Berliner Bauwerke

Baumbachs Casino

Prinzenstraße 94
Architekt Döring

Deutsche Bauzeitung • 13.11.1880

baumbachs-casino

Keine der in Berlin und seine Bauten erwähnten Gebäudegattungen ist dürftiger behandelt worden, als die der ›Tanzhäuser‹. Abgesehen von dem Grad der Sympathie, welchen der Zweck dieser baulichen Anlagen zu erwecken imstande ist, muss freilich zugegeben werden, dass die große Mehrzahl der Berliner Tanzhäuser ein höheres baukünstlerisches Interesse nicht besitzt. In Hintergebäuden untergebracht und mit Aufwand geringer Baumittel ausgeführt, zeigen dieselben weder eine bedeutende Grundriss-Entwickelung, noch geht ihre dekorative Ausgestaltung über das ›Landesübliche‹ hinaus. Aber sie repräsentieren immerhin einen Typus, von dem man bei einer vollständigen Darstellung des baulichen Schaffens unserer Stadt gleichfalls Kenntnis nehmen muss und der daher auch wohl in einem Beispiele vorzuführen ist.

baumbachs-casinoErdgeschoss: 1. Tanzsaal | 2. Nebenräume | 3. Büfett | 4. Garderobe | 5. Entree | 6. Kasse | 7,8. Retiraden.
Obergeschoss: 1. Entree | 2. Garderobe | 3. Logen | 4. Orchester | 5. Bodenraum.

Von diesem Gesichtspunkte aus möge man die diesmal aufgenommene Publikation von ›Baumbachs Casino‹ betrachten. Wir haben absichtlich keines der größeren, jedoch eines der besser ausgestatteten Lokale dieser Art gewählt, waren aber hierbei genötigt, in eine schon etwas zurückliegende Bauperiode über zu greifen, da der in #Berlin und seine Bauten angedeutete Verfall der hiesigen Tanzhaus-Anlagen seither noch weiter sich geltend gemacht hat. Auch das hier in Rede stehende Lokal dient gegenwärtig nur noch an zwei Abenden der Woche seinem alten Zweck, während es im übrigen zu Gesellschaften, Hochzeiten und Versammlungen aller Art benutzt wird. Unter anderen hält der einer großen Zahl unserer Leser wohlbekannte Verein studierender Architekten und Ingenieure ›Motiv‹ hier seit einiger Zeit seine regelmäßigen Donnerstags-Versammlungen ab – ein Grund mehr für die Mitteilung der umstehenden Zeichnungen an dieser Stelle.

Baumbachs Casino ist im Jahr 1874 von dem Reg.-Bmstr. Döring in einer Zeit von 4½ Monaten und mit einem Kostenaufwand von ca. 90 000 Mark [Entspricht im Jahr 2020 rund 1 Mill. €] ausgeführt worden. Die (neuerdings in manchen Einzelheiten veränderte) Einrichtung bedarf einer näheren Erläuterung wohl nur insofern, als hinzuzufügen ist, dass in dem mit dem Garten zusammenhängenden Untergeschoss, dem sogen. ›Tunnel‹, ein geräumiges Restaurations-Lokal mit einer Anzahl von Billards sich befindet. Die Dekoration des Hauptsaals, welche natürlich nur mit den Hilfsmitteln des Stuckateurs, Anstreichers und Tapezierers bewirkt ist, zeichnete sich seiner Zeit unter den Werken ähnlicher Art durch eine gewisse künstlerische Haltung und gefällige Verhältnisse aus, hat aber von ihrem Glanz sehr viel eingebüßt.

• Auf epilog.de am 18. Dezember 2022 veröffentlicht

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