Berlin

Das Continental-Hotel

BEW-Mitteilungen • Februar 1905

Das Continental-Hotel in der Neustädtischen KirchstraßeDas Continental-Hotel in der Neustädtischen Kirchstraße.

Ein Hotel ohne Elektrizität ist im Zwanzigsten Jahrhundert fast eine Unmöglichkeit. Rümpfen wir verwöhnten Modernen doch schon auf dem Lande, ja hoch in den Bergen die Nase, wenn man uns Gas oder gar nur Petroleum und Kerzen bietet.

Woher kommt das? Nicht vom Lichtbedürfnis allein, sondern von dem ganzen, eigenartigen Komfort, der mit der Elektrizität in ein Hotel einzieht. Wo früher qualmende Lampen die Gäste verscheuchten, geschmacklose, drückende Kronen das Schönheitsgefühl störten, erfreuen uns die leichten und gefälligen Formen elektrischer Beleuchtungskörper. Reizende Tischleuchter laden zum Sitzen und verführen, an die Wand gehängt, selbst den hartnäckigsten Feind jeder Bettlektüre zum Preisgeben seiner augenschonenden Prinzipien. Dann das bequeme Knipsen! Hier brennt es, dort leuchtet es auf, ohne Streichhölzer, ohne beständige Sorge vor Feuer und Brand. Überall schöne, behagliche Lichtfülle in den von elektrischen Ventilatoren durchlüfteten Räumen, auf den sauberen Korridoren und Dielen!

Ach, und wie war doch das Treppensteigen vordem so mühsam: 4. Stock! 5. Stock! Kaum zu erreichen! Jetzt saust man elektrisch hinauf und herunter, das Gepäck ist zeitig zur Stelle; und nichts hindert mehr, die Annehmlichkeiten eines solchen modernen Palastes in einer Höhenlage zu genießen, die weniger kräftigen Börsen so wohl tut.

Elektrisches Licht im SpeisesaalElektrisches Licht im Speisesaal.

Wenn wir den Rang eines Hotels nach dem Grad bemessen, in dem es die elektrische Energie seinem Betrieb dienstbar macht, so verfügt Berlin über eine stattliche Reihe, die alle das Prädikat I verdienen und, teilweise schon sehr lange, als alte, treue Konsumenten an das Kabelnetz der Berliner Elektrizitäts-Werke (B.E.W.) angeschlossen sind. Um eines zu nennen: das Continental-Hotel in der Neustädtischen Kirchstraße.

Seinerzeit von dem Geh. Hofbaurat Heim erbaut und im Jahr 1898 von den Herren Adlon und Klicks übernommen, verfügt dieses Haus heute über 186 auf das modernste eingerichtete Zimmer mit 220 Betten. In allen Etagen finden wir durchlaufende Appartements in Verbindung mit Bade- und Toiletteräumen. Die Frequenz des Hotels, welche Ende 1903 rd. 63 000 Personen erreichte, hat sich im abgelaufenen Jahr trotz des ungünstigen Einflusses des ostasiatischen Krieges noch gesteigert.

Gerade hier, wo wir es mit einem Sammelpunkt bester Gesellschaft zu tun haben, spielen die durch die Elektrizität geschaffenen Annehmlichkeiten eine bedeutende Rolle: 2500 Glühlampen und 9 Bogenlampen leuchten den Gästen, während 6 Elektromotoren von zusammen rd. 30 PS die Fahrstühle, Ventilatoren etc. in Bewegung setzen.

Der elektrische Strom wird im Continental-Hotel zur Zeit des größten Konsums von einer Akkumulatorenbatterie geliefert, die in den übrigen, dem direkten Strombezug freigegebenen Stunden ihre Ladung aus dem Leitungsnetz der B.E.W. erhält.

• Auf epilog.de am 30. Mai 2021 veröffentlicht

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