Handel & IndustrieMaschinenbau

Der Riesenkran in Bremerhaven

Illustrirte Zeitung • 10.2.1866

Riesenkran in BremerhavenDer Riesenkran in Bremerhaven.

Eins der größten, auffallendsten Bauwerke, das bei einer Wanderung am Hafen der neuen Seestadt den Blick des Beobachters auf sich zieht oder vielmehr hinaufzieht, ist unter den verschiedenartigen Kränen der Riese, der in Form eines fast rechtwinkeligen Dreiecks über uns aufsteigt. Die Basis des Dreiecks bildet der Boden, der andere den fast rechten Winkel einschließende Schenkel spaltet sich in zwei Beine; der längste, dem fast rechten Winkel gegenüberliegende Schenkel bildet den eigentlich operierenden Teil des Krans, dessen Hauptzweck darin besteht, das Aus- und Einsetzen aller großen Dampfkessel und insbesondere der der transatlantischen Lloyd-Steamer zu bewerkstelligen. Und die Erfüllung dieses Zwecks war eine Notwendigkeit geworden, seitdem man durch die zuvor erbauten großen Trockendocks in den Stand gesetzt war, die transatlantischen Dampfschiffe selber zu reinigen und zu reparieren, was vor der Erbauung der Trockendocks in England geschehen musste. Da stellte es sich heraus, dass die vorhandenen Kräne dazu nicht genügten, weil sie nur das Heben bis zu 8 t gestatteten, und erst auf die Erbauung eines Riesenkrans Bedacht genommen werden musste, dessen Konstruktion das Heben bis zu 60 t gestattet. Die Ausführung desselben und der zu erwähnenden Dampfmaschine geschah in der bekannten Maschinenfabrik von C. Waltjen und Comp. in Bremen.

Der Kran selbst besteht aus drei Stücken, oben miteinander verbundenen zylindrischen, resp. kastenförmigen Blechröhren, sogenannten Beinen, von denen die beiden vorderen, je 29 m lang, in festen Lagern ruhen, während das hintere Bein, etwa 35 m lang, vermittelst einer 13,7 m langen, 22 cm im Durchmesser haltenden Schraube bewegt werden kann. Auf diese Weise kann der Kopf des Krans bis über die Mitte der größten Schiffe hinausgeschoben werden und vermag selbst in dieser Lage noch ein Gewicht von 60 t zu heben, während die zu hebenden Kessel der großen Steamer nur 30 – 35 t wiegen.

Bei der ersten Einrichtung des Krans erfolgte sowohl die Drehung der Schraube zum Vor- und Rückwärtsschieben des Krans als auch die Bewegung der Kettentrommel zum Aufwinden der Lasten vermittelst Handarbeiter. Da jedoch bei der oft vorkommenden bedeutenden Größe der Lasten dies Verfahren sehr viel Zeit in Anspruch nahm, so entschloss man sich gar bald, zu diesen Arbeiten eine 10 PS-Dampfmaschine anzuwenden, so dass jetzt das Heben mit einer Geschwindigkeit von rund 30 cm in der Minute geschieht, während gleichzeitig die Bewegung des Hinterbeins auf der Schraube mit doppelter Geschwindigkeit erfolgen kann.

• Auf epilog.de am 19. Juni 2024 veröffentlicht

Reklame