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Berlin-Dresdener Eisenbahn

Enzyklopädie des Eisenbahnwesens • 1912

Eine unmittelbare Eisenbahnverbindung zwischen Berlin und Dresden ist verhältnismäßig spät geschaffen worden. Im Jahre 1871 wurde einem Berliner Komitee die Erlaubnis zu Vorarbeiten für eine Linie von Berlin über Zossen, Baruth, Kirchhain, Dobrilugk, Elsterwerda, Großenhain und Moritzburg nach Dresden erteilt. Zum Teil war hierbei die Absicht leitend, das vielangefochtene Monopol der Berlin-Anhalter Bahn für die Verbindung mit Sachsen zu brechen. Die landesherrliche Konzession wurde der Berliner-Dresdener Eisenbahngesellschaft im Jahre 1872 erteilt und in demselben Jahre ein Staatsvertrag zwischen Preußen und Sachsen wegen Herstellung einer direkten Eisenbahn von Berlin nach Dresden geschlossen, durch den Preußen die maßgebende Aufsicht über die neue Bahn erhielt. Das Anlagekapital wurde auf 10½ Mill. Taler festgesetzt. Den Bau der Bahn übertrug die Gesellschaft einem Generalunternehmer, was zu den späteren finanziellen Schwierigkeiten mit beigetragen hat. Die Betriebseröffnung erfolgte am 17. Juni 1875.

In Berlin wurde ein selbstständiger Endbahnhof an dem Platz südlich der Luckenwaldstraße erbaut. Mit der Potsdamer Bahn wurde eine Gleisverbindung hergestellt. Am 17. Juni 1875 wurde die ganze zunächst eingleisige Bahn dem Verkehr übergeben. Sie hat Kreuzungsstationen in Dobrilugk mit der Linie Halle–Sorau–Guben, in Elsterwerda mit der Linie Kohlfurt–Falkenberg (nebst Gleisverbindung mit der Linie Riesa–Elsterwerda und Verbindungsbahn mit der Oberlausitzer Bahn), bei Großenhain mit der Linie Kottbus–Großenhain und bei Coswig mit der Linie Leipzig–Dresden. In Dresden wurde eine Verbindung mit der sächsischen Staatsbahn hergestellt. In Berlin wurde der Bahnhof mit dem Bahnhof Tempelhof der  Ringbahn verbunden. Infolge unvorhergesehener Ausgaben bei dem Bau der Bahn und ungünstiger Wettbewerbsverhältnisse geriet die Gesellschaft in finanzielle Schwierigkeiten. Es gelang nicht, diese Schwierigkeiten durch eine Prioritätsanleihe zu beseitigen. Ein Verkauf der Bahn an die Anhalter-Bahn wurde nicht genehmigt. Da bot die Berlin-Dresdener Eisenbahngesellschaft die Linie dem Staate an. Durch Vertrag vom 18. Juli 1876 übernahm der Staat unter Bewilligung einer 4,5 %igen Zinsbürgschaft für eine Anleihe der Gesellschaft den Betrieb und die Verwaltung auf immer und sicherte sich die Berechtigung, diese nach 15 Jahren käuflich zu erwerben. Empfangsgebäude des Berliner Bahnhofs in Dresden um 1875Empfangsgebäude des Berliner Bahnhofs in Dresden um 1875 Der Vertrag wurde durch Gesetz vom 11. August 1877 genehmigt und durch Erlass vom 20. August 1877 wurde die Verwaltung der Direktion der Niederschlesisch-Märkischen Eisenbahn übertragen, nachdem ein Streit zwischen der preußischen und sächsischen Regierung wegen der Übernahme des Betriebes auf der ganzen Linie durch Schiedsspruch des Lübecker Oberappellationsgerichts zu Gunsten Preußens entschieden worden war.

Unter der Staatsverwaltung besserte sich die finanzielle Lage der Gesellschaft, ins Besondere, als im Jahre 1880 die Berlin-Potsdam-Magdeburger und im Jahre 1882 die Berlin-Anhaltische Eisenbahn verstaatlicht worden waren. Im Jahre 1882 konnte der unzulängliche Dresdener Bahnhof in Berlin auf gehoben und der Dresdener Verkehr fortan auf dem Anhalter Bahnhof abgefertigt werden. Die Einnahmen sowohl im Personen- als auch im Güterverkehr stiegen beträchtlich. Im Betriebsjahre 1883/84 schloss die Bahn zum ersten Mal ohne Fehlbetrag ab und brachte ebenso wie in den folgenden Betriebsjahren erhebliche Überschüsse. Im Jahre 1887 verständigten sich Preußen und Sachsen über eine käufliche Übernahme der Berlin-Dresdener Eisenbahn dahin, dass Preußen die Strecke Berlin–Elsterwerda und Sachsen die Strecke Elsterwerda–Dresden zu Eigentum erhielt, jedoch unter Fortführung eines einheitlichen, zusammenhängenden Betriebes auf der ganzen Strecke. Der Verstaatlichungsvertrag wurde zwischen der preußischen Staatsregierung und der Berlin-Dresdener Eisenbahngesellschaft unter dem 15./16. Dezember 1886 geschlossen. Der Kaufpreis betrug 3,15 Mill. Mark. Ferner über nahm der Staat sämtliche Schulden der Gesellschaft. Den Aktionären wurde ein freihändiger Umtausch der Aktien gegen Staatsschuldverschreibungen angeboten, womit der Staat für ein Aktienkapital zum Nennwerte von 31,5 Mill. Mark Staatsschuldverschreibungen im Werte von 12,75 Mill. Mark zu gewähren hatte. Der Erwerb der Berlin-Dresdener Eisenbahn ist durch das Gesetz, betreffend den weiteren Erwerb von Privateisenbahnen für den Staat, vom 28. März 1887 genehmigt.

• Quaatz

• Auf epilog.de am 16. Januar 2004 veröffentlicht

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