Bau & ArchitekturÖffentliche Bauten

Das neue Hoftheater in Dresden

Das Buch für Alle • 1879

Seit dem 2. Februar 1878 ist das neue Hoftheater in Dresden wieder eröffnet, welches an der Stelle des 1869 abgebrannten erbaut wurde. Aus den Trümmern des alten ist ein neuer Prachtbau in ebenso edlem Stil und von noch größerem Flächenraum als der alte entstanden; wir geben hier eine Ansicht von dieser großartigen jüngsten Schöpfung des Oberbaurats Dr. Gottfried Semper. - R E K L A M E - eed.7.023.u-bahn-vom-potsdamer-platz-nach-pankow.9783769389173.asm21.02 Unser Bild zeigt den herrlichen, der katholischen Hofkirche gegenüberstehenden Monumentalbau von seiner Hauptfront, welche ohne Mühe die Anlage erkennen lässt. Aus der Mitte des Kreissegments tritt in der Hauptachse des Gebäudes der turmartige Vorbau der Exedra heraus, welche durch eine prachtvolle plastische Gruppe: Dionysos und Ariadne in einer von Leoparden gezogenen Quadriga, gekrönt – gleichsam die ganze malerische Wirkung der Fassade kräftig in sich konzentriert und in ihrem Erdgeschoss den Haupteingang enthält, im Mittelstockwerk aber eine Kolossal­nische bildet. Rechts und links von der Exedra ziehen sich in flachem Bogen die beiden über einander liegenden Foyers hin, an welche beiderseits nach den Zwinger­promenaden und nach der Elbe flügelartige Vorbauten anstoßen, welche die Vestibüle und Haupttreppen enthalten und denen noch weiter vorspringende Zufahrtsrampen vorliegen. Nach hinten zu reihen sich an beide Seiten des Bühnenraums die Ankleidezimmer, große Probesäle für Ballett und Singchor und alle anderen für den Dienst des Bühnenpersonals erforderlichen Räumlichkeiten. Alle Seitengebäude sind von gleicher Höhe mit dem Foyerbau, und nur die am Ende des eigentlichen Bühnenraumes liegende Hinterbühne mit der Rückfront musste höher gehalten werden, weil darin ein Magazin für Prospekte sich befindet.

Wir konstatieren unter Verweisung auf unser Bild, dass dem Adel der Konzeption im ganzen Entwurf die Schönheit und Güte des Baumaterials, die Solidität und Feinheit des Materials, die edelste harmonischste Verwendung von Skulptur und Malerei als Ornamentik und die zweckmäßigste innere Einrichtung von Zuschauerraum und Bühne entspricht. Auch im neuen Hoftheater wie im abgebrannten hat der Zuschauerraum die Form eines Halbkreises mit geradliniger paralleler Verlängerung und einer Grundfläche (ohne Orchester und Logen) von 440 m² mit Plätzen für 2000 Personen. - R E K L A M E - Die elektrische Hoch- und Untergrundbahn in Berlin Um diesen Raum ziehen sich drei Reihen Logen, über denen sich noch der offene 4. und 5. Rang erheben. Großartig, reich und schön ist die Anlage der drei königlichen Logen, welche durch die ganze Höhe des 1. und 2. Ranges reichen und deren eine im Mittelpunkt besonders imposant ist. Die Malerei des Saales ist ungemein stimmungsvoll und günstig, der Plafond prachtvoll, zumal in der Beleuchtung der nahezu 400 Flammen des Kronleuchters. Die Bühne ist imposant, denn sie öffnet sich in der mächtigen Breite von 13 m, und der Bühnenraum ist mit Rücksicht auf die gesteigerten Anforderungen an die Maschinerie, die zu den Aufzügen und zur malerischen Wirkung der Volksszenen erforderlichen Menschenmassen sowohl höher als breiter und tiefer genommen worden, als im früheren Hoftheater. Dabei wird die Akustik des Hauses als eine durchaus zufriedenstellende gerühmt. Dass für die szenische Ausstattung des Theaters die außer­ordent­lichsten Anstrengungen gemacht und keine Opfer gescheut worden sind, dafür sprechen die Namen der hierfür verwendeten Landschafts- und Architekturmaler von Ruf: Choulart, Gärtner, Mohr, Müller, Öhme, Preller, Rau und Thomas, so dass das neue Dresdener Hoftheater in jeder Hinsicht eine der ersten Bühnen Deutschlands und Mitteleuropas ist und bleiben wird.

• Auf epilog.de am 7. September 2025 veröffentlicht

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