Berlin-Potsdamer Eisenbahn

Berlin-Potsdamer Eisenbahn

Bericht von der Probefahrt

Vossische Zeitung • 28.10.1838

Gestern fand die Probefahrt auf der Eisenbahn zwischen Berlin und Potsdam für die nunmehr ganz vollendete Bahnstrecke statt. Es waren dazu etwa 250 Billetts ausgegeben worden und trotz des ungünstigen Wetters alle Plätze besetzt. Die Gesellschaft versammelte sich in dem nun beinahe vollendeten Empfangs-Hause auf dem Bahnhofe am Potsdamer Tor.

Der Zug setzte sich, gezogen vom ›Pegasus‹, um Punkt 12 Uhr in Gang, bewegte sich in geringer Geschwindigkeit (10 Minuten) bis Schöneberg, lief dann mit rapider Schnelligkeit (5 Minuten) bis zum Dorf Steglitz und traf um 12 Uhr 25 Minuten bei der noch liegenden Drehscheibe bei Zehlendorf ein. Der Zug musste mit einiger Vorsicht über diese Stelle geführt werden, flog aber, als er sie passiert hatte, von hier in 15 Minuten bis Kohlhasenbrück und erreichte in 24 Minuten das Ziel. Die ganze Fahrt hatte 49 Minuten gedauert. Nachdem die Passagiere ein kleines Frühstück eingenommen hatten, wofür Herr Heinzelmann im Potsdamer Bahnhaus diesmal die lobenswertesten Anstalten getroffen, fuhr der Zug wiederum vom Pegasus geführt, um 1½ Uhr von Potsdam zurück, war in 12 Minuten bei Kohlhasenbrück, in 25 Minuten bei Zehlendorf, in 34 Minuten bei Steglitz, in 40 Minuten bei Schöneberg angekommen und traf nach 46 Minuten in Berlin wieder ein. Rechnen wir den Aufenthalt bei Zehlendorf ab, so ist mit Sicherheit anzunehmen, dass nach der nun erfolgenden Wegnahme der Drehscheibe, die Fahrt von Berlin nach Potsdam, 3½ Meilen [26,4 km], höchstens 40 Minuten dauern wird. Dienstag den 30sten wird die Bahn eröffnet und vom Publikum befahren werden.

Buchtipp:

Neuerscheinung

Die großartige Entwicklung von Berlin und seinen Vororten ab 1870 hat an den Verkehr auf den Eisenbahnen, besonders an den Verkehr zwischen den Vororten und der inneren Stadt Berlins, Anforderungen gestellt, denen nur durch besondere Anlagen und durch eine besondere Betriebsweise genügt werden konnte. Von dem Aufschwung erhält man ein Bild, wenn man die Entwicklung der Potsdamer Bahn verfolgt. Auf den vorhandenen zwei Gleisen, der sogenannten Stammbahn, ließen sich die drei Verkehrsarten, der Fernverkehr, Güter- und Vorortverkehr, nicht mehr in voller Regelmäßigkeit bewältigen und es musste zur gründlichen Abhilfe der auftretenden Schwierigkeiten die Strecke Berlin – Potsdam viergleisig ausgebaut werden. Die dadurch entstandene neue Vorortbahn, welche am 1. Oktober 1891 eröffnet wurde, hat zum Unterschied von der alten Potsdamer Bahn die Bezeichnung ›Wannseebahn‹ erhalten.
  PDF-Leseprobe € 14,90 | 104 Seiten | ISBN: 978-3-695-14284-2

• Auf epilog.de am 1. Oktober 1997 veröffentlicht

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