Feuilleton – Reisen
Reise über die Landenge von Panama
mit der Eisenbahn
Die Gartenlaube • 1855
Vor einigen Jahren (1849) tauchte in Berlin das Projekt eines Eisenbahnbaues über die Landenge von Panama auf. Einzelne Volks-Expeditionen sollten sich der Reihe nach querüber ansiedeln, den Boden urbar machen, sich so Lebensunterhalt verschaffen und dann die Eisenbahn bauen. Viele werden sich nun wundern, dass diese Eisenbahn längst gebaut ist und Nationen aller Art von und nach Kalifornien usw., von und nach dem Stillen und Atlantischen Ozean täglich massenweise hin- und wieder dampfen. Wir in der alten Welt wissen kaum, wie sie fertig geworden, und ahnen noch gar nicht, was für ein neues, frisches und muskulöses Leben sich auf der anderen Halbkugel entwickelt.
Wir selbst staunten, als wir einen Brief von einem deutschen Zivilisations-Pionier der Antipoden-Halbkugel erhielten und lasen, datiert: »Aspinwall*, *) Colón den 19. März 1855.« Da er uns mit der neuen Weltstraße zwischen den beiden Haupt-Ozeanen ziemlich drastisch bekanntmacht, teilen wir den Brief in seinem wesentlichen Inhalt mit:
Nach einer angenehmen Reise von dreizehn Tagen im Dampfschiff ›California‹ von San Francisco liefen wir Anfangs März in die große Bucht ein, welche nach der Stadt Panama führt. Der tägliche Anblick der erhabenen stillen Meeresscheibe war in den letzten Tagen ziemlich langweilig geworden, so dass wir unsere Augen herzlich an den Inseln weideten, zwischen denen wir hindurchfuhren, so einförmig sie auch sind. Steile Hügel und Berge, bedeckt mit karger, bräunlicher Vegetation, unten eingefasst von schlanken Kakaonuss-Palmen, die unmittelbar vom Wasserrand emporschießen. Gleich nach der Einfahrt zur Panama-Bucht erhebt sich die Schlangeninsel mit einer großen Menge Wasserschlangen, von denen wir auch mehrere um unser Schiff herumkreisen sahen. Wir legten zwei (englische) Meilen von Panama auf einer kleinen Insel an, da die Seichtigkeit des Wassers keine größere Annäherung für Seeschiffe erlaubt. Die Eisenbahn-Gesellschaft hat diese Insel bereits für eine schwere Summe gekauft, um ihren ›Stillenmeereisenbahnhof‹ über Pfähle und Brücken bis hierher auszudehnen, so dass man aus dem Weltmeerschiff direkt in den Eisenbahnwagen steigen und bis ins atlantische Meer hineinfahren können wird.
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