Handel & IndustrieFabrikation

Die Bleistiftverfertigung

Kameralistische Enzyklopädie • 1835

Die Bleistifte sind kleine Stäbchen von Graphit, dieser aber ist eines der brenzlichen Mineralien (Brenze). Man hat natürliche und künstliche Graphitstifte. Jene sind aus dem bis jetzt nur in England gefundenen reinen dichten Graphit auch nur in England gefertigt und daher zu beziehen. Dort versägt man die großen Graphitstücke in Platten, glättet diese auf waagerechten Scheiben aus und zersägt sie in Stifte von beliebiger Dicke, die man dann entweder unmittelbar in die bekannten silbernen oder überhaupt metallenen Hülsen bringt, oder auch in Holz fasst und verkauft. Den Mangel an hinreichend wohlfeilen Bleistiften dieser ersten Klasse sucht man durch künstliche zu ersetzen, indem man den, hauptsächlich in Böhmen und Bayern gefundenen, blättrigen, erdigen und staubartigen Graphit nimmt, mit anderen bindenden Materien mischt, und entweder in große Massen formt, aus denen man die einzelnen Stifte schneidet, oder aber noch im weichen Zustand die Stifte bereitet.

Die früheren Bindemittel, als Gummi, Leim, Hausenblase, Schwefel, Kolophonium, Schellack und roher Spießglanz sind jetzt als mehr oder weniger unbrauchbar vom Ton verdrängt worden, denn dieser macht die Masse leicht formbar und bis zu jedem beliebigen Grad härtbar, wenn er fett, zähe und frei von Kalk und Eisenoxid ist. Ton und Graphit werden im Stößer oder auf kleinen Handmühlen pulverisiert, dann gesiebt, und hierauf (besonders Ersterer) verwaschen oder geschlämmt, bis alles Fremdartige, Grobe davon hinweg ist. Darauf werden dieselben sehr sorgfältig nach den einmal durch Erfahrung bewährten Verhältnissen gemischt, welche sich zwischen 4 – 8 Teile Ton auf 5 Teile Graphit herumbewegen, wenn die Stifte gut werden sollen. Die Mischung geschieht in eigens dazu gebauten Mühlen, die von Menschen oder auf eine andere Art bewegt werden. So ist der Teig schon zäh, aber noch nicht im gehörigen Grad, weshalb er erst noch recht durchgearbeitet wird, um ihn luftfrei und dichtzumachen. Zu diesem Behufe schneidet man mit einem, die Sehne eines Bogens bildenden, Eisendraht von der Masse Blätter ab und knetet sie, bis obiger Zweck erreicht ist. So wird der Teig ballenweise aufbewahrt bis zur Verarbeitung. Um aber die Reißbleistifte zu bilden, hat man folgende Werkzeuge:

  1. Entweder Bretter mit parallelen Rinnen (oder Nuten) von der Dicke des zu bildenden Bleistiftes, in welche mit der Hand oder durch eine Presse der Teig eingedrückt wird.
  2. Oder kupferne, auch messingene Platten von der Dicke des zu bildenden Stiftes, in welche solche parallele Einschnitte gemacht sind, in die man auf die so eben angegebene Weise den Teig eintreibt.
  3. Oder, wenn man runde und vierkantige Stifte machen will, ein Instrument, das aus einem Zylinder (einer Büchse) besteht, in welcher ein Holz- oder Metallstempel durch eine Schraubenpresse hinabgedrückt werden kann, damit er die in denselben eingefüllte Reißbleimasse durch Löcher hinauspresst, welche, in der Weite des zu bildenden Stiftes, auf dem Boden desselben angebracht sind.

Die auf eine dieser Methoden bereiteten Stifte werden, um ihnen die gehörige Festigkeit zu geben, in einer schwachen Rotglühhitze gebrannt, indem man sie in Tiegel stellt, ganz in demselben mit Kohlenstaub umgibt und noch einige Zoll hoch bedeckt, die Tiegel mit einem Deckel zukittet und in den Windofen setzt, oder indem man sie horizontal in feuerfesten Kapseln mit Kohlenstaub schichtet und diese bedeckt in den Ofen legt.

So weit muss der Stift bereitet sein, ehe er in metallene Hülsen gefasst, oder in Holz oder Schilfrohr eingesetzt werden kann. Zu diesem Behufe schneidet man das zu gebrauchende Holz auf Furnier-Schneidemühlen in dünne Brettchen und diese wieder in kürzere, bleistiftlange Stücke. Auf der gehobelten Fläche werden mittelst eigens dazu eingerichteter Hobel parallele Rinnen oder Nuten, von der Dicke eines einzulegenden Stiftes oder schmälere abwechselnd eingestoßen. Die weiteren Nuten müssen den Stift aufnehmen, die engeren aber dienen zum leichteren Zerschneiden der Brettchen in Stäbchen. Nachdem diese Stäbchen fertig sind, werden die Stifte mit Leim bestrichen und in die Nuten eingelegt. Ist der Stift so dick, dass auf der offenen Fläche des Stäbchens ein dünnes Stäbchen eingeschoben werden kann, so wird ein solches eingeleimt. Ist aber die Nute davon ganz ausgefüllt, so wird auf die ganze Fläche des Stäbchens, wo der Stift frei ist, ein Holzplättchen aufgeleimt. Diese eckigen Stifte werden auf dem Werktisch in halbrunde Rinnen gespannt, so dass jedes Mal eine Kante nach oben kommt, und dann mit einem Kehlhobel von konkaver Schneide rund gehobelt.

So weit fertig werden die Bleistifte, mehrere in einer Reihe, vermittelst zweier Querleisten, wovon die Eine je nach der erforderlichen Länge der Bleistifte am Werktische gestellt werden kann, um den Bleistiften als Widerhalt zu dienen, die andere aber zum Festhalten von oben herab dient, abgemessen und angeschraubt, um sie mit einer Säge gleich absägen zu können. Das Glatt schneiden der Enden derselben geschieht aus freier Hand mit einem besonderen Messer, und das Polieren mit Schachtelhalm, aber das Aufdrücken des Fabrikzeichens durch eine Presse und in England durch ein Walzwerk.

Entnommen aus dem Buch:

Neuerscheinung

Ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ersetzten Dampfmaschinen zunehmend die Muskelkraft und ermöglichten eine zunehmende Mechanisierung der bis dahin handwerklich geprägten Güterproduktion. Der Abbau von Handelshemmnissen und neue Verkehrswege eröffneten überregionale Märkte, immer mehr Produkte mussten immer schneller und billiger produziert werden. Arbeitsteilung und Spezialisierung veränderten ganze Wirtschaftszweige. Die historischen Originalbeiträge und Abbildungen in diesem Buch geben einen unverfälschten Einblick in die Wirtschaft des 19. Jahrhunderts.
  PDF-Leseprobe € 14,90 | 106 Seiten | ISBN: 978-3-7583-0344-9

• Auf epilog.de am 14. März 2024 veröffentlicht

Reklame