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100 Jahre Bugatti-Automobile

Die Nobelmarke aus Molsheim ist noch immer ein Symbol für Luxus und Leistung im Überfluss

tvi.ticker • 7. August 2010

Voraussichtliche Lesezeit rund 4 Minuten.

Bugatti, eine der exklusivsten Automarken der Welt, wurde 2010 hundert Jahre alt. Die im  Auto & Technik Museum Sinsheim ausgestellten Fahrzeuge sind Meilensteine einer wechselvollen Unternehmensgeschichte voller Höhen und Tiefen, die 1910 im elsässischen Molsheim begann und dort nach jahrzehntelanger Unterbrechung seit 1998 wieder ihren Fortgang nimmt.

Bugatti-AutomobileFoto: Technik Museen Sinsheim und Speyer

Ettore Arco Isidoro Bugatti (1881–1947), ein in Mailand geborener hochtalentierter Ingenieur, hatte bereits 1907 in der Kölner Gasmotorenfabrik Deutz AG einen 9,9-Liter-Vierzylindermotor konstruiert, bevor er zwei Jahre danach in Molsheim sein eigenes Unternehmen gründete. Während der ersten Jahre seiner Selbstständigkeit war Bugatti noch vereinzelt auch für andere Firmen tätig. So konstruierte er z. B. für Peugeot den Kleinwagen BéBé (französisch für Baby). Eines der wenigen noch existierenden Exemplare dieses Frühwerks von Ettore Bugatti ist Teil der Sonderausstellung. Seine wahre Leidenschaft gehörte aber den Automobilen der eigenen Marke. Bereits 1910 entstand in Molsheim sein erstes Fahrzeug, der Bugatti Typ 13 mit 1,3-Liter-Vierzylindermotor (16 kW / 22 PS). Schon ein Jahr später errang dieser Typ beim Grand Prix von Frankreich hinter einem Fiat mit zehn Litern Hubraum den zweiten Platz. Damit begann eine jahrzehntelange Erfolgsgeschichte auf den Rennstrecken dieser Welt. Weil die auf Siege abonnierten Wagen aus dem Elsass auch durchaus alltagstauglich waren, fuhren nicht wenige vermögende Privatfahrer mit ihnen werktags zur Arbeit und am Wochenende auf die Rennstrecke. Für etliche Modelle gab es zu diesem Zweck Kotflügel und Scheinwerfer als Originalzubehör.

Der Mythos der Nobelmarke Bugatti mit ihrem typischen Erkennungszeichen, dem hufeisenförmigen Kühler, begann 1925 mit dem berühmten Typ 35. Er ist Bestandteil der Sonderausstellung, ebenso wie jeweils ein Exemplar der Typen 37 und 30, ein Rennsportwagen Typ 57 und das Sportcoupé ›Ventoux‹ desselben Typs sowie die Replica eines Landaulets des legendären Bugatti Typ 41 Royale. Von diesem monumentalen Luxusautomobil (Radstand 4,32 Meter, 24-Zoll-Räder) entstanden ab 1927 in aufwendiger Handarbeit lediglich sieben Fahrzeuge. Als Antrieb diente ein Achtzylinder-Reihenmotor mit 12 763 ccm Hubraum, der 184 kW / 250 PS bei 3000 UpM leistete und dem 3,2 Tonnen schweren Monstrum zu 180 km/h Höchstgeschwindigkeit verhalf. Weil wegen der Weltwirtschaftskrise die Käufer für dieses Luxusauto ausblieben, baute Bugatti ab 1933 eine kleine Serie von strömungsgünstigen Eisenbahn-Triebwagen, die – angetrieben wahlweise von zwei oder vier leicht modifizierten Royale-Achtzylindern – fast 200 km/h schnell waren. Diese Schienenfahrzeuge mit dem Namen ›Automotrices‹ verkehrten bis 1958 auf dem französischen Streckennetz.

Das Lebenswerk des rastlosen Konstrukteurs umfasst insgesamt rund 9500 gebaute Fahrzeuge in einer kaum überschaubaren Vielfalt. Nach Aussage von Experten sollen 74 verschiedene Modelle von Bugatti-Automobilen mit vier, acht und sechzehn Zylindern entstanden sein, aber auch – ein Indiz für den visionären Weitblick von ›Le Patron‹, wie Bugatti von Kunden und Mitarbeitern ehrfurchtsvoll genannt wurde – schon 1931 das zweisitzige Elektromobil Typ 56, das von sechs 6 Volt / 100 Ah-Batterien angetrieben wurde.

Nach dem Tod des Firmenpatriarchen 1947 kam es zu keiner regulären Produktion mehr. Bis 1954 wurden lediglich noch sieben Fahrzeuge der Typen 101 und 101 C (3,3 Liter-Achtzylinder mit 135 PS bzw. 188 PS) fertiggestellt, eine Weiterentwicklung des berühmten Typs 57. 1963 zog Hispano-Suiza in das stillgelegte Bugatti-Werk in Molsheim ein und produzierte dort Flugzeugteile und Waffensysteme.

1987 gründete der italienische Unternehmer Romano Artioli die Bugatti Automobili S.p.A. und präsentierte am 14. September 1991, begleitet von einem riesigen Medienrummel, den Bugatti EB 110, ein 350 km/h schnelles Mittelmotor-Coupé, das von einem 3,5 Liter V12-Triebwerk mit vier Turboladern (404 kW / 550 PS bei 8500 UpM) angetrieben wurde. 1993 folgte die viertürige Luxuslimousine EB 112 (6 Liter Hubraum, 339 kW / 460 PS), aber schon zwei Jahre später musste das neue Bugatti-Werk in Campogalliano bei Modena seine Tore wieder schließen.

Erfolgreicher verlief die zweite Wiederbelebung der ruhmreichen Marke: Die Volkswagen AG erwarb 1998 die Markenrechte und baut seit Herbst 2005 am alten Standort Molsheim den Bugatti Veyron, den schnellsten Sportwagen der Welt. Sein 16-Zylinder-Motor in W-Form holt aus 7993 ccm Hubraum 736 kW / 1001 PS bei 6000 UpM und erreicht sein maximales Drehmoment von 1250 Nm bei 2200 UpM. Damit beschleunigt das über 1,3 Mill. € teure Mittelmotor-Coupé in 2,5 Sekunden von 0 auf 100 km/h und erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 407 km/h.

Quelle:  Technik Museen Sinsheim und Speyer

• Auf epilog.de am 10. August 2010 veröffentlicht

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