VerkehrEisenbahn

Fahrplanwechsel bringt wichtige Neuerungen im Fernverkehr der Eisenbahn

ICE vom 24. Mai 1998 an über die Stadtbahn

Berliner Wirtschaft • April 1998

Voraussichtliche Lesezeit rund 5 Minuten.

Gleichzeitig mit dem Fahrplanwechsel bei der Deutschen Bahn AG am 24. Mai 1998 wird in Berlin die Stadtbahn wieder für den Fernverkehr eröffnet. Die Mehrzahl der Fernzüge verkehrt in den kommenden Jahren über diese zentrale Ost-West-Verbindung. Der Bahnhof Zoologischer Garten und der ›Ostbahnhof‹, der mit Fahrplanwechsel seinen alten Namen zurückerhält, werden zu den Hauptknoten im Fernverkehr. Wenn im September die Hochgeschwindigkeitsstrecke Berlin–Stendal–Hannover in Betrieb genommen wird, verkürzt sich die Fahrzeit Richtung Hannover, Ruhrgebiet und Köln um eine Stunde. Ähnlich umfangreiche Neuerungen im Fernverkehr wird es erst wieder bei der für 2002 geplanten Eröffnung des Lehrter Bahnhofs [seit 2002: Hauptbahnhof] und des Nord-Süd-Tunnels geben.

Die jetzt durchgehend zweigleisig ausgebaute und elektrifizierte Stadtbahn erlaubt einen dichten Takt von bis zu 12 Zügen des Fern- und Regionalverkehrs pro Stunde und Richtung. Der Sommerfahrplan sieht in beiden Richtungen bis zu sechs stündliche Fernzugfahrten vor. Die Fernzüge benötigen zwischen Ostbahnhof und Zoo ca. 11 Minuten gegenüber 20 Minuten vor Ausbau der Strecke.

›Flügelzüge‹ mit dem Ruhrgebiet

Bei der Intercity-Express-Linie 10, die bisher zwischen Berlin Zoo und Köln Hbf. verkehrt, werden mit Beginn des neuen Fahrplans ›Flügelzüge‹ gebildet, von denen der eine das Ruhrgebiet auf nördlicher Route und der andere auf südlicher Route durchquert. Neuer Ziel- und Endbahnhof ist in Berlin der Ostbahnhof. Die auf dieser Linie eingesetzten Zuggarnituren bestehen aus zwei ICE 2-Halbzügen, die mit einer automatischen Kupplung verbunden sind. Diese Kupplung macht ein schnelles Trennen und Wiederzusammenfügen der Halbzüge möglich. Aus Richtung Berlin kommend werden die Züge in Hamm geteilt. Während ein Halbzug über Dortmund, Bochum, Essen, Duisburg nach Düsseldorf fährt, nimmt der andere Halbzug den Weg über Hagen, Wuppertal nach Köln und Bonn. In Gegenrichtung werden die Halbzüge in Hamm wieder zu einem Zug verbunden. Die Züge verkehren im Sommer im Zwei-Stunden-Takt.

ICE-Linie 10Foto: Deutsche Bahn AGICE im Doppelpack: Die Zughälften der ICE-Linie 10 fahren ab 24. 1998 Mai von Berlin-Ostbahnhof gemeinsam bis Hamm und setzen von dort ihre Fahrt getrennt nach Düsseldorf bzw. Köln/Bonn fort.

Die Linie 10 soll mit Inbetriebnahme der Hochgeschwindigkeitsstrecke Berlin–Stendal–Hannover (27. September vorgesehen) auf diese Strecke wechseln. Die Reisezeit Zoo-Hannover Hbf verkürzt sich dann von 2.41 Std. auf 1.48 Std., also um rund eine Stunde. Dennoch ist die Fahrzeit der ICE-Züge nur wenig kürzer als die des Dieseltriebzuges ›Fliegender Kölner‹, der in den 30er Jahren nach Hannover 1.54 Std. benötigte. Allerdings steht zunächst ein etwa 50 km langer Abschnitt der Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Spandau und Rathenow noch nicht zur Verfügung, so dass die Züge dort die Stammstrecke benutzen müssen, für die eine Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h gilt. Mit dem Wechsel auf die Hochgeschwindigkeitsstrecke wird sich die Zahl der täglichen Zugpaare der ICE-Linie 10 von acht auf 17 erhöhen, so dass in der Relation Berlin–Hannover–Hamm ein Stundentakt entsteht. Da zusätzlich jedoch nur Halbzüge zum Einsatz kommen, wird der Stundentakt über Hamm hinaus nur bis Düsseldorf fortgesetzt. Von und nach Köln/Bonn bleibt es beim zweistündigen Abstand der Züge.

Die ICE-Linie 6 Berlin–Frankfurt/Main–Stuttgart–München verkehrt mit Fahrplanwechsel ebenfalls über die Stadtbahn bis Ostbahnhof. Sie wird im September noch nicht auf die Hochgeschwindigkeitsstrecke geleitet, da die für diese Linie benötigte neue Verbindungsstrecke Wolfsburg–Braunschweig zu diesem Zeitpunkt noch nicht fertiggestellt ist.

