffen Rettungsleinen überbringen, die, an Bojen befestigt, in der Nähe derselben an die Oberfläche steigen und leicht ergriffen werden können.

• G. v. M.

• Auf epilog.de am 28. September 2016 veröffentlicht

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