VerkehrSchifffahrt

Rettungsketten an Ufermauern

Zentralblatt der Bauverwaltung • 16.2.1889

In den volkreicheren Städten, welche von tiefen Wasserläufen durchzogen werden, bildet die Begrenzung der Wasserläufe durch senkrechte oder steilgeneigte Mauern die Regel. Nirgends findet man an diesen Mauern Vorkehrungen, welche die Rettung ins Wasser Gefallener unterstützen, sofern nicht die nur in großen Abständen vorhandenen Wassertreppen als solche betrachtet werden. Auch diese Treppen sind meist unwirksam bei niedrigen Wasserständen, weil sie dann mit ihrer untersten Stufe so hoch über dem Wasserspiegel liegen, dass sogar ein Schwimmer sich nicht daran halten oder emporziehen kann. Bei den großen Kosten, welche die Ausführung der Ufermauern verursacht, muss es – namentlich für solche Orte, wo nicht reger Schiffsverkehr die Rettung von einem Schiffe aus sicherstellt – als offenbarer Mangel bezeichnet werden, dass in dieser Beziehung keinerlei Einrichtungen getroffen sind.

Rettungsketten

Als eine solche empfiehlt sich die Anbringung von Ketten, welche, in mäßiger Höhe über dem höchsten Wasserstand befestigt, in fortlaufenden Bögen an den Ufermauern bis zum niedrigsten Wasserstande herabhängen. Werden die Kettenbögen wieder in kleineren Abständen an der Ufermauer befestigt, kleinere Bögen im Laufe des größeren Bogens bildend, so entstehen Ruhepunkte für Hand, Fuß oder Körper. Wer je Augenzeuge gewesen, wie ein Versinkender sich in allen Fugen der Ufermauer festzuklammern suchte und in seiner Todesnot nach einem Haltepunkt umherblickte, wird gewiss den Wunsch teilen, dass eine Verordnung von maßgebender Stelle diesen Mangel an unseren Uferbauten beseitigt.

Einzelne Handhaben gewähren ebenso wenig den Vorteil der Ketten für alle Wasserstände, wie Mauer-Vorsprünge, wenn sie sich nicht in geringen Höhenabständen wiederholen. Letztere sind überdies der Schifffahrt hinderlich und werden für den erwähnten Zweck durch den Schlick der Flüsse glatt und unbrauchbar. Auch der jetzt an manchen Brücken aufgehängte Rettungsball würde die vorgeschlagene Einrichtung nur für Verkehrszeiten ersetzen, wenn derselbe regelmäßig auf seine Schwimmfähigkeit geprüft wird.

• Auf epilog.de am 6. November 2023 veröffentlicht

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