Stundentakt nach Hamburg

Zwischen Berlin und Hamburg werden vom 24. Mai an 17 IC- und ICE-Zugpaare verkehren, zwei mehr als bisher. Durch entsprechende Staffelung der im Zwei-Stunden-Takt fahrenden IC-Linien 7 und 8 entsteht zwischen den beiden größten Städten erstmals ein Stundentakt. Die IC-Linie 7 Hamburg–Dresden (–Prag–Budapest/Wien) nutzt auf ihrem Weg durch Berlin wieder die Stadtbahn. Die Züge halten in Spandau, Zoo, Ostbahnhof und Berlin-Flughafen Schönefeld. Die bisherige Führung über den Außenring und Lichtenberg entfällt. Die IC-Linie 8 Hamburg-München über Berlin-Leipzig nutzt dagegen unverändert Zoo als ›Kopfbahnhof‹, d. h. sie fährt aus Richtung Hamburg über Spandau zum Zoo und von dort aus über Wannsee weiter in Richtung Süden. Die 15 Zugpaare der IC-Linien 7 und 8 werden ergänzt durch die bestehende ICE-Verbindung ›Fliegender Hamburger‹ und das ebenfalls über die Stadtbahn geleitete neue ICE-Zugpaar ›Elbe-Kurier‹ zwischen Dresden und Hamburg. Außerdem werden von Fahrplanwechsel an drei bestehende Interregio-Linien über die Stadtbahn geführt. Es handelt sich um die IR-Linie 16 Ostbahnhof–Hannover–Bad Bentheim–Amsterdam (in Gegenrichtung nur bis Charlottenburg), die IR-Linie 17 Ostbahnhof–Hannover–Duisburg–Aachen und die IR-Linie 32 Zoo–Cottbus–Görlitz. Die IR-Linie 16 soll ebenfalls vom 27. September 1998 an über die Hochgeschwindigkeitsstrecke fahren; Fahrzeitgewinn eine gute halbe Stunde. Zwei weitere IR-Linien machen unterwegs im Ostbahnhof ›Kopf‹, ohne über die Stadtbahn zu fahren. Es handelt sich um die Linie 34 Chemnitz/Dresden–Ostbahnhof–Güstrow–Rostock (–Warnemünde) und die IR-Linie 36 Frankfurt/Main–Ostbahnhof–Greifswald–Stralsund (–Binz). Der Ostbahnhof ist jetzt auch Ziel- und Endpunkt für das IR-Zugpaar 2162/2163 ›Alpsee‹ nach Oberstdorf über Plauen, Regensburg und München. Der Bahnhof Lichtenberg wird von den IR-Linien 32, 34, 36 und dem IR ›Alpsee‹ nicht mehr bedient.

Nachtzüge über die Stadtbahn

Mit Fahrplanwechsel werden auch nahezu alle Nachtzüge von und nach Berlin über die Stadtbahn geführt. Von und nach Ostbahnhof über Zoo verkehren:

  • D 242/243 Berlin–Potsdam Stadt–Paris,
  • D 340/341 Berlin–Potsdam Stadt–Amsterdam,
  • CNL 358/359 Berlin–Basel–Zürich
  • EN 228/229 ›Spree-Donau-Kurier‹ Berlin–Wien–Budapest über Leipzig, Passau (Der DN 378/379 ›Metropol‹ über Prag entfällt dafür).

Von und nach Lichtenberg mit Halten in Ostbahnhof, Zoo, Wannsee fahren:

  • ICN 1500/1501 Berlin–München,
  • ICN 1544/1545 Berlin–Potsdam Stadt–Dortmund–Köln–Frankfurt/Main

Von und nach Zoo über Ostbahnhof fährt:

  • D 318/319 Berlin–Malmö über Trelleborg

In drei Stunden nach Posen

Die Eurocity und Intercity von Berlin nach Warschau bzw. Krakau verkehren ebenfalls wieder von und nach Berlin über die Stadtbahn. Start und Ziel ist am Bahnhof Zoo. Die Fahrzeit zwischen Ostbahnhof und Posen verkürzt sich durch den Ausbau der Strecke auf polnischer Seite auf rund 3 Std.; Warschau wird in sechs Stunden erreicht (Fahrzeitverkürzung 28 Min.). Neu eingerichtet wird das Zugpaar EC 44/45 ›Paderewsky‹ zwischen Warschau und Berlin; Abfahrt ist in Warschau C um 10.25 Uhr und in Ostbahnhof um 13.40 Uhr. Der EC 49 ›Posania‹ Berlin–Posen verkehrt statt mittags künftig in Tagesrandlage um 19.21 Uhr ab Zoo. Außerdem gibt es mit dem Zugpaar D 324/325 eine neue Verbindung nach Stettin.

Im Nachtreiseverkehr in die GUS wird das bisherige Zugpaar D 344/345 Berlin-Warschau durch das Zugpaar DN 344/345 Berlin–Warschau–Kiev in der gleichen Zeitlage ersetzt. Es führt ausschließlich Schlaf- und Liegewagen. An unterschiedlichen Wochentagen bestehen Kurswagenverbindungen nach Charkov, Odessa, Simferopol, Akmola und Lvov. Der ›Moskva-Express‹ übernimmt Kurswagen nach St. Petersburg. Vom 12. Juli bis 30. August gibt es erstmals eine Autoreisezugverbindung zum Plattensee. Die Züge Wannsee-Fonyod verkehren jeweils Sonntag.

• Hans-Michael Drutschmann

• Auf epilog.de am 17. April 1998 veröffentlicht

Reklame