Handel & Industrie – Maschinenbau
Antike Dampfmaschinen
Der Stein der Weisen • 1892
Wenn man das Charakteristische einer Dampfmaschine darin erblicken will, dass Körper durch Dampf in Bewegung gesetzt werden, so muss man mit der Geschichte der Dampfmaschine bereits im Altertum beginnen. Nach Leonardo da Vinci soll bereits Archimedes (278 v. Chr.) in seinem ›Erzdonnerer‹ die Kraft des Wasserdampfes für Geschütze angewandt haben. Die ersten Aufzeichnungen über Anwendungen des Dampfes zur Bewegung von Körpern finden wir in Alexandria, das zu jener Zeit der Sitz des Welthandels und der Wissenschaft im alten Kulturland Ägypten war. Hier schrieb Hero der Ältere um das Jahr 200 v. Chr. seine Einleitung in die Mechanik, das vollständigste Werk, welches die Alten über diese Theorie besaßen, seine Pneumatik und andere Werke. Von der Pneumatik werden vier Abschriften aus dem 15. und 16. Jahrhundert im Britischen Museum zu London aufbewahrt. Der erste Teil des Werks behandelt den Gebrauch des Siphons; Satz 11 lehrt die Anwendung der Wärme zum Heben von Flüssigkeiten. Von hervorragendem Interesse ist die in Satz 37 besprochene Maschine, die in ihren Hauptteilen mit der viel später von Porta, de Caus und Worcester erfundenen Maschine übereinstimmt. Hero gibt hier ein Verfahren an, die Pforten eines Tempels durch erhitzte Luft zu öffnen.
Unterhalb der Tempeltüren ist in dem Raum A B C D (Fig. 1) ein mit Wasser gefülltes, kugelförmiges Gefäß H angebracht. Ein Rohr F G verbindet den oberen Teil der Kugel mit dem luftdichten Innenraum des Altars D E. Ein zweites Rohr K L M führt vom Boden des Gefäßes H in Form eines Siphons zu dem am Boden aufgehängten Eimer N X. Das Seil desselben geht über eine Rolle und um die vertikalen Walzen O P, die sich um Zapfen drehen und auf denen die Türen ruhen. Die über eine Rolle R geführten Seile tragen ein Gegengewicht W. Wird auf dem Altar Feuer angezündet, so dehnt sich die im Inneren des Altares eingeschlossene Luft aus, geht durch das Rohr F G und treibt das im Gefäß H enthaltene Wasser durch den Heber K L M in den Eimer N X. Das Gewicht dieses letzteren, der infolgedessen herabsinkt, versetzt die Walzen O P in Umdrehung, hebt das Gegengewicht und öffnet somit die Tempeltüren. Wird das Feuer auf dem Altar ausgelöscht, so verdichtet sich die Luft wieder, das Wasser kehrt durch den Heber in das kugelförmige Gefäß zurück, das Gegengewicht fällt und die Türen werden geschlossen.
Außerdem sind mehrere Vorrichtungen beschrieben, bei welchen der durch die Flamme des Altars erzeugte Dampf ein Gebläse bildet zum Anblasen des Feuers, des Hornes eines Triton usw. Eine andere Vorrichtung, bei welcher der Dampf Bewegung erzeugt, ist der Äolsball oder die Äolipile. Eine altgriechische Form derselben ist in Fig. 2 abgebildet. In dem durch einen Deckel dampfdicht abgeschlossenen Kessel p wird das Wasser durch das darunter befindliche Feuer zum Sieden erhitzt. Der sich hierbei entwickelnde Dampf gelangt durch das Rohr o l in die Kugel x und entweicht aus derselben durch die seitwärts gerichteten Röhren w z. Da die Kugel sowohl um l als auch um den Zapfen q der Säule s drehbar gelagert ist, gelangt sie durch die Reaktionswirkung des ausströmenden Dampfes in Umdrehung
• v. U.