Handel & IndustrieDruck & Papier

Der Fortschritt im Holzschnittdruck

Das Neue Universum • 1881

Voraussichtliche Lesezeit rund 43 Minuten.

Druckverfahren mittelst der Handpresse in früherer Zeit
1450 – 1850

Es erscheint als eine der einfachsten mechanischen Verrichtungen, Papier auf geschwärzte Typen zu pressen. Fast ein jeder, der sich einmal aus Liebhaberei an der Druckerpresse versucht hat, glaubt, dass er die Theorie des Holzschnittdruckes verstehe. Denn diese ist ja so einfach: Man hat nur mehr Druckerschwärze auf die dunklen Partien des Stiches und weniger auf die helleren Partien aufzutragen; mehr Druck auf diesen dunklen Schatten und weniger auf jenen lichten Himmel anzuwenden, und die Sache ist fertig. Der Versuch wird lehren, dass dies in Wirklichkeit jedoch nicht so leicht ist. Zu wissen, wo die Druckerschwärze aufgetragen werden muss, befähigt noch nicht dazu, dieselbe aufzutragen – weder auf das Papier, noch auf das Holz.

Gravierter InitialbuchstabeGravierter Initialbuchstabe und bewegliche Lettern eines Schoefferschen Psalter.

Dass es schwierig ist, Holzschnitte zu drucken, erhellt zur Genüge aus der steten Unzufriedenheit der Holzschneider über die Behandlung ihrer Stöcke durch die Drucker. Und gleich unzufrieden sind die Drucker. In der Regel geben sie nicht viel um diese Arbeit und klagen, dieselbe sei verdrießlich und uneinträglich; am liebsten sähen sie gar keine Holzschnitte in der Druckerei.

Diese Abneigung ist alt hergebracht. Gutenberg, der Erfinder der Buchdruckerkunst, hat, so viel man weiß, niemals Gebrauch von Holzschnitten gemacht, obgleich zu jener Zeit, in der er wirkte, die handschriftlichen Bücher der Vornehmen reich mit Illustrationen geschmückt waren und die Holztafelbücher der ärmeren Klassen zahlreiche gedruckte und bemalte Bilder enthielten. Sein Gehilfe, Peter Schoeffer, gab nach einem Versuch, die gravierten Initialen der Psalter, die anscheinend aus Metall hergestellt waren, teils zu drucken, teils zu malen, dieses Verfahren auf und stellte den Rest seiner Arbeit mit Buchstaben her. Nicht ein einziger der vielen großen Meisterdrucker des 16. Jahrhunderts zeigte Vorliebe für Holzschnitte. Der Ruf oder der Gewinn, den sich Verleger bedeutender Stiche wie Burgmairs ›Triumph Maximilians‹ oder Dürers ›Apokalypse‹ errungen haben mögen, verlockte niemals berühmte Drucker zur Konkurrenz. Sie alle, von Aldus Manutius bis auf Daniel Elzevir, schätzten Schnitte auf Holz gering. Die wenigen Buchdrucker, welche den Versuch unternahmen, hielten sich an Stiche von geringer Größe. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts waren die Verleger wie das lesende Publikum tatsächlich zu dem Schluss gelangt, dass Holzschnitte auf einer sehr niedrigen Kunststufe stünden und sich Illustrationen von Wert nur durch Kupferdruck erzielen ließen.

Triumph MaximiliansEin Stück des Burgmairschen Schittes ›Triumph Maximilians‹.

Die Holzschnitte der Holztafelbücher, welche der Buchdruckerkunst vorhergingen und diese einleiteten, bestanden nur in kühnen Umrissen – es waren keine Bilder, sondern nur die Skelette zu solchen, bloße Anleitungen, hergestellt vermittelst Handzeichnung oder Schablone für den Koloristen, der sie dann mit leichten Farben bemalte. Für derartige Bilder waren Abstufungen von Grau überflüssig. Licht und Schatten, Nähe und Ferne wurden genügend durch den Farbkontrast angedeutet. Solche Holzschnitte waren leicht angefertigt, denn der Künstler führte alle Linien scharf auf dem Stocke aus und sie ließen sich auch leicht drucken, weil die kühnen Umrisse nur geringe Sorgfalt im Schwärzen und keine Genauigkeit im Druck erforderten. Doch nur gezwungen verharrte man bei dieser rohen einfachen Art; jener skizzenhafte Stil war der einzige, der sich für das damals verwandte Holz und für die damalige Presse eignete. Zarte Wolken-Abtönungen und dichte Schattenstriche ließen sich nicht auf der fasrigen Fiber der dünnen Stöcke von Apfel- oder Birnbaumholz ausführen, die damals von den Holzschneidern verwandt wurden. Auch würden sich jene Abstufungen und Schattenstriche nicht haben drucken lassen, falls man sie wirklich hätte schneiden können. Feine Linien, parallel mit der Faser des Holzes laufend, würden platt gedruckt worden sein und nur wenige Abzüge gestattet haben.

Doch selbst bei der sorgfältigsten Ausführung genügten diese Holzschnitte zu Beginn des 16. Jahrhunderts den Lesern nicht mehr, sie verlangten etwas Besseres als nur skizzierte Illustrationen.

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• Auf epilog.de am 15. September 2023 veröffentlicht

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